Die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar schreibt einen Offenen Brief an Hannelore Kraft

Ich dokumentiere hier einen Offenen Brief der Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar an die Ministerpräsidentin des Landes NRW:

An die
Ministerpräsidentin des Landes NRW
Frau Hannelore Kraft
Stadttor 1
40219 Düsseldorf

Offener Brief an die Ministerpräsidentin des Landes NRW:

Die Bochumer SPD-Spitze manipuliert ihre Bezirksvertreter – die Bürgerinitiative Bahn-hof Weitmar wurde Opfer dieser Schmutzkampagne und fordert die Amtsenthebung der verantwortlichen SPD-Politiker
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,
durch Ihre engagierte Arbeit für das Land NRW und insbesondere für die Kommunen des Ruhr-gebiets genießen Sie persönlich und auch die Landes-SPD ein hohes Ansehen und Vertrauen in der Bochumer Bevölkerung. Dieser positive Eindruck wird leider auf kommunaler Ebene in der unten näher ausgeführten Angelegenheit unserer Bürgerinitiative durch die aktuelle Arbeitsweise der Bochumer SPD massiv gestört.
Lesen Sie bitte die nachfolgende Kurzfassung der Vorgänge rund um den Bebauungsplan Nr. 946 am ehemaligen Bahnhof Weitmar und urteilen Sie selbst, was Sie von der Rolle der Bo-chumer SPD dabei halten.
Das Gelände des ehemaligen Bahnhofs Weitmar in Bochum ist mit ca. 2 ha Fläche wegen einer guten Lage und Erschließbarkeit für eine Bebauung mit ca. 50 Häusern geeignet, wogegen trotz einer zurzeit intensiven Nachverdichtung des Stadtteils mit ca. 400 Einfamilienhäusern grund-sätzlich nichts einzuwenden wäre. Im Juni 2013 beschloss die Stadt Bochum, zugunsten eines ohne Ausschreibung ausgewählten Investors ein beschleunigtes Bebauungsplanverfahren (B-Plan Nr. 946) für die Fläche des ehemaligen Bahnhofs Weitmar zuzüglich einiger städtischer Waldgrundstücke durchzuführen. Daraufhin gründeten besorgte Anwohner im Oktober 2013 die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar weil durch die Einbeziehung der städtischen Grundstücke zahlreiche rechtliche Konflikte erkennbar waren, die mittlerweile zu hohen Risiken für die An-wohner geworden sind:

1. Die Fläche des B-Plan-Gebiets ist rechtlich nicht für das beschleunigte B-Plan Ver-fahren geeignet, u.a. weil die auf städtischen Grundstücken gelegene Waldfläche (Nordwald) ein Wald im Sinne des BWaldG ist und eine bisher nicht genutzte Außenbe-eichsinsel im Innenbereich darstellt. Diese Einschätzung wird durch das Umweltministerium NRW mit Schreiben vom 23.02.2014 bestätigt und Klage gegen die Stadt Bochum empfohlen.

2. Die städtischen Grundstücke sollen ohne Abgrabungsgenehmigung zur wirtschaftlichen Rohstoffgewinnung von Schüttmaterial (Sandstein) an den ausgewählten Investor verkauft und von diesem vor der Bebauung genutzt werden, um Altlastenflächen auf dem ca. 2 ha großen ehemaligen Bahnhofsgelände nach der notwendigen Sanierung gratis wieder auffüllen zu können.

3. Die Anwohner der direkt (bzw. mit zum Teil nur wenigen Metern Abstand) an die städti-schen Grundstücke angrenzenden Wohnbebauung werden durch die zu erwartenden massiven Erschütterungen im Rahmen des Gesteinsabbaus gefährdet, denn die o.g. Rohstoffgewinnungsstellen liegen in unmittelbarem Umfeld von Altbergbau und Schächten des Steinkohlebergbaus und werden von mehreren Hochdruck-Gasleitungen gekreuzt, was bisher von den Verantwortlichen gezielt unberücksichtigt blieb.
4. Der Abstand der B-Plan-Fläche zu benachbarten Gewerbebetrieben ist unzulässig weil er nicht den Vorgaben des Abstandserlass NRW 2007 und des § 50 BImSchG entspricht. Einer der Gewerbetreibenden hat inzwischen angekündigt, im Falle heranrü-ckender Bebauung nicht mehr am Standort investieren zu wollen (Ruhrnachrichten vom 26.02.2014). Hier zeigt sich, dass zugunsten des ohne Ausschreibung ausgewählten In-vestors andere Wirtschaftsfaktoren ausgeblendet werden.
Auf diese unübersehbaren und rechtlich eindeutigen Planungsfehler bei der B-Plan-Aufstellung hat die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar wiederholt aufmerksam gemacht und dazu auch die Kommunalaufsicht eingeschaltet – eine vollständige Chronologie der bisherigen Ereignisse ist auf www.bahnhof-weitmar.de zu finden.
Leider blieben alle sachlich fundierten Argumente der Bürgerinitiative bisher unbeachtet und wurden lediglich mit Phrasen quittiert, die in Seminaren zum Umgang mit kritischen Journalisten gelehrt werden: „Wir nehmen die Hinweise und Bedenken der Anwohner sehr ernst…“. Statt dies wirklich zu tun wurde die Öffentlichkeit sukzessive von den wesentlichen Informationen ausgeschlossen und sämtliche Entscheidungen rund um das B-Plan-Verfahren unter massivem Druck des beratungsresistenten Stadtbaurats und der SPD von oben nach unten durch eine zunehmend irritierte Stadtverwaltung und die politischen Gremien gedrückt. Bis zu der leider im Rahmen des beschleunigten Verfahrens nur einmalig erfolgenden Öffentlichkeitsbeteiligung werden auf diese Weise so viele Fakten geschaffen, dass zu diesem Zeitpunkt erfahrungsge-mäß jeglicher Einwand besorgter Bürger sinnlos sein wird.
Den bisherigen Höhepunkt des B-Plan-Verfahrens unter Federführung der Stadt Bochum und der SPD bilden nun folgende Ereignisse, die der Auslöser für dieses Schreiben sind:
Am 26.02.2014 haben die Bezirksvertreter BO-Südwest den bereits im Vorfeld unterzeichneten Verkauf der o.g. städtischen Grundstücke am ehemaligen Bahnhof Weitmar trotz aller oben unter Punkt 1-4 vereinfacht dargestellten Konflikte einstimmig bestätigt. Auch eine von der Bür-gerinitiative geforderte Rücknahme des Beschlusses zum unrechtmäßigen beschleunigten B-Plan-Verfahren erfolgte in der Sitzung nicht.
Wie der Bürgerinitiative jetzt zu Ohren gekommen ist, war wohl vor dem Abstimmungstermin die Stimmung in der Politik zugunsten der fachlich fundierten Argumente der Bürgerinitiative ge-kippt. Aus Mangel an Gegenargumenten und offenbar um die Mitglieder der Bezirksvertretung auf Linie zu bringen, schaffte es daraufhin die Bochumer SPD-Spitze die Bürgerinitiative partei-intern mit einer Schmutzkampagne zu diskreditieren.
Im Vorfeld der Sitzung der Bezirksvertretung wurde, wie wir aus vertraulichen Quellen wissen, innerhalb der SPD mit der Behauptung, der Sprecher der Bürgerinitiative hätte in seiner Lehrer-funktion alle seine Schüler auf unseren am 06.02.2014 an die Oberbürgermeisterin der Stadt Bochum übergebenen Unterschriftenlisten unterschreiben lassen, Stimmung gegen die Bürger-initiative gemacht. Diese Anschuldigung ist nachweisbar falsch! Die Bürgerinitiative fordert da-her die Überprüfung der 1.800 Unterschriften, die der Stadt Bochum vorliegen.
Die Bürgerinitiative wurde sogar mit einem Totenkopf in Verbindung gebracht, der in die Tages-zeitung des SPD-Fraktionsvorsitzenden BO-Südwest Marc Gräf gezeichnet wurde, just auf der Seite, auf der sich ein Artikel über den Bahnhof Weitmar befand. Wenn es dabei nicht um die irrwitzige Anschuldigung einer Morddrohung gehen würde, könnte man darüber eigentlich nur lachen. Aber dazu sind die Anschuldigungen zu ernst. Da Herr Gräf Mitglieder der Bürgerinitiative nicht direkt öffentlich beschuldigt hat, kann leider strafrechtlich nichts dagegen unternom-men werden.
Die Bürgerinitiative befürchtet jetzt natürlich, dass sich Bochumer SPD-Politiker weitere Un-wahrheiten im Zuge dieser gesteuerten Schmutzkampagne einfallen lassen, um der sachlichen Diskussionsebene fernzubleiben, bei der die überzeugenden und rechtlich sauberen Argumente nicht auf Seiten der Stadt Bochum und der SPD liegen.
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin,
ist das oben beschriebene Vorgehen der SPD normale Politik? Die zum Teil langjährigen SPD-Wähler unter uns sind jedenfalls maßlos enttäuscht von dem aktuellen Vorgehen der SPD im Bochumer Südwesten. Bitte tragen Sie Sorge dafür, dass die Verantwortlichen der SPD (Fr. Schmück-Glock, Hr. Fleskes, Hr. Gräf) noch vor der Kommunalwahl im Mai ihrer Parteiämter enthoben werden. Derzeit ist die kommunale SPD in Bochum nicht wählbar! Falls es im B-Plan-Verfahren Nr. 946 so weiter geht wie bisher, dann werden Leben und Eigentum der An-wohner Schaden nehmen, für den wir alle in der Sache untätig gebliebenen Politiker persönlich verantwortlich machen werden.
Wir bitten Sie höflichst um eine Rückmeldung in dieser Angelegenheit.
Mit freundlichen Grüßen
Die Bürgerinitiative Bahnhof Weitmar
Bochum, den 20.03.2014

Vertreter der Bürgerinitiative: Jürgen Dassow, Dr. Axel Gillhaus, Bärbel Kube, Dr. Astrid Pletz, Dirk Urbach, Thomas Wörenkämper
Ansprechpartner: Bärbel Kube
Mail: baerbelkube@web.de

Autor:

Christoph Nitsch aus Bochum

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