Chiara Schmitz Freude auf Letmathe

Chiara Schmitz und ihre Gastschwester Madi vor der bekannten Hollywood-Kulisse. | Foto: privat
  • Chiara Schmitz und ihre Gastschwester Madi vor der bekannten Hollywood-Kulisse.
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  • hochgeladen von Rainer Tüttelmann

Chiara Schmitz weilt als Austausch-Studentin in den USA. Bevor sie in Kürze wieder nach Letmathe zurückkehrt, hat sie noch einmal ein paar Eindrücke aus den USA gemailt.

„Wie schnell die Zeit vergeht, habe ich erst realisiert, nachdem ich einen Großteil meines Auslandsjahres in Boise, Idaho hinter mir hatte. Mittlerweile bleiben mir nur noch knapp zwei Monate in den USA, bis es wieder in meine Heimat Letmathe geht. Meine Zeit hier kann ich nur schwer in Wort fassen; es gab viele Höhen, aber auch einige Tiefen, Tränen und Lachanfälle, starkes Heimweh und „Ich-will-hier-nicht-weg-Momente“ – um es kurz zu machen: Mein Austausch hat mich verändert, und dieses Jahr wird immer ein Teil von mir bleiben.
Nach Weihnachten bin ich mit meiner Gastfamilie für ein Wochenende in den nahen Ferienort McCall gefahren, wo wir oft Feiertage verbringen oder uns einfach etwas erholen. Dort war zu der Zeit gerade Winter-Karneval, das hieß, dass über den ganzen Ort riesige Eisskulpturen platziert waren, zum Thema „Disney“. Meine kleinen Cousinen und Cousins waren besonders begeistert von einem meterhohen Dschinni aus dem Film Aladdin, von dessen Spitze Eisrutschen bis auf die Erde reichten. Schnee gab es an diesem Wochenende mehr als genug, aber das lag daran, dass McCall nördlicher und mehr in den Bergen als Boise liegt. Der Winter hier in der Stadt war viel milder als ich gedacht hatte, es gab kaum Schnee außer im Januar, und die Meisten haben schon im Februar angefangen Sandalen und Röcke zu tragen. Außerdem habe ich gezählt, und es hat hier genau fünf Mal geregnet, seit ich im August angekommen bin. Finde ich total irre, weil Idaho an Kanada grenzt und ich dachte, dass es viel kälter wäre. Aber Boise ist umgeben von Sandhügeln und Wüste, im Sommer wird es über 40°C, und es fällt kaum Regen.
Mit dem neuen Semester habe ich mich in zwei neuen Schulfächern versucht: Gitarre und Fitness. Beides gefällt mir immer noch gut, auch wenn Fitness wirklich brutal ist. Als ich den Kurs gewählt habe, dachte ich an den normalen Sportunterricht, den ich aus Deutschland gewohnt bin. Aber hier heißt es jeden Morgen von 6.50 Uhr bis 7.50 Gewichte heben.
Gitarre macht mir besonders Spaß. Wir sind eine Gruppe von acht Schülern und lernen verschiede Pop- und Rocksongs, die wir auf Konzerten vorspielen.
Da amerikanische High Schools besonders bekannt für die zahlreichen Sportteams sind, habe ich im Frühling mit Softball angefangen, was eigentlich das gleiche wie Baseball ist, nur für Mädchen und es wird mit einem größeren Balll gespielt. Nun ist die Saison schon vorüber, und ich kann sagen, dass es eine der besten Entscheidungen gewesen ist, einen Schulsport zu machen. Mein Team von elf Mädchen war sehr unterstützend und hat mir bei allen Schwierigkeiten geholfen.
Softball erfordert unglaublich viel Teamzusammenarbeit. Mein Alltag im zweiten Semester war somit komplett ausgefüllt, da mein Wecker morgens um 5.40 Uhr klingelte, der Unterricht bis 15 Uhr ging, und ich dann Training jeden Tag direkt nach der Schule bis abends um 18 Uhr hatte, um 20 Uhr bei Spielen, die drei Mal die Woche stattfanden. Auch wenn mich das alles ziemlich k.o. gemacht hat, habe ich viele feste Freundschaften geschlossen und gelernt, dass ich viel mehr kann, als ich mir zutraue.
Im März gab es eine Woche „Spring Break“, also Frühlingsferien - für meine gleichaltrige Gastschwester Madi und mich hieß das, ab nach Kalifornien und ihre Tante besuchen. Ihre Tante heißt Sarah und wohnt in San Diego, eine Großstadt 15 Minuten von der mexikanischen Grenze entfernt, also sehr südlich und sehr warm. Sarah ist erst Ende 20, aber schon sehr erfolgreich und lebt in einem wunderschönen Apartment in der Innenstadt von San Diego. Sie hat alles möglich gemacht, um uns so viel wie möglich zu zeigen, und hat damit diese Woche zur schönsten überhaupt gemacht. Am ersten Tag sind wir auf ein Passagierboot gestiegen und ein paar Kilometer aus dem Hafen gefahren, um Wale zu sichten. Wir haben nicht nur zwei Wale gesehen, sondern eine Gruppe Delfine ist uns fast den ganzen Weg gefolgt, und ist neben dem Boot umher gesprungen und hat uns eine kleine Show geliefert.
Da viele Touristen an Bord waren, habe ich mein Ohr für alle möglichen Sprachen offen gehalten. Ich fand heraus, dass eine deutsche Familie direkt neben uns stand, die aus Hattingen kommt. Mit ihr habe ich mich für eine Weile unterhalten.
Ich habe gemerkt, dass mein Deutsch stark gelitten hat nach so einer langen Zeit, aber es hat dennoch gut getan, jemandem aus der Heimat zu begegnen.
Eine Sehenswürdigkeit die man auf keinen Fall verpassen sollte in San Diego, ist der Zoo. Wunderschön hergerichtet und mit Palmen und tausend anderen tropischen Pflanzenarten umringten liegt er sehr nahe zur Innenstadt und zieht Besucher aus dem ganzen Land an. Mit dem Wetter hatten wir Glück, es war die ganze Zeit 25 bis 32 Grad – und das im März.
Am zweiten Tag sind wir nach Anaheim gefahren, und haben den lieben langen Tag in Disneyland verbracht. Auch wenn die Tickets völlig überteuert waren ($120/90€ für eine Person pro Tag), und wir manchmal über eine Stunde anstehen mussten, hat es sich wirklich gelohnt. Die Liebe zum Detail ist unübersehbar, vom großen Disneyschloss, zur Fluch-der-Karibik-Höhle, bis zu der kleinen Innenstadt, die im Park ist - ist die tolle Arbeit, die die Macher geleistet haben, überwältigend und es ist definitiv nicht nur ein Kinderparadies, auch wenn das manch einer glauben würde.
Den letzten Tag haben wir in Los Angeles verbracht – das volle Touristenprogramm. Fotos vor dem großen Hollywood Schriftzug auf den Hügeln, shoppen und große Villen bestaunen in Beverly Hills, Sonnenuntergang in Santa Monica am Strandpier, und abends über den Walk of Fame laufen.
Auch wenn man sich Hollywood sehr glamurös und schick vorstellt, wissen die meisten Leute gar nicht, dass es viel unschöner ist, als es scheint. Im Dunkeln über den Walk of Fame zu laufen war zum Beispiel keine gute Ideen, weil sehr komische Nachtgestalten dir ständig irgendwas verkaufen wollten. Oder ist die Arbeitslosenzahl in Kalifornien unglaublich groß, so dass an jeder Ecke und überall Obdachlose sind, die einen anquatschen. Abgesehen von den sehr schönen Vierteln, muss ich ganz ehrlich sagen, ist Kalifornien nicht der schönste Staat, um zu leben, und wenn man nicht das große Geld hat, ist es schwer, einen Ort zu finden, wo man nicht sehr gut auf sich Acht geben muss.
Alles in allem war dieser Trip unvergesslich, und ich bin sehr dankbar, dass meine Gastfamilie so viel mit mir unternimmt.
Die ereignisreiche Zeit ging weiter, als mich meine beste Freundin Mira hier in Boise besucht hat. Da in Deutschland gerade Osterferien waren, haben wir es arrangiert, dass sie für eine Woche hier wohnen kann und ich ihr die Stadt, die Schule und mein Leben hier zeigen kann. Ich muss sagen, es hat richtig gut getan, nach acht Monaten mit der besten Freundin über alles, was in der Zwischenzeit passiert ist, zu reden.
Nun sind in vier Wochen Sommerferien, die Gedanken gehen in Richtung Abflug und mir wird klar, dass meine Zeit hier schon fast zu Ende geht.
Es scheint mir immer noch wie ein großer Traum, dass ich das hier alles erleben darf. Mittlerweile freue ich mich wirklich auf meine Rückkehr, denn auch wenn ich es hier liebe, und das Ganze auch nochmal machen würde, ist mir bewusst geworden, dass Deutschland meine Heimat ist, und sich daran nichts ändern wird.
Ich vermisse die seltsamsten Dinge, aber besonders Brot und Brötchen, Diskussionen, Regen und öffentliche Verkehrsmittel.
Ich werde meine letzte Zeit hier auf jeden Fall noch genießen, aber freue mich natürlich auch unglaublich darauf, meine Familie und meine Freunde nach einem Jahr endlich wiederzusehen.“

Autor:

Rainer Tüttelmann aus Iserlohn

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