Ist das Bottroper Umweltamt verrückt geworden?

der zweite Umweltskandal im Frühjahr 2014
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Nach dem Skandal um die Abholzung des Becker-Waldes hat Bottrop nun den zweiten Umweltskandal im Frühjahr 2014. In einem 4 ha großen, 150 Jahre alten Buchenwald zwischen Schliehenbankweg und Herzogstraße im Norden des Bottroper Stadtwalds wurde mehr als die Hälfte der Altbuchen gefällt.

Mindestens ebenso verrückt wie das Abholzen ist ein DIN-A4 großes Informationsschild, das das Bottroper Umweltamt an einem Baum gepinnt hat.

"Der Wald erfüllt vielfältige Funktionen. Für den Menschen rücken die Aspekte Umwelt und Naturhaushalt sowie der Wunsch nach Erholung in den Mittelpunkt."

Verstehen Sie den zweiten Satz? Aspekte rücken in den Mittelpunkt? Was will uns der Autor damit sagen? Dass der Wald die Funktion der Umwelt und des Naturhaushalts hat? Hallo? Wer schreibt so einen Quark? Welche Drogen nimmt man neuerdings im Umweltamt? Menschen gehen in den Wald, um sich zu erholen. Punkt. Warum redet man nicht Klartext?

Irres Informationsschild

"Nur selten entwickeln sich Wälder aber ohne Einwirkung des Menschen auf eine derartige Weise, die diese Bedürfnisse zu befriedigen erlaubt."

Diese gestelzte Sprache! Jesus! Wälder entwickeln sich also von alleine nicht so, dass ich mich darin erholen kann? Der Förster muss erst auf die Wälder "einwirken" und dann kann ich mich im Wald erholen? Ohne Baumfällungen kein Nordic Walking? Hä?

Eine Waldbewirtschaftung ist für den Menschen vor diesem Hintergrund also unerlässlich. Die Waldpflege ist somit ein geeignetes Instrument zur nachhaltigen Sicherung der vielfältigen Waldfunktionen.

Und wenn der Wald nicht "bewirtschaftet" wird, funktionieren "Umwelt und Naturhaushalt" nicht? Seit wann müssen "Waldfunktionen" "gesichert" werden? Meint das Umweltamt etwa, dass ein Wald ohne "Pflege" nicht richtig funktioniert? Tatsächlich? Was haben Wälder eigentlich gemacht, bevor es das Umweltamt Bottrop und den Landesbetrieb Wald und Holz gab?

Waldpflege meint Brennholzhacken

"Bei der Waldpflegemaßnahme, die in Zusammenarbeit mit dem Landesbetrieb Wald durchgeführt wird, werden verkehrsgefährdende Bäume entlang der Waldwege sowie Einzelbäume aus dem weiteren Bestand entnommen."

"Waldpflege" hört sich besser an als Brennholzhacken. Denn darum geht hier: Die Buchen werden verbrannt. Woanders werden Buchenwälder zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt, InnovationCity Ruhr verbrennt sie. Für 50 € den Festmeter. 100 gefällte Buchen x 5 Festmeter mal 50 € macht 25.000 € Reinerlös. Das ist weniger als die Hälfte eines Jahresgehalts für einen Förster. Es heißt immer, Bäume würden wegen des Geldes gefällt. Aber das stimmt nicht, wenn man die Personal- und Materialkosten für die Forstämter mit berücksichtigt. Forstämter arbeiten chronisch defizitär. Wären sie Schwimmbäder, man hätte sie längst geschlossen. In Saarbrücken hat man 1997 genau das gemacht: Der Wald entwickelt sich jetzt zu einem "Urwald vor den Toren der Stadt".

Förstermärchen

"Ziel ist es, auf diese Weise die Naturverjüngung zu begünstigen und zu fördern und einen stufigen Mischbestand zu schaffen."

Die Begründungen für die Brennholzproduktion sind bundesweit immer dieselben und sie sind immer gelogen:

"Verkehrsgefährdung"? Wann wurde eigentlich der letzte Jogger im Stadtwald von einem Baum erschlagen? Schauen Sie sich beim nächsten Spaziergang durch den zertrümmerten Wald einmal die Stümpfe an: völlig gesund, keine Weißfäule, kein Brandkrustenpilz, kein Buchenprachtkäfer, keine Buchenkomplexkrankheit - nichts! Die Buchen hätten dort noch stehen können, wenn Ihre Enkel mit Ihren Urenkeln dort spazieren gehen.

"Einzelbäume" wurden entnommen? Über die Hälfte der Bäume wurde gefällt!

Begünstigung von Brombeeren und Adlerfarn

"Naturverjüngung" begünstigen? Im kommenden Sommer wird man sehen, was in Wahrheit begünstigt wird: Brennnesseln, Brombeeren, Holunder und Adlerfarn. Die werden die kahlgeschlagenen Flächen jetzt erobern und die wenigen jungen Bäume unter sich ersticken. Und Rehe werden begünstigt: Die lieben freie Flächen im Wald und äsen dort. Schon jetzt verstecken sich dort tagsüber Rehe im Dickicht der Holunderbüsche. Und sie werden im Winter die Knospen der Jungbäume verbeissen.

"Stufiger Mischbestand"? Der wächst da schon - und zwar direkt nebenan im Wald an der Autobahn. Seit Jahrzehnten wurde dort kein Baum gefällt. Der "Mischbestand" entwickelt sich von ganz alleine - ohne dass ein Förster eingreifen müsste: tausende Ahornjungbäume unter einem geschlossen Dach von alten Buchen.

Wahrscheinlich sind die nächstes Jahr fällig.

Autor:

Franz-Josef Adrian aus Essen-Süd

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