Kirche gerettet: Haarzopfer Gesamtkunstwerk wurde saniert und farbig originalgetreu gestaltet

Präsentierten den Kirchenraum, der dem Originalzustand von 1913 weitgehend entspricht: Pfarrerin Elisabeth Müller, Architekt Frank Ahlbrecht und seine Mitarbeiterin Mareike Tebbe sowie Dr. Werner Sitzler von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (v. l.). Nicht nur die äußere Form des Gotteshauses, sondern auch die leuchtenden Farben innen waren seinerzeit so modern, dass sie längst nicht allen Haarzopfern gefielen.
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  • Präsentierten den Kirchenraum, der dem Originalzustand von 1913 weitgehend entspricht: Pfarrerin Elisabeth Müller, Architekt Frank Ahlbrecht und seine Mitarbeiterin Mareike Tebbe sowie Dr. Werner Sitzler von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (v. l.). Nicht nur die äußere Form des Gotteshauses, sondern auch die leuchtenden Farben innen waren seinerzeit so modern, dass sie längst nicht allen Haarzopfern gefielen.
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Eine in dieser Zeit seltene Erfolgsgeschichte findet in Haarzopf ihren Abschluss: Erhalt und Sanierung der Evangelischen Kirche, finanziert zum großen Teil mit Spenden der Gemeinde. Deshalb wird am und im Gotteshaus an der Raadter Straße an zwei Wochenenden gefeiert - heute und morgen beim Tag der Architektur und am 1./2. Juli beim Gemeindefest, wenn die Kirche nach vierjähriger Schließung wieder ihrer Bestimmung übergeben werden kann.

Eigentlich sollte es nur eine normale Renovierung werden, aber als Architekt Frank Ahlbrecht 2013 im Auftrag der Evangelischen Gemeinde die Kirche an der Raadter Straße in Augenschein nahm, entdeckte er eine stark geschädigte Dachkonstruktion. Ein Statiker bestätigte die Probleme, so dass das Gebäude sofort geschlossen werden musste.

Beispielloser finanzieller Kraftakt

Vier Jahre später ist etwas geschafft, von dem Pfarrerin Elisabeth Müller sagt: "Das gibt es heute eigentlich gar nicht mehr." Gemeint ist der Kraftakt, mit dem es allen Beteiligten gelang, 1,2 Millionen Euro aufzubringen, um die Bauarbeiten zu bezahlen. Beteiligt waren ungezählte Anwohner aus Haarzopf und Umgebung sowie auch die katholische Gemeinde. Sie alle spendeten und sammelten mit Hilfe von Aktionen 160.000 Euro. Mit den Fördermitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Bezirksregierung und anderer reichte das Geld für alles außer Turmuhr und Geläut.
Natürlich hatte man in Haarzopf gefragt, ob sich die Investition überhaupt lohne, ob ein Abriss und der Neubau einer Friedhofskapelle nicht vernünftiger wären. Aber zum einen wäre das gar nicht billiger gewesen, zum anderen erwies sich, dass die Haarzopfer nicht auf die Kirche verzichten wollten. "Auch viele Menschen, die selten in einen Gottesdienst gehen, erzählten, wie wichtig ihnen der Erhalt war", berichtet Pfarrerin Elisabeth Müller. Zudem sei das Gebäude prägend für den Stadtteil, der nicht über viele augenfällige Landmarken verfüge.

Evangelische Gemeinde lädt zu Tag der Architektur und Fest ein

Und da war der seit 1995 bestehende Denkmalschutz für eine weithin einmalige Kirche - den ersten modernen Kirchenbau im Rheinland, sagen die Experten. Der Düsseldorfer Architekt Max Benirschke wählte einst für die "Haarzopfer Dorf- und Friedhofskirche" nämlich nicht die bis dahin übliche Gestaltungsweise, die oft eher an Ritterburgen erinnert, sondern schuf ein Gesamtkunstwerk, das, so die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, beispielhaft für die deutsche Avantgarde-Architektur vor dem 1. Weltkrieg ist. Kirchenleute und auch viele Haarzopfer müssen 1913 wohl eher entsetzt gewesen sein, meint Pfarrerin Müller. Schon die klaren, leuchtenden Farben waren in einer Kirche revolutionär. Heute lieben sie ihr Gotteshaus, wie die große Spendenbereitschaft beweist.

Leimbinderverfahren war noch nicht ausgereift

100 Jahre nach der Einweihung entdeckte wiederum ein Architekt, dass sich die Außenwände zu verformen begannen. Ursache war die stark geschädigte Leimbinderkonstruktion im Tonnengewölbe. Das Bauverfahren mit Hilfe von Leimbinder war seinerzeit ebenfalls eine Neuheit. Leider, so Frank Ahlbrecht, war es noch nicht wirklich ausgereift.

TERMINE:
Am 24./25. Juni führt von 14 bis 16 Uhr der Werdener Architekt Frank Ahlbrecht, der die Sanierungsmaßnahmen leitete, durch die Kirche. Kaffee und Kuchen stehen bereit. Die Veranstaltung zum Tag der Architektur ist kostenlos, aber die Gemeinde freut sich über Spenden.
Am 1./2. Juli wird das Gotteshaus wieder seiner Bestimmung übergeben. Die Feierlichkeiten beginnen am 1. Juli um 18 Uhr mit einem Gottesdienst, danach startet das Gemeindefest. Ein weiterer Gottesdienst ist am 2. Juli um 10.30 Uhr, im Anschluss geht das Fest - unter anderem mit einer Schatzsuche sowie einem Musical des Kindergartens - weiter.

Autor:

Sabine Pfeffer aus Essen-Kettwig

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