Sonnwendfeier in Baumberg – Eine Reporterin zur falschen Zeit am falschen Ort!?

Seit 35 Jahren organisiert der Baumberger Allgemeine Bürgerverein die Sonnwendfeier als großes Nachbarschaftsfest. Hier treffen sich Jung und Alt, um gemeinsam zu feiern und zu klönen. Viele kommen, auch Jahre nachdem sie weggezogen sind, gerne wieder hierhin zurück, um alte Freunde zu treffen.
3Bilder
  • Seit 35 Jahren organisiert der Baumberger Allgemeine Bürgerverein die Sonnwendfeier als großes Nachbarschaftsfest. Hier treffen sich Jung und Alt, um gemeinsam zu feiern und zu klönen. Viele kommen, auch Jahre nachdem sie weggezogen sind, gerne wieder hierhin zurück, um alte Freunde zu treffen.
  • hochgeladen von Thomas Spekowius

Am letzten Samstag machte ein WDR-Hörfunkteam auf der Baumberger Bürgerwiese Station, um über die Teilnehmer an der BAB-Sonnwendfeier zu berichten. Leider kamen Sie offenbar nicht in guten Absichten. Die Folge: Ein doch eher sehr befremdlich anmutender Beitrag in der WDR-5-Sendung Politikum.

Hier eine offene Replik an die verantwortliche WDR-Redakteurin Carolin Courts!

Sehr geehrte Frau Carolin Courts!

Seit vielen Jahren bin ich als Podcast-Abonnent ein treuer Hörer der beiden WDR-5-Radioproduktionen „Echo des Tages“ und „Politikum“, wohl wissend, dass ich damit einer kleinen gesellschaftlichen Randgruppe angehöre. Halbstündige Nachrichtensendungen sind halt echte Nischen-Produktionen. Gern oute ich mich hier dennoch als bekennender Fan.

Am letzten Montag sind mir allerdings fast die Hörer-Stöpsel meines iPods aus den Ohren gefallen.

Da waren Sie, Frau Carolin Courts, am Samstagabend also bei uns in Baumberg zu Gast auf der Bürgerwiese, bei der Sonnwendfeier. Doch leider kamen Sie offenbar nicht in guten Absichten, sondern trugen den Dolch im Gewande – hier in Form eines Mikrofons. Vielleicht hatten Sie auch einfach schlechte Laune. Zumindest aber kamen Sie mit keiner offenen Meinung, sondern mit einem eindeutigen Ziel vor Augen bei uns an, die Scheuklappen auf ganz eng gestellt.

Sie hätten darüber berichten können, dass dieses Nachbarschaftsfest seit 35 Jahren von ehrenamtlich anpackenden Menschen organisiert wird. Sie hätten auch darüber berichten können, dass sich diese Menschen im Baumberger Allgemeinen Bürgerverein zusammengefunden haben, einem überparteilich aufgestellten Bündnis, das offenbar so friedensstiftend ist, dass sich in ihm Akteure aus allen demokratischen Lagern in Monheim am Rhein zusammengefunden haben, um gemeinsam etwas Positives zu bewirken. Ebenso hätten Sie darüber berichten können, dass es für die Kinder an den Ständen die Getränke seit Jahren kostenlos gibt, und dies von der Solidargemeinschaft der auch kinderlos Feiernden gerne mitgetragen wird.

Aber das wollten Sie ja leider alles nicht. Denn Sie waren an diesem schönen Abend irritierenderweise als Einzige auf Krawall aus. Sie waren, warum auch immer gerade hier, auf Nazi-Jagd.

Wie sehr muss es Sie enttäuscht haben, als der Leiter der Monheimer Polizeiwache, Hauptkommissar Jörg Feistner, Ihnen gleich zu Beginn des Abends ins Mikrofon gesprochen hat, dass es bei dieser Veranstaltung noch nie irgendwelche Vorkommnisse im Zusammenhang mit Rechtsextremisten gegeben hat. Das muss Sie tief getroffen haben. Und es tat Ihrem, tja, wie nennt man so etwas eigentlich?, Reportage-Versuch, nicht gerade gut.

Nur Biedermänner zwischen ganz vielen Brandstiftern?

Ein paar O-Töne von hörbar schon leicht angetrunkenen Gästen, denen Sie Ihr Mikro unter die Nase gedrückt haben, haben Sie dann aber immerhin doch noch zusammenbekommen. Einer davon trug sogar ein T-Shirt mit durchaus diskutabler Botschaft, ein anderer eine „Tarnmusterhose“. – Wow!

Aber zufrieden waren Sie damit offensichtlich immer noch nicht. Denn weil es am Feuer nicht die gab, die Sie offensichtlich hier zu finden geglaubt hatten, haben Sie einfach mal alle unter Generalverdacht gestellt. Im Licht der Flammen, so schwadronieren Sie, würden alle Gesichter gleich leuchten, „die der unkenntlichen und offenbar dennoch stadtbekannten Neonazis und die der braven Bürger, die ohne Beklemmungen mit den Extremisten feiern.“

Mit Verlaub, Frau Courts, Sie tun mir leid. Und mit Ihnen der Sender, der diesen Beitrag offenbar immer noch für so gelungen hält, dass er ihn bis heute auf seiner Homepage belässt.

Es stimmt, wenn in Monheim am Rhein, übrigens eine Stadt, kein Dorf, wie Sie mit Ihrer Anspielung auf die „Dorfjugend“, leider auch hier danebenliegend, vermuten lassen, wenn also in Monheim am Rhein tausende Menschen zusammenkommen, dann sind da im untersten Prozent- bis Promillebereich sicher auch immer ein paar fragwürdige Kandidaten dabei, höchstwahrscheinlich sogar welche mit rechtem Gedankengut. Das ist schlecht. Aber es ist halt so wie bei jedem Fußballspiel, auf jeder Kirmes, in jedem Opern-Saal, gerne bei Wagner, und, jawohl, auch bei jedem WDR-Konzert.

„Sommersonnenwende Monheim am Rhein: Woran erkennt man einen Nazi?“, so haben Sie ihren Bericht betitelt. Die Antwort darauf bleiben Sie am Ende ebenso schuldig, wie den Nachweis journalistischer Sorgfalt.

Weil Sie Ihre Nazis nicht fanden und niemand so richtig mit Ihnen über heidnische Riten oder die Instrumentalisierung von Sonnwendfeiern zur Zeit des Dritten Reiches diskutieren mochte, haben Sie einfach mal alle durch den Dreck gezogen. „Der kollektive Wunsch nach einem möglichst schwerelosen Abend sei greifbar“, registrieren Sie frustriert. Die geäußerte Feststellung „Hauptsache das Bier schmeckt, die Grillwurst ist lecker und es regnet nicht“, interpretieren Sie als ignorante Geschichtsvergessenheit.

Sehr geehrte Frau Carolin Courts, zur Nazi-Zeit sind auch die Kunst, die Kultur und sogar das Radio instrumentalisiert worden. Googeln Sie mal „Volksempfänger“. Trotzdem wird heute nicht jeder Radioreporter gleich als willfähriger Steigbügelhalter für potentielle Volksverhetzer betrachtet. Völlig zu recht, wie ich übrigens meine.

Ich habe offen gestanden lange überlegt, ob ich Ihnen und Ihrer Redaktion einfach nur still und leise einen Brief schreiben und die Bedeutung ihres Beitrages damit auf der Quote halten sollte, die er bislang hier in Monheim hatte. Ich habe mich jedoch dafür entschieden, den Finger, mit dem Sie da auf uns zeigen, auch öffentlich umzuknicken und meine Gedanken frei zu machen. Weil Sie ja auch öffentlich vielen tausend Menschen, wie sagt man so schön, ans Bein gepinkelt haben – nachzulesen und nachzuhören im weltweiten Netz.

Extrem daneben

Die Menschen, die, wie Sie auf dem großen Parkplatz wegen Ihrer Scheuklappen vielleicht übersehen haben, übrigens auch zu Hunderten mit dem Auto zum Feiern in den Stadtteil Baumberg gekommen sind, stellen Sie zwischen den Zeilen auf eine Stufe mit dumpf vor sich hinsaufenden Mitläufern, die nicht merken oder, schlimmer noch, sogar wissentlich tolerieren, dass sie mit einer Horde potenzieller Brandstifter mit Hakenkreuz in der Unterhose zusammen feiern. Das sind tausende Menschen, die regelmäßig Rundfunkgebühren für Qualitätsjournalismus zahlen – auch an Ihren WDR.

Ich will Ihnen, als auf so mancher Fete zuweilen doch recht einsamer Verfechter des öffentlichen Rundfunkauftrags und der GEZ-Gebühren, daher gerne auch meine persönliche Enttäuschung mitteilen. Lange habe ich geglaubt, bei Ihrem Sender sehr gut aufgehoben zu sein. Wenn ich mir aber nun Ihre Arbeit vom letzten Wochenende so betrachte, kommen mir doch schwere Zweifel, was mir dort sonst so an Material vorgesetzt wird, das ich nicht immer aus eigenem Erleben heraus verifizieren kann.

Und noch etwas ganz Persönliches: Im Oktober bin ich beim Konzert der in Blickrichtung rechts als ziemlich unverdächtig geltenden Toten Hosen in der Düsseldorfer Arena – präsentiert vom WDR, wenn auch von Ihrem Gute-Laune-Ableger EinsLive. Das muss nach über 25 Jahren diesmal ein völlig neues Erlebnis für mich werden. Denn wenn ich Sie richtig verstanden habe, sind Tarnfarbenhosen und politisch nicht ganz korrekt gehaltene T-Shirt-Botschaften für Ihren Sender inzwischen ja ein absolutes No-Go. Wenn ich mich da an meine bisherigen Konzerterlebnisse der Düsseldorfer Punk-Rocker und die bunten Gäste dort erinnere, bin ich doch sehr gespannt.

Bleibt am Ende noch ein Tipp: Wenn ich mit einer vorgefertigten Meinung irgendwo hinfahre, und finde einfach keine Bestätigung, dann ist es eben auch ein Zeichen von Größe, wenn ich meine Sachen packe und einfach mal nichts sage. Wenn ein Sportreporter zu einem Fußballspiel fährt, und das Flutlicht bleibt aus, dann gibt’s eben Musik oder was anderes.

Mögen auch diese Zeilen ein Beleg dafür sein, dass Monheim am Rhein über weitaus mehr demokratisch-wehrhafte Menschen verfügt, als Sie es sich offensichtlich auch nur entfernt vorstellen können. Und falls Sie noch ein paar Belege brauchen, dann schauen Sie doch auch mal bei Facebook rein. Auch dort ist man offenbar der Ansicht, dass Ihr Beitrag ziemlich extrem war – extrem daneben!

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Spekowius

Fotos: Michael de Clerque

Autor:

Thomas Spekowius aus Monheim am Rhein

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

5 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.