1. Dinslakener Literatur-Hotel-Preis: Ramona Breder

Strom-Ein Virus?

Wie jeden Morgen sitzt Lara auf dem Klo, lauscht dem Radiosprecher, putzt sich mit ihrer High-Tech-Zahnbürste die Zähne und schnuppert dem Kaffeegeruch, der von der Küche ins Bad zieht. Der Fernseher zeigt dass das Wetter heute schön werden soll und der Sommer bald da wäre. Endlich Urlaub und dann noch schönes Wetter. So kann der Tag beginnen, denkt sich Lara. Aber er hat ja gerade erst angefangen…
In der Zwischenzeit geht ein Notruf bei der örtlichen Feuerwehr ein: „Kommen sie schnell ich glaube hier brennt es gleich! Es kommt aus der Steckdose schnell…tut tut tut.“
Der Anruf kann zurückverfolgt werden, da der nächste Nachbar einen verkohlten Geruch in der Nachbarwohnung zu melden hat. In sämtlichen Leitungen des Hauses auf der Karlstrasse befindet sich unser größter Feind. Und er wird seinen Weg finden, durch jede Leitung, durch jedes Kabel.
Lara hört die Sirenen, beachtet sie aber kaum. Sie schmeißt sich in ihr Joggingoutfit und läuft zur Strasse hinunter. Nach wenigen Metern bemerkt sie einige seltsame Dinge. Sie hört laute surrende Radiogeräusche, Mixer, Rasierer aus allen Wohnungen kommen. Einige Leute schreien vor Schreck oder meckern über ihren Rasierer der sie gerade geschnitten hat.
Doch keiner bemerkt auf einmal die plötzliche Stille. Bis auf Lara. Sie steht da, kein Vogel, kein Insekt, kein Auto ist zu hören. Dann ein lautes Zischen. Plötzlich erhellt sich die ganze Strasse. Blitze kommen aus dem Boden und scheinen in die Kelleröffnungen zu verschwinden. Es fängt an zu rumoren obwohl heute doch die Sonne scheinen sollte.
Und dann wieder diese eisige Stille. Lara fühlt sich wie der letzte Mensch auf Erden. In einigen Fenstern sieht sie Qualm aufsteigen. Die Menschen kommen verängstigt aus ihren Häusern und rufen nach der Feuerwehr. Wie auf Knopfdruck gehen einige Häuser auf der Karlstrasse plötzlich in Flammen auf.
Lara weiß gar nicht wie ihr geschieht, als sie mit ihrem Mp3-Player um den Hals zu den hustenden Menschen hinsieht. Da bemerkt auch sie eine gewisse Hitze aufsteigen. Ein kurzer Blitz und ihr MP3-Player liegt verschmort auf dem Boden. „Häh, was ist denn jetzt passiert? So heiß ist es hier auch nicht. Komisch!“
Sie will ihn aufheben als sie wieder durch einen kurzen Stromschlag erschreckt wird. „Au, was ist denn hier los?“
Sie kann den MP3-Player dann doch aufheben, allerdings ist er nicht mehr zu gebrauchen, und geht zu einem der Feuerwehrmänner, die mittlerweile eingetroffen sind. Einige von Ihnen versuchen gerade die Häuser zu löschen, was ihnen auch einigermaßen gelingt.
„Hallo können sie mir sagen, wie das Feuer entstanden ist?“ Ein Mann mit Vollbart und breiten Schultern dreht sich um. „Das kann man noch nicht genau sagen aber wir vermuten einen Kurzschluss im Keller, der sich dann ausbreitete.“ „Aber die Wohnung dort oben hat doch zuerst gebrannt?“ bemängelt Lara. „Ach sind sie jetzt der Experte? Entfernen sie sich bitte, sonst bekommen sie noch eine Rauchvergiftung.“ Der Feuerwehrmann dreht sich von ihr weg und schüttelt nur mit seinem Kopf. Das Spektakel nimmt seinen Lauf. Nach kurzer Zeit ist das Feuer unter Kontrolle und schnell gelöscht. Die Panik ist vorüber, denn niemand ist zu schaden gekommen.
Lara entschließt sich das Joggen auf einen anderen Tag zu verschieben. Außerdem ist ihr MP3-Player sowieso hin. Sie lässt sich ein Bad ein und macht den Fernseher an. Es wird über das Feuer in der Karlstrasse berichtet, als Ursache ein Kurzschluss genannt und dann wieder über die Politik gefaselt. So wie immer. Dabei war dies nur der Anfang.
Ihr lässt es keine Ruhe. Lara hat doch diese komischen Blitze gesehen und dann noch ihr MP3-Player? Irgendwas ist doch da faul. Oder passiert so etwas weil der Mensch nicht weiß wann genug ist? Wird die Natur sich irgendwann rächen, ohne dass wir es merken? Ein kleiner Kurzschluss da, ein Fehler in einer Verkehrsampel hier. Nur irgendwann wird’s mehr…
Wer denkt da schon das Strom irgendwann zu einem Virus werden kann?
Seit diesem Tag, an dem Lara ihren MP3-Player verloren hat, versucht sie mit so wenig Strom wie möglich auszukommen. Und putzt sich nun die Zähne mit einer ganz normalen Handzahnbürste.

Autor:

Günter Hucks aus Dinslaken

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