Jobcenter Märkischer Kreis lehnt die Übernahme von Kosten im Vorverfahren ab.

Wer sich gegen rechtswidrige Bescheide der Jobcenter zur Wehr setzt, hat immer Kosten, die von der Regelleistung des SGB II nicht erfasst sind. Eine Position „Selbstverteidigung gegen Behördenwillkür“ oder „Folgekosten bei Falschberatung“ ist im Warenkorb nicht vorgesehen.

Dennoch entstehen für gewöhnlich bereits immense Kosten für Leistungsberechtigte, ehe denn überhaupt erwogen wird, einen Rechtsanwalt mit einem Mandat zu beauftragen. Zwar werden Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe auf Antrag meistens übernommen, aber auf den Kosten im Vorverfahren bleiben die Hartz IV-Überlebenskünstler meistens sitzen.

Wer also zahlt die Fahrtkosten zur unabhängigen Beratungsstelle, die Handy- und Portokosten? Wer zahlt Papier und Druckerfarbe? Wer muss die Kopien, evtl. einen Ratgeber als Buch oder CD, übernehmen. Nicht selten werden auch weitere Kosten für erfolgreiche Widerspruchs- und Klageverfahren notwendig, so z.B. Kosten für die Praxisgebühr für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder auch ärztliche Atteste.

Wohl gemerkt, solche Kosten entstehen regelmäßig zur Abwehr von ungerechtfertigten Leistungskürzungen oder Leistungsverweigerungen durch die Jobcenter.

Dabei geht es längst nicht nur um verzeihliche Fehler in der Sachbearbeitung, wie sie jedermann passieren können, sondern auch um wissentliche Falschbehandlung.

Im Bereich des Jobcenters Märkischer Kreis wurde z.B. gerichtsbekannt, dass aufgrund interner Dienstanweisungen unmissverständliche gesetzliche Vorgaben hartnäckig ignoriert wurden, und das selbst dann noch, nachdem später ein Rechtsanwalt zur Interessenvertretung eingeschaltet worden war.

Dazu der Prozessbericht von der Verhandlung beim Sozialgericht in Dortmund am 20.09.2011.
http://www.lokalkompass.de/dortmund-city/politik/nicht-eine-von-6-sanktionen-des-jobcenters-mk-hielt-der-gerichtlichen-pruefung-stand-d93679.html

Sechs rechtswidrige Sanktionen, etliche fehlerhafte Bescheide, Komplettsperre der Leistungen ohne Rechtsgrundlage, das ist die Vorgeschichte zur Rechtsverteidigung gegen die Übermacht eine „Sozial“-Behörde. Die Übernahme von Kosten im Vorverfahren lehnte das Jobcenter MK jetzt ab. In der Begründung heißt es:

Betreff: Kostenantrag Vorverfahren nach § 63 SGB X

Sehr geehrter Herr XY,

bezüglich Ihres Antrages teile ich Ihnen folgendes mit:

Sie beziehen sich in Ihrer Zuschrift vom 25.11.2011 auf 8 Vorverfahren, insbesondere 6 Sanktionsbescheide.

Mit Schreiben vom 20.08.2010 haben Sie bezüglich der Sanktionsbescheide vom 19.03.2010; 06.04.2010; 13.04.2010; 19.05.2010 und 08.07.2010 (mithin 5 Sanktionen) einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gestellt.
Im Rahmen des Überprüfungsverfahrens wurden die Bescheide vom 19.03.2010; 13.04.2010 und 08.07.2010 aufgehoben.

Ein Vorfahren hat nicht stattgefunden. Kosten sind im Verfahren nach § 44 SGB X nicht zu erstatten,
Bezüglich des Bescheides vom 08.07.2010 haben Sie gleichzeitig einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Dieser wurde durch das Sozialgericht (Akz.: S 33 AS 3869/10 ER) zurückgewiesen.

Kosten hierfür sind nicht zu erstatten.

Die Anträge bezüglich der Bescheide vom 06.04.2010 (Akz.: W 2876/10; S 33 AS 5843/10)und 19.05.2010 (Akz.: W 2875/10; S 33 AS 5873/10) wurden mit Bescheid vom 02.09.2010bzw. 27.09.2010 zurückgewiesen. In den folgenden Widerspruchs- und Klageverfahren haben Sie den Rechtsanwalt Herrn K. beauftragt. Kosten des Vorverfahrens sind dann an diesen zu erstatten. Die Kostennoten Ihres Rechtsanwaltes liegen mir vor und werden derzeit geprüft. Eine Übernahme weiterer Kosten ist nicht möglich.

Ebenso verhält es sich bezüglich der beiden Klageverfahren S 33 AS 5878/10 und S 33 AS5879/10 die Rundungsregelung betreffend. Auch hier haben Sie für das Vorverfahren (nach Ablehnung Ihres Überprüfungsantrages) Herrn Rechtsanwalt K. beauftragt. Kosten wären daher grundsätzlich an diesen zu erstatten.

Mehr dazu unter:
http://www.beispielklagen.de/klage026.html

Dass Rechtsstreite Geld kosten ist allgemein bekannt. Da klingt es unglaubwürdig, dass die Rechtsverteidigung kostenfrei ist. Wohlgemerkt, es geht um vermeidbare Kosten von Leistungsberechtigten, die unfreiwillig ihre Rechte gegen die „Sozial“-Behörde verteidigen müssen.

Wie also ist die tatsächliche Rechtslage? Es tut mir leid, dieser Behörde glaube ich nichts mehr ungeprüft.
Schließlich kann man in jedem Widerspruchsbescheid den gleichen Textbaustein lesen:

„Die Widersprüche werden als unbegründet zurückgewiesen.

Im Widerspruchsverfahren ggf. entstandene notwendige Aufwendungen können nicht erstattet werden.“

. . . . . und dann entscheidet das Sozialgericht zu Gunsten des Leistungsbeziehers.

(Erstattung von Kosten im Vorverfahren § 63, SGB X)

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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