Rheinoper knickt ein

Nur noch konzertant zu erleben: Richard Wagners "Tannhäuser" mit Elena Zhidkova als Venus und Daniel Frank Tannhäuser in der Titelpartie. | Foto: Hans Jörg Michel
  • Nur noch konzertant zu erleben: Richard Wagners "Tannhäuser" mit Elena Zhidkova als Venus und Daniel Frank Tannhäuser in der Titelpartie.
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Der Theaterskandal um die "Tannhäuser"-Inszenierung Burkhard Kosminskis an der Deutschen Oper am Rhein findet seine Fortsetzung. Wie das Haus in einer Presseerklärung bekanntgegeben hat, wird die Wagner-Oper nur noch konzertant gezeigt. Dass die umstrittene Inszenierung damit abgesetzt wird, ist aber der eigentliche Skandal - ein Kommentar.

Mit dem Ansatz, die Handlung der Oper ins Dritte Reich und in die junge Bundesrepublik zu verlegen, hat die Regie die Messlatte sehr hoch gelegt. Ohne Zweifel ist es ihr nicht gelungen, diese, um im Bild zu bleiben, zu überspringen. Dies liegt vor allem am unbefriedigend inszenierten zweiten Akt und daran, dass Kosminski keine überzeugende Auflösung des Konfliktes im dritten Akt gelingt.

In die Kritik geraten ist die Inszenierung aber wegen der Darstellung einer drastischen Exekutionsszene, die Tannhäusers Verstrickung in den Massenmord der Nazis an die deutschen und europäischen Juden zeigen soll. Die Empörung darüber führte schon während der laufenden Vorstellung zu Tumulten, die sich während der Premierenfeier fortsetzten. Bundesweit berichteten die Medien über die Inszenierung und die Folgen.

"Mit allergrößter Betroffenheit reagieren wir jedoch darauf, dass einige Szenen, insbesondere die sehr realistisch dargestellte Erschießungsszene, für zahlreiche Besucher sowohl psychisch als auch physisch zu einer offenbar so starken Belastung geführt haben, dass diese Besucher sich im Anschluss in ärztliche Behandlung begeben mussten", begründet die Deutsche Oper am Rhein die Absetzung der Inszenierung, die nun durch eine kozertante Aufführung im Spielplan ersetzt wird. Der Regisseur habe es abgelehnt, einige Szenen zu ändern.

Man mag von der Inszenierung halten, was man will. Dass Kosminki seine Inszenierung nicht ändern wollte, ist verständlich. Es ist schließlich seine Regiearbeit, sein Kunstwerk also, das in der Öffentlichkeit steht. Worin aber besteht das Wesen der Kunst? In bloßer Unterhaltung? Oder ist da mehr? "Denn in der Kunst", so der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel in seinen Vorlesungen zur Ästhetik, "haben wir es mit keinem bloß angenehmen oder nützlichen Spielwerk, sondern mit einer Entfaltung der Wahrheit zu tun."

Die ästhetischen Mittel, die Kosminski zur Darstellung des NS-Terrors wählt, mögen ein "Kick in the Face" sein, aber im Sinne einer Kunst, die Wahrheit zur Entfaltung bringen will, sind sie konsequent. Es war Kosminskis Entscheidung, das Thema Schuld und Sühne vor dem Hintergrund der Nazi-Zeit künstlerisch darzustellen. Die Theaterleitung ist dem Regisseur darin bis zur Premiere gefolgt. Dass die Deutsche Oper am Rhein und ihr Generalintendant Christoph Meyer jetzt einknicken, ist skandalöser, als es Burkhard Kosminski Inszenierung je sein kann.

Autor:

Sascha Ruczinski aus Schwelm

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