Bochumer Autorin Daniela Gesing gibt mit "Venezianische Verwicklungen" den Auftakt zu einer Reihe von Venedig-Krimis

Korruption beherrscht das tägliche Leben; skrupellose Geschäftemacher verleihen Geld zu überhöhten Zinsen an Menschen in finanzieller Bedrängnis; ein Staatssekretär ist in illegale Kunstgeschäfte verwickelt – das alles könnten Zutaten eines Donna-Leon-Romans sein. Tatsächlich handelt es sich jedoch um Handlungselemente des Krimis „Venezianische Verwicklungen“, der den Auftakt der Reihe um den Kommissar Luca Brassoni bildet. Urheberin dieses vielversprechenden Spannungsromans ist die aus Bochum stammende Daniela Gesing.

Vielversprechend ist das Werk vor allem deshalb, weil es bei näherer Betrachtung weniger an Donna Leon erinnert, sondern vielmehr an die wesentlich tiefer schürfenden Florenz-Krimis der Britin Magdalen Nabb. Deren Klasse erreicht Gesing zwar nicht durchgängig, aber doch in einigen Passagen. Die wohl originellste Gestalt des Romans, der Kunstfälscher Mario Conti, könnte in seiner liebenswürdigen Mischung aus Schrulligkeit und Verwahrlosung durchaus Nabbs Feder entsprungen sein. Auch wenn die Qualen eines Entführungsopfers geradezu sinnlich nachvollziehbar werden, fühlt man sich an die früh verstorbene Wahl-Florentinerin erinnert.
Sprachlich arbeitet Gesing solide, wenn auch einzelne verunglückte Formulierungen zu verzeichnen sind. Einige Vorausdeutungen sind deplatziert und manches wirkt überdramatisch. Dafür ist der 42-jährige Protagonist Brassoni eine wohltuend normale, sympathische und dabei durchaus differenziert gezeichnete Gestalt. Der studierte Kriminologe mit Doktorgrad hat deutsche Vorfahren und im Studium ein Jahr in Deutschland verbracht. Der Leser erfährt viel über sein Privat- und vor allem über sein ziemlich kompliziertes Liebesleben.

Ist das kürzlich aufgetauchte Gemälde tatsächlich ein unbekannter Picasso?

Ausgangspunkt der kriminellen Verwicklungen ist ein vor Kurzem aufgetauchtes Gemälde, bei dem es sich mutmaßlich um einen unbekannten Picasso handelt. Das erste Opfer ist der Kunstexperte Professor Konstantin Becker aus München. Dieser Mord ist jedoch nur das erste Glied einer ganzen Kette von Gewalttaten. Ein millionenschweres Kunstwerk weckt eben Begehrlichkeiten. Außerdem stellt sich die Frage, welche Rolle Beckers Witwe Charlotte spielt, die sich ausgesprochen merkwürdig verhält. Dass der Zufall der Polizei bei der Aufklärung des Falls zur Hilfe kommt, wirkt nicht störend.
Schon der Prolog erzeugt Spannung und schafft Atmosphäre. Exkurse in die Geschichte der Insel Poveglia, die südlich von Venedig liegt, sorgen für wohliges Gruseln. Dass der Tourismus für Venedig ein zweischneidiges Schwert ist, wird nicht unter den Teppich gekehrt. Ein reizvolles Detail: In Venedigs ältestem Café muss im Außenbereich ein Musikaufschlag von sage und schreibe sechs Euro entrichtet werden – und das bei ohnehin überhöhten Preisen.
Wer nach der Lektüre von „Venezianische Verwicklungen“ neugierig geworden ist: Es liegen mit „Venezianische Delikatessen“ und „Venezianische Schatten“ bereits zwei weitere Fälle um Luca Brassoni vor.
Daniela Gesing: Venezianische Verwicklungen. Luca Brassonis erster Fall. Ullstein Midnight. ISBN 978-3-95819-905-7

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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