Der Baumberger Karneval der Neuzeit feiert in dieser Session 2x11 Jahre

Ein Blick ins Archiv mit Lothar Bochem und Stefan Scherf. Abtauchen in eine Zeit, als die Zeitungen noch schwarz-weiß waren und die Basis für den bunten Baumberger Karneval des 21. Jahrhunderts gelegt wurde.
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  • Ein Blick ins Archiv mit Lothar Bochem und Stefan Scherf. Abtauchen in eine Zeit, als die Zeitungen noch schwarz-weiß waren und die Basis für den bunten Baumberger Karneval des 21. Jahrhunderts gelegt wurde.
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Wer an Tagen wie diesen bei uns an ein karnevalistisches Jubiläum denkt, dem fällt natürlich vor allem die Große Monheimer Karnevalsgesellschaft ein, die gerade mit Prinz Heinz IV. und Prinzessin Beate an der Spitze durch ihre 111. Session schunkelt. Aber auch in Baumberg wird 2013 ein ganz besonderer Geburtstag gefeiert – wenn auch deutlich leiser. Bei der 1. Baumberger Karnevalsgesellschaft kann auf 2x11 Jahre angestoßen werden.

1990 wurde die Gesellschaft von Bodo Scherf aus der Taufe gehoben. Und ihre Gründung war nicht weniger als die Geburtsstunde des Karnevals, wie er heute in Baumberg gelebt, geliebt und tausendfach gefeiert wird. Denn auf die Gründung der 1. Baumberger Karnevalsgesellschaft geht auch die Tradition des Baumberger Veedelzochs zurück, der heute so selbstverständlich zu jedem Karnevalssonntag gehört, als wäre er schon immer dagewesen. 1992 rollte er das erste Mal durch Baumbergs Straßen – schon damals mit gleich 34 Zugnummern. Und auch das Motto passte nahezu perfekt: „Baumberg ist erwacht!“

Und vorher? Schlummerte es einen langen karnevalistischen Dornröschenschlaf! „Es gab nichts“, erinnern sich der heutige 1. Vorsitzende Stefan Scherf und der langjährige Schriftführer und Gromoka-Mottoliedsänger Lothar Bochem gemeinsam. „Es wurde ein bisschen in den Kneipen gefeiert aber das war es dann auch.“ Kein Zug, keine gemeinsame Sitzung, nahezu kaum aktive Gruppen. Keine Frage, der gebürtige Düsseldorfer Bodo Scherf und seine Frau Alexa hatten echte Aufbauarbeit zu leisten.
Ein karnevalistischer Funke allerdings muss in den alten Baumbergern wohl noch geglüht haben. Denn bis Mitte der Sechziger Jahre, also vor dem langen Dornröschenschlaf, gab es schon einmal so etwas wie organisierten Karneval in Baumberg. Heinz-Peter Strauch, allen Baumberger Jecken bestens bekannt, war in dieser Zeit einst Kinderprinz. Doch dann fiel für lange Zeit der Vorhang. Bis Bodo Scherf die Initiative ergriff.

Am 11. Juni hatte er alle Baumberger Karnevalsfreunde zur Gründungsversammlung ins „Haus Kolb“, an den Garather Weg, gerufen. Neun Neugierige kamen und wählten Scherf zum 1. Vorsitzenden. Nur drei Jahre später zählte die 1. Baumberger Karnevalsgesellschaft bereits 43 Mitglieder. Die Aufbruchszeit ging geradezu rasant in die bunteste Blütezeit der Gesellschaft über. Der Zusammenhalt der Gesellschaft sollte von „Gemeinsamkeit, Freundschaft und Miteinander geprägt sein“, hatte Bodo Scherf in seiner Gründungsrede als Ziel vorgegeben. Und diese Zielsetzung wurde immer intensiver innerhalb und außerhalb des Karnevals gelebt. Denn auf die fünfte Jahreszeit allein hat sich die Gesellschaft nie beschränkt. „Bis heute treten wir auch im Sommer bei vielen Festivitäten in und um Baumberg gerne als Gesellschaft auf und organisieren eigene Feste oder Ausflüge“, so Stefan Scherf, der die Leitung der Gesellschaft Mitte der neunziger Jahre von seinem Vater übernahm, ja übernehmen musste. Denn 1994 schlug das Schicksal zu. Bodo Scherf erlitt einen Schlaganfall, der seine Aufbauarbeit jäh stoppte. Der Motor des karnevalistischen Neuaufbaus rutschte nur um Konfettibreite am Totalschaden vorbei. Nun mussten andere das Schwungrad weiterdrehen. Doch bis heute fährt der Gründervater der Gesellschaft im Zug auf dem eigenen Gesellschaftswagen mit – im Rollstuhl.

Es folgten turbulente Tage im Baumberger Karneval. Und nicht immer ging es dabei so ganz freundschaftlich zu, wie Bodo Scherf es einst erhofft hatte. Auch Karneval kann bekanntlich manchmal eine ziemlich ernste Sache sein. Von der Baumberger Karnevalsgesellschaft spalteten sich neue Gruppen ab. Aus ihr gingen letztlich auch der Arbeitskreis Baumberg Karneval (ABK) und der Freundeskreis Boomberger Jecke hervor. Viele der dort kreativen Köpfe waren am Anfang bei der Baumberger Karnevalsgesellschaft mit dabei. Kin Wiever, die Hippegarde, die Boomberger Jungs oder die 109er – all das gab es vor 22 Jahren nicht. Baumberg stellte sich in den Folgejahren karnevalistisch insgesamt deutlich breiter auf – und profitiert heute sehr von dieser Vielfalt.

Und bei der 1. Baumberger Karnevalsgesellschaft drehte sich das Rad der Zeit von Veedelszoch zu Veedelszoch auch weiter. 1999 gründete sich innerhalb der Gesellschaft die Ehrengarde und zog auch gleich zum ersten Mal im Zug mit. Im Milleniumsjahr 2000 wurde die Gardeuniform vorgestellt – natürlich in den Vereinsfarben Blau und Weiß. Gardeleiterin Stephanie Kraus bewies hier echte Handwerkskunst. Ihre Tochter Karina und Markus Bochem bildeten in den nächsten Jahren das Baumberger Kindertanzpaar und brachten so viel Freude in die umliegenden Säle.

Heute zählen die Gesellschaft und die Garde jeweils rund 15 Mitglieder und laufen inzwischen zwar im Zug vereint, aber juristisch als zwei getrennte und eigenständige Vereine. Für die Karnevalsfreunde, die die blau-weißen Baumberger im Veedelszoch, beim Kinder- oder im Monheimer Rosenmontagszug bejubeln, dürfte das jedoch kaum wichtig sein.

Das Wichtigste bleibt wohl das Vermächtnis von Bodo Scherf, dem die Baumberger Karnevalisten bereits 1997 das „Goldene Lindenblatt“ verliehen. Und vielleicht stößt man zum 22. Geburtstag seiner Gesellschaft ja auch im „Schunkelnden Bürgerhaus“ noch einmal auf ihn an. Denn auch hierhin hatte Bodo Scherf zur Premiere eingeladen. Damals feierten die Baumberger Jecken unter dem Motto „Närrisches Treiben im Bürgerhaus“ das erste Mal in ganz großer Runde zusammen. Und bis heute trifft man sich hier auch nach jedem Veedelszoch. Die Bühne steht dabei allen offen. Gelebter Stadtteilkarneval im besten Sinne.

„Und es ist einfach schön, dass die Leute das bis heute genau so weiterleben“, betont Lothar Bochem, während er noch einmal auf die vielen alten Bilder in seinem Archiv blickt. „In Baumberg haben wir bis heute keinen Lackschuhkarneval. Das ist alles volksnah geblieben. Genau so, wie unser Bodo sich das vor 22 Jahren gewünscht hat.“ Und Sohn Stefan Scherf ergänzt: „Wir wollen hier in Baumberg eigentlich alle das gleiche, egal in welcher Gruppe oder Karnevalsgesellschaft wir uns heute engagieren – einfach Spaß an der Sache haben.“ Diese Tradition ist 2013 so stark, dass ihre Zukunft wohl auch auf viele Jahre hinaus gesichert sein dürfte – wahrscheinlich sogar weit über die nächsten 2x11 Jahre hinaus. Baumberg, helau!

Autor:

Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein

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