Die zweifelhaften Erfolge von Hartz IV – Lohn-Drückerei durch die Hintertür?

„Lohnkostenzuschüsse können sowohl Zuschüsse an Arbeitnehmer wie an Arbeitgeber sein. Daneben gibt es Mischformen, in denen beide Seiten bezuschusst werden wie das Hamburger Modell.

Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber sollen wie Kombilöhne dazu führen, dass Arbeitnehmer mit Vermittlungshemmnissen Arbeit finden, obwohl ihre Produktivität im Vergleich zum Lohn niedriger ist als bei anderen Arbeitnehmern. Solche Hemmnisse können beispielsweise Langzeitarbeitslosigkeit, mangelnde Qualifikation oder hohes Alter sein. Dabei wird dieser Mangel durch einen Zuschuss an den Arbeitgeber ausgeglichen.

Meist sind diese Zuschüsse befristet, da man hofft, dass die Produktivität nach einer Einarbeitungszeit steigt.“ 

Arbeitgeber-Sponsoring

Die Beratungspraxis zeigt, dass etliche Arbeitgeber gern die Gelegenheit ergreifen, ohne öffentlichen Gesichtsverlust die Fördertöpfe der Sozialleistungen zu plündern, um die eigenen Lohnkosten zu senken. Darunter finden sich auch etliche „schwarze Schafe“ der Zeitarbeitsbranche. Teilweise wurden Arbeitssuchende Bewerber mit der Aufforderung zurückgewiesen zunächst die Fördergelder beim Jobcenter zu beantragen. Mit dem Auslaufen der Fördermittel geht dann gern die Kündigung einher. Dann wiederholt sich das Spiel.

Dank Förderprogramm eine neue Perspektive

Am 13.06.2017 stellte Stefan Janke vom IKZ ein konkretes Beispiel aus Iserlohn vor.
Die Iserlohner Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (IGW) und Vertreter des Jobcenters Märkischer Kreis hatten zum Pressegespräch geladen, und die CDU-Bundestagsabgeordnete Christel Voßbeck-Kayser wollte gern mit auf das Foto.

Sieben wohl gutsituierte Personen freuen sich medienwirksam über einen (von 87) langzeitarbeitslosen Facharbeiter, der seine vielfältigen handwerklichen Fähigkeiten künftig als Baustellenhelfer bei der größten Iserlohner Wohnungsbaugesellschaft einbringen darf.

„Und auch IGW-Chef Olaf Pestl ist voll des Lobes für seinen neuen Mitarbeiter. Neben Sommerfeld hat die Wohnungsbaugesellschaft noch einen weiteren Langzeitarbeitslosen im Rahmen des Förderungsprogramms eingestellt. „Ohne Zutun des Jobcenters wäre das nicht gegangen“, sagt Pestl.“ 

Gemeint sind wohl die voll ausgereizten Fördergelder. Der Steuerzahler sponsert die Iserlohner Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mit erheblichen Lohnkostenzuschüssen. „Die Förderung beträgt in den ersten sechs Monaten 75 Prozent, dann für neun Monate 50 Prozent und 25 Prozent für weitere drei Monate.“
Kurze Internet-Recherchen weisen für Bauhelfer in NRW 2017 einen Mindestlohn von 1.275,00 € im Monat aus, das entspricht einer Summe von 30.600,00 € für die gesamte Förderdauer von zwei Jahren. Rein rechnerisch wird der Mindestlohn auf diese Weise um 40,62 % unterlaufen und die Steuerzahler tragen anteilige Lohnkosten der Iserlohner Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft von wenigstens 12.431,25 €.

Kostenexplosion bei Hartz IV

Öffentlichkeitswirksam wird aber gern von einer Kostenexplosion bei Hartz IV berichtet. Allerdings fehlt dabei meist die detaillierte Aufschlüsselung der einzelnen Kostenpositionen. Es fehlt an selbstkritischer Behördenkontrolle oder besser noch unabhängiger Kostenprüfer. Das belegt der geschilderte Fall.

Inkompetente Förderung durch nichtsnutzige Qualifizierungsmaßnahmen

Die Berichterstattung von Stefan Janke enthüllt noch mehr. Jahnke schreibt: „Er 
besuchte Qualifizierungsmaßnahmen, die ihn aber nicht so recht weiterbrachten, absolvierte einen Computerkurs, obwohl er selbst keinen PC besitzt: „Das war überhaupt nichts für mich“, sagt der 53-Jährige.“
Von sanktionsbedrohten Zwangseinweisungen in sinnfreie „Krabbelgruppen“ berichten uns viele Betroffene, aber welcher Jobvermittler vermittelt Computerkurse für Uninteressierte?

Und auch wenn die Bundestagsabgeordnete Christel Voßbeck-Kayser, für den Ausschuss für Arbeit und Soziales in Berlin sitzt, lässt ihre Fachkompetenz sehr zu wünschen übrig.

Prüfung der Förderung von Arbeitsverhältnissen durch den Bundesrechnungshof

In der „Abschließenden Mitteilung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die Prüfung der Förderung von Arbeitsverhältnissen nach § 16e SGB II vom 13.11.2015 hat sich der BRH kritisch mit solchen Arbeitgeber-Förderungen auseinandergesetzt. Die IKZ-Berichterstattung kann demnach sehr gut als ein Beispiel rechtsmissbräuchlicher Förderungen dienen.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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