AWO kündigt ihren Kunden aus Kostengründen

Auch das Vorlesen gehört zu den betreuerischen Hilfen. Eine Leistung, die die AWO nun streicht.
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"Ich bin am Boden zerstört, ich weiß gar nicht mehr, was ich machen soll." Renate M. aus Herten (Name von der Redaktion geändert) hat sich ein Herz genommen und ausgeplaudert, was (noch) nicht der Öffentlichkeit mitgeteilt werden sollte: Die Arbeiterwohlfahrt im Kreis Recklinghausen (AWO) kündigt zum Monatsende wichtige Hilfsangebote.

"Wir sollten das nicht an die große Glocke hängen", sagt die Seniorin im Gespräch mit dem Stadtspiegel.

"In der Tat ist es richtig, dass wir erst unsere Kunden informieren wollten", sagt AWO-Pressesprecherin Sandra Schubert auf unsere Nachfrage. Die Pflegedienste würden normal weiterlaufen.
"Betroffen sind die hauswirtschaftlichen Dienstleistungen und die betreuerischen Hilfen", weiß Sandra Schubert. Putzhilfen, Vorlesedienste und ähnliche Dinge umfassen diese beiden Felder, also genau solche Serviceleistungen, die gerade Senioren so dringend benötigen.

Die Kosten sind zu hoch

Es seien Kostengründe, die die AWO zu diesem Schritt zwingen würden. "Es ist dem Vorstand nicht leicht gefallen, da wurde nicht vorschnell reagiert", beteuert Sandra Schubert. Nur deshalb habe man bis zuletzt versucht, diese Dienstleistungen aufrecht zu erhalten. "Der Bereich war immer schon finanziell schwierig."
Die AWO betreut im Kreis Recklinghausen in den Städten Herten, Marl, Gladbeck und Dorsten Kunden mit diesen Diensten. Dienste, die die Lebensqualität vieler Menschen gewährleisteten. "Für mich ist das eine Katastrophe", sagt Renate M. und ist den Tränen nah.
Sie ist nicht die Einzige, die das so sieht.

AWO reagiert

Mittlerweile hat die AWO eine Pressemitteilung zu diesem Thema herausgegeben. In ihr kritisiert der Geschäftsführer des AWO Unterbezirkes Münsterland-Recklinghausen, Uwe Hildebrandt, unter anderem die Aussagen von Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, der angesichts der hohen Rücklagen der Krankenkassen Beitragssatzsenkungen der Versicherungsnehmer fordert.

„Insgesamt haben die gesetzlichen Krankenkassen und Gesundheitsfonds eine Rekordsumme von über 20 Milliarden Euro angehäuft. Wir werden mit unseren Dienstleistungen nicht weiter dazu beitragen, die Krankenkassen indirekt quer zu finanzieren“, erklärt Hildebrandt. „Unsere Pflegedienste stehen unter enormen wirtschaftlichen Druck. Nur die Hilfebedürftigkeit unserer Kunden und die Verpflichtung zu unseren Grundwerten haben uns bisher davon abgehalten, entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen und uns aus dem Geschäftsfeld zu verabschieden. Eine Refinanzierung durch die Pflegeversicherung findet nicht statt. Die Vergütungsverhandlungen zwischen Kranken- und Pflegeversicherungen auf der einen Seite und den Pflegediensten auf der anderen Seite erbrachten nur minimale Vergütungssteigerungen für die Grundpflege.

Beschluss auf Klausurtagung

Bereits auf seiner Klausurtagung im Januar habe der Vorstand beschlossen, dass man sich aus Teilen des Geschäftsfeldes zurückziehen werden.

"Die zunehmenden Kostensteigerungen der letzten Jahre in dem Aufgabenbereich der sogenannten pflegeergänzenden Maßnahmen, wie Betreuung und Hauswirtschaft, lassen sich mit den Vergütungen der Kostenträger nicht mehr auffangen. Konkret heißt das für uns und unsere – sehr zufriedenen! – Kunden, dass wir bereits zu Ende März die beiden Arbeitsfelder „hauswirtschaftliche Dienstleistungen“ und „Betreuung“ aufgeben werden. Wie lange wir mit unseren Pflegediensten unter diesen Bedingungen existieren können, ist fraglich."

Man müsse Dienste schließen und Mitarbeiter entlassen. "Aber die Krankenkassen freuen sich über ihre rekordverdächtigen Rücklagen und sitzen wie Dagobert Duck auf ihren Milliarden und ziehen sich zum Zählen in ihre Glaspaläste zurück."

Die Politik befinde sich zu diesem Thema im Tiefschlaf.

Autor:

XY Z aus Sonsbeck

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