Paketbotin macht Staatsanwalt und Richter nachdenklich

Eine Paketbotin wurde beschuldigt, ein Postpaket im Wert von 52 Euro unterschlagen zu haben. Am Ende der Hauptverhandlung wurde das Verfahren gegen sie eingestellt.

Staatsanwalt Dr. Volker Widhammer beschuldigte die Hattingerin, im Dezember 2017 ein Postpaket nicht ordnungsgemäß zugestellt zu haben, obwohl die Empfangsquittung mit dem Namen der Empfängerin unterschrieben war. Der Wert des Paketes betrug 52 Euro.

Nach Einlassung der Angeklagten hatte sie im Weihnachtsgeschäft 2017 mehrmals versucht, das Paket an der Empfängeranschrift zuzustellen. Diese liegt in einem abseits gelegenen Hattinger Außenbezirk. Nach ihrer Aussage war ihr das witterungsbedingt wegen Schneefalls mehrmals nicht gelungen. Als sie dann endlich mit ihrem Kleintransporter das abseits gelegene Haus erreichte, will sie die Empfängerin des Paketes dort nicht angetroffen haben. Hinter ihrem Paketfahrzeug sei allerdings ein silberfarbener PKW vorgefahren, dessen Insassen sich als Nichte der Empfängerin ausgaben und das Paket angenommen haben sollen.

„Ich habe im Weihnachtsstress dann einfach vergessen, mir den Personalausweis zeigen zu lassen, gestand die Paketbotin. Die richtige Empfängerin hat allerdings keine Nichte und das zugestellte Paket auch nicht erhalten.

Die Paketbotin berichtete dann aus ihrem Arbeitsalltag. Sie schilderte die Anzahl ihrer täglichen Arbeitsstunden, den erhöhten Stress im Weihnachtsgeschäft, ihre Arbeitsbedingungen bis spät in die Nacht und nannte ihr Nettoeinkommen ihres Arbeitgebers, der als Subunternehmer für einen Pakettransporteur tätig ist.

Arbeitsalltag der Paketbotin machen Richter und Staatsanwalt nachdenklich
Ihre weiteren Detailschilderungen machten Staatsanwalt und Richter nicht nur nachdenklich sondern veranlassten die Gerichtsparteien zu der Aussage „ Das ist ja abenteuerlich“.

Staatsanwalt Dr. Widmann kam zu der spontanen Empfehlung, die Angeklagte möge doch in ihrem eigenen Interesse einem Fachanwalt für Arbeitsrecht diese „merkwürdigen Zustände“ schildern. Gleichzeitig „notierte“ er sich den Namen des Arbeitgebers der Angeklagten.

Die Angeklagte ist nach ihren Angaben für alle Pakete, die abhanden kommen, haftbar. Der Gegenwert der abhanden gekommenen Sendungen wird ihr kurzer Hand vom nächsten Lohn abgezogen. Selbst für Pakete, die aus ihrem Wagen gestohlen wurden.

Ihre Frage, warum sie ein Paket in Höhe von 52 Euro unterschlagen sollte, obwohl sie diesen Wert dann sowieso vom nächsten Lohn abgezogen bekommt, erschien logisch.

Am Ende der Beweisaufnahme wurde das Verfahren mit Zustimmung aller Prozessparteien gegen die Hattingerin wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Autor:

Hans-Georg Höffken aus Hattingen

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