DGB Hagen legt Auswertung zum Arbeitsmarktrisiko der Leiharbeitskräfte vor

In Hagen haben die Verleiher im vergangenen Jahr massiv Arbeitsplätze abgebaut. 1.086 Leiharbeitsverhältnisse bzw. 39 Prozent der Arbeitsplätze gingen in der Branche in nur 12 Monaten verloren. In der Wirtschaft der Stadt insgesamt gingen nach Berechnungen des DGB hingegen lediglich 3,7 Prozent der sozialversicherten Jobs durch die Wirtschaftskrise verloren. Das tatsächliche Entlassungsrisiko der Leiharbeitskräfte sei – so DGB Kreisvorsitzender Jochen Marquardt – sogar noch weit größer. Großteils seien die Arbeitsverhältnisse nur auf einige Monate befristet, so dass oftmals instabile Erwerbsbiografien mit wiederkehrenden Phasen der Arbeitslosigkeit drohen. Nach DGB-Berechnungen mussten sich in 2009 insgesamt sogar 1.381 Leiharbeitskräfte arbeitslos melden. Innerhalb eines Jahres seien damit die Leiharbeitskräfte an rd. 80 Prozent der Arbeitsplätze ausgetauscht worden. Heuern und Feuern sei bei den Verleihern leider immer noch an der Tagesordnung und das Risiko der Arbeitslosigkeit in keiner anderen Branche größer. „Wer vor der Leiharbeit arbeitslos war, ist es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach der Leiharbeit und nicht selten auf Hartz IV angewiesen“, erklärte Marquardt.

Zwischenzeitlich boome die Leiharbeit zwar wieder, doch entlassene Leiharbeitskräfte haben offensichtlich nur geringe Wiedereinstellungschancen. Etwa ein Drittel aller bei der Arbeitsagentur gemeldeten offenen Stellen entfallen auf die Leiharbeit. Doch die Fördermöglichkeiten der Agentur zur Qualifizierung vormaliger Leiharbeitskräfte wird von den Verleihern überhaupt nicht genutzt. Von den bereitstehenden Fördermitteln haben die Verleiher zur Qualifizierung in der Leiharbeit lediglich 0,1 Mio. Euro im ersten Halbjahr 2010 beantragt. Marquardt kritisierte, dass die Verleiher ihr eigenes personalpolitisches Risiko schnell bei den Leiharbeitskräften und der Solidargemeinschaft abladen, statt die Arbeitsverhältnisse durch Weiterbildung zu stabilisieren und bestehende Fördermöglichkeiten hierzu nutzen.

Besorgniserregend ist aus gewerkschaftlicher Sicht zugleich das hohe Verarmungsrisiko der Leiharbeitskräfte. Wesentliche Ursache dafür ist, das im Vergleich zu allen Beschäftigten um 25 bis 30 Prozent niedrigere Lohnniveau; im Helferbereich sogar um rd. 45 Prozent. Bundesweit sind 12 %
der Leiharbeitskräfte mit sozialversichertem Job auf ergänzende Hartz IV-Leistungen angewiesen. „Hier wird über Hartz IV eine Branche mit Steuergeldern subventioniert, die oftmals keine existenzsichernden Löhne zahlt und zu Lohndumping in den Einsatzbetrieben genutzt wird“, so Marquardt. Bei eintretender Arbeitslosigkeit werde das Verarmungsrisiko für Leiharbeitskräfte sogar noch größer. Bereits 33 Prozent der Leiharbeiter, die aus einem sozialversicherten Job arbeitslos wurden, waren in Hagen direkt auf Hartz IV angewiesen.

Der Gesetzgeber sei dringend gefordert, die Schlupflöcher für Missbrauch und Lohndumping im Verleihgewerbe zu stopfen. Er müsse endlich dafür Sorge tragen, dass Leiharbeitskräfte den gleichen Lohn erhalten wie die Stammbeschäftigten in den Unternehmen, in denen sie arbeiten, fordern die Gewerkschaften. Dass in Deutschland unbegrenzt durch die Anwendung von Tarifverträgen von der Gleichbehandlung abgewichen werden kann, ist nach Auffassung des DGB mit einer neuen EU-Richtlinie zur Leiharbeit nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus muss ein Mindestlohn gesichert werden, weil die Lohnunterschiede zu den angrenzenden Staaten in Osteuropa immer noch hoch sind. Wenn ab 2011 der deutsche Arbeitsmarkt geöffnet wird, drohen ansonsten Verwerfungen. Um den Schutz der Leiharbeiter durchzusetzen, müssen die Rechte der Betriebsräte in den Entleihunternehmen gestärkt werden.

Autor:

Uwe Gutzeit aus Hagen

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