Arm trotz Arbeit: Einkommen immer öfter nicht ausreichend

20.07.2012 | Hagen - Trotz des Aufschwungs können immer weniger Erwerbstätige von ihrer Arbeit leben und benötigen deshalb einen Zuschuss vom Staat. Wie eine aktuelle Auswertung der Daten durch den DGB belegt, stieg die Zahl der Haushalte mit mindestens einem erwerbstätigen Hartz-IV-Bezieher seit 2007 kontinuierlich an. Ende 2011 waren in Hagen mehr als ein Viertel der Hartz IV-Empfänger zwischen 15 und 64 Jahren erwerbstätig. Die Zahl der Haushalte mit mindestens einem erwerbstätigen Hartz IV-Bezieher stieg in den alten Bundesländern in den letzten 2 Jahren um 14 Prozent in NRW plus 18,5 Prozent.

„Das Verarmungsrisiko von ArbeitnehmerInnen ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen", so Jochen Marquardt für den Hagener DGB. „Inzwischen müssen 3.924 Erwerbstätige beim Jobcenter Hagen Leistungen beziehen, da ihr Erwerbseinkommen nicht ausreicht. 1.606 Beschäftigte haben einen sogenannten 400 € Job und 1.570 eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit, weitere gehen einer selbständigen Tätigkeit nach."

Damit ist Hartz IV keinesfalls nur ein unzureichendes Fürsorgesystem für hilfebedürftige Arbeitslose, sondern in immer stärkerem Maße auch für Erwerbstätige, die von ihrem Arbeitseinkommen allein nicht leben können. Erwerbstätige erhalten in der Regel Leistungen für Unterkunft und Heizung. „In Hagen sind das durchschnittlich 334 € monatlich, die insbesondere von der Kommune aufgebracht werden müssen", darauf weist Ruth Schäfer zuständig für den Hagener Vorstand für die Erwerbslosenarbeit, hin. „Das bedeutet, dass allein für die Sicherung des Existenzminimum für Beschäftigte in hilfebedürftigen Haushalten in Hagen Millionenbeträge an aufstockenden Leistungen aus Steuermitteln gezahlt wurden und somit letztlich Niedriglohnarbeitgeber ohne soziale Verantwortung von den Steuergeldern Hagener Bürgerinnen und Bürgern subventioniert wurden."

„Dies macht wütend", so Schäfer,"auch mit Blick auf 10 Jahre Hartz IV - Gesetzgebung, welche 2002 mit der Leitidee begann Eigenaktivitäten auszulösen und Sicherheit einzulösen."

Bei Eindämmung des Niedriglohnsektors und Einführung existenzsichernder Löhne würde nicht nur der Bund, sondern auch die Stadt Hagen deutlich entlastet. Während bisher Erwerbseinkommen oftmals nur auf die Bundesleistungen angerechnet werden, könnten dann auch die Mietkosten von den Erwerbstätigen in stärkerem Maße selbst finanziert werden. Dadurch müssten sie vielfach nicht mehr von den Kommunen ganz oder teilweise getragen werden.

„Mit einem Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro könnte Hagen entlastet werden. Ergänzende Hartz IV-Leistungen die von der Kommune zu tragen sind könnten so zum Teil verhindert oder die Aufstockungsbeiträge zumindest reduziert werden", meinen Marquardt und Schäfer. Für kinderreiche Familien müsste dieser Mindestlohn allerdings durch zielgenauen Ausbau des Kinderzuschlags für Geringverdiener sowie eine Wohngeldreform mit höherem Wohngeld für Niedriglohnempfänger ergänzt werden.

Autor:

Uwe Gutzeit aus Hagen

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