"Es ist eine Herzensangelegenheit!"

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„Ich weiß noch ganz genau, was das für ein Jubel war bei den Wettkämpfen vom Turnfest“, erinnert sich Zeitzeuge Horst Bosak zurück. Der 79-Jährige war damals 30 Jahr alt und einer von 40.000 Sportlern, die im Juli 1963 beim dritten Turnfest (das erste gab es 1953 in Hamburg, das zweite 1958 in München) dabei waren, umjubelt von noch einmal 30.000 Zuschauern.

Auf dieses Ereignis aufmerksam macht auch heute noch das Turnfestdenkmal Messeallee Ecke Straßburger Straße. „Und damit dieses große Fest in Erinnerung bleibt, wurde nun zum 50. Jubiläum die Tafel zum Denkmal restauriert und aktualisiert“, berichtete vor Ort Bürgermeister Rolf Fliß.
Die leicht unterlebensgroße Skulptur zeigt einen Mann und eine Frau, deren Körper abstrakt gehalten, aber dennoch nackt sind. Gemeinsam mit den Lorbeerkränzen, die beide in der Hand halten, wollte der Bildhauer Adolf Wamper die Nähe zu den „antiken Vorbildern“ behalten. 2003 wurde die ehemals an der Südfasade der Turnfesthalle angebrachte Skulptur, nachdem sie ein Jahr zuvor abgebrochen war, an der Messeallee wieder aufgestellt.
Jetzt ist die Tafel davor nicht mehr nur mit Folie überklebt und wetterunbeständig, sondern aus Aluminium mit eingebrannter Schrift. „Da kann ihr Vandalismus, Sturm und Regen nichts mehr anhaben“, freute sich Fliß.
Dank der Allbau AG, die die Summe für die neue Tafel gespendet hat, strahlt sie nun in neuem Glanz. Viel Arbeit war das, auch für Allbau-Pressesprecher Dieter Remy. Denn gemeinsam mit der unteren Denkmalbehörde betrieb er viel Recherchearbeit.
„Die Erneuerung der Tafel, überhaupt das ganze Turnfestdenkmal ist für mich eine Herzensangelegenheit“, verdeutlichte der sichtlich gerührte ehemalige Stadtdirektor Christian Hülsmann, der selber früher Anwohner an der Turnfesthalle war, und es sich nicht nehmen ließ, ebenfalls bei der Enthüllung der neuen Tafel dabei zu sein.
„Der ganze Bereich ist verschwunden, wurde bürotechnisch erschlossen. Die ganze Zeit über stand ich mit Rolf Fliß in Kontakt. Mit Hilfe der Sport- und Bäderbetriebe und der Bezirksvertretung wurden damals schließlich die Ehrenkränze erneuert“, berichtet Hülsmann.
Dass die Skulptur im Jahre 2003 ihren Platz unweit der ehemaligen Sportanlage gefunden hat und sie auch jetzt noch trotz der baulichen Veränderungen steht, rührte auch Horst Bosak sehr.
Ergriffen nun auch von der Erneuerung der Gedenktafel stimmte er in vollem Brustton das alte Turnerlied: „Kommt, macht alle mit...“ an. Dieses bekannte Sportlerlied sang man früher, um die Sportler anzufeuern und Andere zum Sport zu animieren.
Danach verdeutlichte Bosak: „Es war eben der Anfang des Jedermannsportes.“ Der Essener Sportbund (ESPO) hat über Jahre so 80 Kurse aufgebaut.
Der rüstige Rentner, der mit seiner Familie nur 100 Meter von dem Sportplatz entfernt gewohnt hat, berichtete begeistert: „Meine Söhne hatten es überhaupt nicht weit zu den Sportstätten. Das war ein großer Vorteil. Am liebsten spielten sie Fußball von einer Wand zur anderen, was an einer Seite der Anlage möglich war.“
Und auch Zeitzeuge Gerd Gente war als Jugendlicher mit beim Turnfest dabei. „Für mich ist das natürlich auch mit viel Emotionen verbunden. Ich weiß noch wie voll die Bahnen waren, um die ca. 40.000 Sportler und noch einmal 30.000 Besucher von A nach B zu bringen. Da kamen die Bahnen fast minütlich!“
Wie wichtig turnen, ja überhaupt Sport für die körperliche Gesundheit ist, gab Gente ebenfalls zu bedenken. Er selber fährt noch viel Rad und wandert auch sehr gerne. Nur die Zeiten hätten sich geändert. „Für Kinder ist es nicht mehr so einfach wie früher. Da konnten sie einfach auf der Straße spielen, da war der Platz noch vorhanden. Dafür gibt es aber heute so viele unzählige Vereine in Essen. Auch dort ist die Jugend gut betreut“, so Gente.
Angst haben um das Turnfestdenkmal muss man jedenfalls nicht. Auf einem Grünstreifen trohnt es zwischen den Bürogebäuden weithin sichtbar und keine 100 Meter von der ehemaligen Festwiese entfernt.
„Direkt draufstellen wollten wir das Denkmal nicht“, erinnert sich Fliß zurück. Denn wer weiß, ob auf der freien Fläche nicht auch einmal ein Bürogebäude Platz findet.
Und Dirk Miklikowski, von der Allbau AG fügt noch hinzu: „Ich bin kein großer Sportler, aber wir sind der Auffassung Erhaltenswertes, sollte auch erhalten bleiben.“
Dass das Turnfestdenkmal sehr oft besucht wurde, machte ein kleiner Fund deutlich. Hinter dem Fuß von einer der beiden Statuen ragte eine kleine Filmrolle hervor. Zu Tage kam aus dieser ein aufgerolltes Stück Papier mit Namen und Daten versehen: Das Turnfestdenkmal dient unter anderem auch den Geocachern dazu, ihrem Hobby nachzugehen (nur nach Koordinaten verschiedene Dinge an bestimmten Orten zu finden und sich dann auf einem Papier zu verewigen, wenn man den Gegenstand gefunden hat). „Wie schön, so beachten die Skulptur besonders viele Leute“, war Fliß entzückt. Und er gab weiter zu: „Ich muss schon sagn, ich war sehr ergriffen als Herr Bosak anfing zu singen. Das ging mir richtig nahe.“

Fotos: Markus Decker

Autor:

Silvia Decker aus Emmerich am Rhein

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