30 Jahre Frauenhaus Datteln

30 Jahre Frauenhaus Datteln: Während der Jubiläumsveranstaltung im Gemeindezentrum Peveling standen nicht nur ernste Themen im Vordergrund. Es gab auch kabarettistische Einladen und die Ausstellung eines kunstpädagogischen Projektes.
  • 30 Jahre Frauenhaus Datteln: Während der Jubiläumsveranstaltung im Gemeindezentrum Peveling standen nicht nur ernste Themen im Vordergrund. Es gab auch kabarettistische Einladen und die Ausstellung eines kunstpädagogischen Projektes.
  • hochgeladen von Petra Pospiech

30 Jahre Frauenhaus Datteln - ein Jubiläum, das Anlass zum Nachdenken gibt. Gut, dass es das Frauenhaus gibt; erschreckend, dass drei Jahrzehnte nach der Aufnahme der ersten Frauen und Kinder in Not die Zahl der Schutzsuchenden drastisch gestiegen ist.

In ihrer Rede bei der Jubiläumsveranstaltung „30 Jahre Frauenhaus Datteln“ stellte Frauenhaus-Leiterin Andrea Becker dann auch die entscheidenden Fragen: „Wo stehen wir jetzt?“ und „Wo wollen wir mit unserer Einrichtung und unserer Arbeit hin?“
Am 1. Juli 1983 eröffnete das Diakonische Werk für „Frauen in Not“ eine Übergangswohnung mit drei Zimmern im Zentrum von Datteln. Dieses Angebot nutzten in den ersten Jahren zwischen zehn und 25 Frauen. Zehn Jahre später wurde aus der Frauenwohnung ein Frauenhaus. Hier fanden jeweils zwölf Personen für einen beschränkten Zeitraum Aufnahme und Hilfe. 1996 erfolgte der Umzug ins der derzeitige Frauenhaus. Auch hier gibt es sechs Zimmer für zwölf Personen.
„Im Jahr 2012 lebten hier 74 Frauen und 104 Kinder“, berichtet Andrea Becker. „Das zeigt deutlich den gestiegenen Bedarf an freien Plätzen.“ Die 43-Jährige arbeitet seit 13 Jahren im Dattelner Frauenhaus. Sie erinnert: „2002 begrüßten alle Frauenhäuser die Inkraftsetzung des Gewaltschutzgesetzes. Endlich war Häusliche Gewalt keine Privatangelegenheit mehr, sondern eine Straftat. Seither muss der Gewaltausübende die Wohnung verlassen und die Frau hat die Wahl, ob sie in der Wohnung bleiben möchte oder in eine Schutzunterkunft gehen möchte.“

Zahl der Schutzsuchenden drastisch gestiegen

Es stellte sich jedoch heraus, dass die Wegweisung des Partners nicht für jede Frau eine sichere Lösung bot. Geht die Frau ins Frauenhaus, bleibt der Partner in der Wohnung. Kehrt sie zurück, beginnt die Gewaltspirale von neuem. „Viele Frauen, die zu uns kommen, wollen die Beziehung nicht beenden, reden davon, dass sie ihren Partner doch eigentlich lieben und die Familie erhalten wollen. Sie wünschen sich jedoch ein Ende der Gewalt“, weiß Andrea Becker aus Erfahrung. „Diese Hilfe konnten wir ihnen bisher aber kaum bieten, da wir eben parteilich nur für und mit den betroffenen Frauen arbeiten. Eine Arbeit mit den Gewaltsausübenden war in unserem Verständnis von Frauenhausarbeit bislang nicht möglich.“
In den Niederlanden geht ein erstes Frauenhaus seit Jahren andere Wege. Mit Erfolg. Hier wird der Standort des Frauenhauses und der Aufenthaltsort der Frau nicht mehr verheimlicht. Ein besonders eingerichtetes Haus bietet den Frauen den notwendigen Schutz, aber auch die Möglichkeit, mit dem Täter professionell zu arbeiten und Frauen aus ihrer ausschließlichen Opferrolle herauszuholen. So viel Erfolg dieses Modell auch verspricht, eine Umsetzung ist hier in den Frauenhäusern Datteln und Herten schon rein aus baulicher und finanzieller Sicht nicht möglich.
„Mittlerweile haben wir einen Kompromiss gefunden. Wir haben vor, eine systemische Beratungstelle zwischen Herten und Datteln einzurichten“, berichtet Andrea Becker. „In diese Beratungsstelle sollen dann Gewaltsausübende eingeladen werden - natürlich mit Einverständnis der betroffenen Frauen - und eine systemische Arbeit mit der ganzen Familie durchgeführt werden. Sobald die beantragten Fördergelder bereitstehen, können wir im September die Beratungsstelle eröffnen.“
Eine Veränderung der bisherigen über 30 Jahre andauernden Frauenarbeit bedeutet natürlich ein Paradigmenwechsel. Die Theorien, die Fakten und die Haltung zur Gewalt im Geschlechterverhältnis haben sich quantitativ und qualitativ sehr verändert, wissen alle Frauenhaus-Mitarbeiterinnen. Sie alle sind gespannt, was die Zukunft bringen wird.
„Ich hoffe, ich stehe in fünf Jahren zum 35. Jubiläum hier und kann von einer systemischen Unterstützungsumstellung unseres Hilfesystems berichten. Ein langer, steiniger Weg, aber wir sind motiviert ihn zu gehen.“

Autor:

Petra Pospiech aus Recklinghausen

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