Es geht um weitaus mehr als nur die Geburt

Foto: Reckeweg
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Nicht nur während der Geburt, sondern auch zur Vor- und Nachsorge stehen Hebammen werdenden Eltern und jungen Familien mit Rat und Tat zur Seite.

Doch ob das auch weiter so sein wird ist fraglich. Der Grund: Fehlender Versicherungsschutz. „Ab Sommer 2015 wird es voraussichtlich keine Berufshaftpflichtversicherung mehr für Hebammen geben“, so Nicola Hermann, Hebamme aus Velbert. „Denn die einzige Versicherung, die es derzeit für uns Hebammen gibt, möchte ab Sommer 2015 diese Leistung abschaffen.“ Es sei nicht mehr wirtschaftlich für Schäden, die bei einer Geburt auftreten und eventuell ein Leben lang behandelt werden müssen, aufzukommen. Allerdings ist festzuhalten: Die Schadensfälle sind rückläufig.

Kommt es tatsächlich soweit, würde das in der Konsequenz bedeuten, dass freiberufliche Hebammen ab Mitte nächsten Jahres nicht mehr ihren Beruf ausüben können, denn eine ausreichende Versicherung ist dafür natürlich Pflicht. „Viele Kolleginnen mussten ihren Job wegen des stetig steigenden Versicherungsbeitrages bereits aufgeben, nun holt es alle ein.“

Denn wofür vor zehn Jahren jährlich rund 500 Euro gezahlt wurden, blättern die Hebammen inzwischen satte 5.000 Euro hin. „Das bedeutet, dass man erst einmal eine gewisse Anzahl an Geburten begleitet, um überhaupt erst seine Versicherung zahlen zu können“, sagt Hermann, die die Elternschule am Klinikum Niederberg mit leitet.
Wer jetzt denkt, es geht hier „nur“ um die Geburtshilfe, der täuscht sich. Es geht nämlich auch um die komplette Versorgung während der Schwangerschaft und auch die Nachsorge nach der Geburt. Denn auch für diese Aufgaben muss die Hebamme natürlich ausreichend versichert sein.

Wie wichtig all das ist, weiß auch Verena Schönke, Mutter des sieben Monate alten Mathis: „Ohne meine Beleghebamme hätte ich die Schwangerschaft und die Geburt psychisch nicht überstanden.“ Nach mehreren Fehlgeburten waren ihre Ängste so groß, dass nur der intensive Kontakt und die gute Betreuung durch ihre Hebamme sie beruhigen konnten. „Hebammen kennen die Geschichten der werdenden Mütter, wissen, was sie brauchen und vermitteln ein Gefühl von Sicherheit.“
Bei einer Demonstration auf dem Willy-Brandt-Platz in Essen machten daher sowohl junge Familien als auch Hebammen nun darauf aufmerksam, dass eine Lösung gefunden werden muss. „Die Politik ist gefordert“, so Heike Kleinschulte, freiberufliche Hebamme aus Neviges. „Denn nach wie vor ist es auch gesetzlich so geregelt, dass eine Hebamme bei der Geburt anwesend sein muss.“

Es bleibt also abzuwarten, was passiert. Die festangestellten Hebammen, die über ihre Krankenhäuser versichert sind, können unmöglich alle Aufgaben übernehmen. So wird beispielsweise auch ein großer Teil des Kursangebotes der Elternschule in Velbert von freiberuflichen Hebammen geleitet.
„Ich stehe an Ihrer Seite und fordere unverzüglich Maßnahmen des Bundes zu Ihrer Existenzsicherung“, so die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens in einer öffentlichen Stellungnahme. „Hebammen sind zur Versorgung schwangerer Frauen und junger Familien unverzichtbar.“
Dass es seitens der Eltern und Familien so viel Unterstützung und Hilfe gibt, hält Nicola Hermann übrigens für sehr bezeichnend. „Das zeigt doch, wie wichtig unsere Arbeit ist!“

Autor:

Maren Menke aus Velbert

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