Linda Hackmann: Missionarin auf Zeit in Indonesien

Da geht es hin für mich: Die Hattinger Gymnasiastin Linda Hackmann zeigt auf Atlas und Globus, wo sie bald für ein Jahr leben wird.  Foto: Lisa Römer
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(von Lisa Römer)

Nama saya Linda. Was das heißt? „Das bedeutet ,mein Name ist Linda‘ auf Indonesisch“, lacht Linda Hackmann. „Der erste Schritt ist also getan, zumindest vorstellen kann ich mich schon in meiner neuen Heimat auf Zeit. Auf die weiteren Sprachseminare im Februar freue ich mich schon sehr.“

Die angehende Abiturientin kann nämlich ihren langgehegten Traum eines Auslandsjahres verwirklichen. Mit dem Programm „MaZ – Missionar auf Zeit“ der Franziskanerinnen Salzkotten fliegt sie für ein Jahr nach Indonesien.
„Ich liebe es über alles, zu reisen und fremde Menschen und Kulturen kennen zu lernen. Außerdem ist nach dem Abitur einfach der perfekte Zeitpunkt, um Hattingen mal zu verlassen und auch mich selbst noch etwas besser kennen zu lernen“, schwärmt die 19jährige.
Das „MaZ“-Projekt wird von der Organisation „Weltwärts“, dem Freiwilligendienst der Bundeszentrale für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu großen Teilen finanziell unterstützt. Linda Hackmann hat einen Eigenanteil von etwa 300 Euro zu tragen.
„Wenn ich erzähle, dass ich als Missionarin nach Indonesien gehe, denken die meisten Leute direkt, ich würde die Muslime dort überzeugen wollen, das Christentum sei die einzig wahre Religion. Das mache ich aber absolut nicht“, betont Linda Hackmann energisch. „Stattdessen steht der kulturelle und religiöse Austausch im Vordergrund. Das ganze Projekt soll ein gegenseitiges Geben und Nehmen sein.“
So soll beispielsweise nicht nur über Nächstenliebe gesprochen, sondern sie im Alltag aktiv gelebt werden und die unterschiedlichen Auslegungen kennen gelernt werden.
Die junge Frau wird im Norden Indonesiens in der Sumatra-Region in Balige am Toba-See in einer einheimischen Schwesterngemeinschaft leben. Nur ein kleines eigenes Zimmer schenkt ihr etwas Privatsphäre, ansonsten wird sie sich alles – Dusche, Toilette, Küche – mit ihren Gastgebern teilen.
„Aber genau das war der Grund, warum ich mich für Indonesien entschieden habe. Die totale Nähe zu Mensch und Kultur. Eigentlich wollte ich nämlich lieber nach Afrika“, gesteht Linda Hackmann, „Aber die Organisation der Franziskanerinnen Salzkotten hat uns nahe gelegt, uns eher projektorientiert zu entscheiden als uns nur auf ein bestimmtes Land zu versteifen.“
Die indonesische Schwe­sterngemeinschaft beispielsweise betreibt ein Internat für Mädchen der Mittel- und Hochschule. Dort hat die Hattinger Abiturientin verschiedene Aufgaben.
Vormittags wird sie entweder in der Schule oder Vorschule Kinder zwischen vier und zehn Jahren in den Fächern Englisch, Kunst oder Musik unterrichten.
Nachmittags wird sich Linda Hackmann mit den Mädchen im Internat beschäftigen. Sie sind zwischen 13 und 18 Jahre alt, also teilweise nur geringfügig jünger als die Abenteurerin selbst. Mit ihnen würde sie am liebsten einfach nur reden, um möglichst viel über die fremde Kultur zu erfahren. Doch Hausaufgabenhilfe und andere Freizeitbeschäftigungen wie Malen oder Basteln stehen ebenfalls auf dem Programm.
Zudem muss die 19jährige in der Gemeinschaft Aufgaben übernehmen: Kochen für die anderen Schwestern und Gartenarbeit sowie Ernte der selbst im Klostergarten angebauten Früchte stehen da auf dem Tagesplan. „Man muss allerdings bedenken, dass Indonesien ein Entwicklungsland in den Tropen ist. Also gibt es beispielsweise kein fließendes Wasser, keine regelmäßig gewährleistete Stromversorgung“, weiß die Schülerin des Gymnasiums im Schulzentrum Holthausen. „Auch an die Toiletten werde ich mich wohl erst gewöhnen müssen: ein Loch im Boden und anschließend zum Nachspülen Regenwasser.“
Ähnlich wird auch geduscht und Kleidung gewaschen – mit gesammeltem Regenwasser aus einer Tonne. „Zum Glück habe ich bereits Wandertouren mitgemacht und komme mit wenig oder gar keinem Luxus gut aus. Außerdem habe ich durch meine Leiterposition bei dem Pfadfinderstamm St. Peter und Paul Hattingen schon eine ganze Menge an Selbstständigkeit gelernt.“
Denn besonders die Bereitschaft in einfachen Bedingungen zu leben, Offenheit und Spontaneität, Kreativität sowie Belastbarkeit, Neugierde, Lernbereitschaft und Lebensfreude allgemein sind wichtige Voraussetzungen um ein solches Jahr im Ausland gut zu überstehen.
Während der 25 vorbereitenden Seminare werde man nicht perfekt für seinen Auslandsaufenthalt geformt, sondern lerne sich selbst besser kennen und seine Stärken noch weiter auszubauen. „Mir hat es sehr geholfen Erfahrungen von anderen Indonesien-Heimkehrern zu hören. Angst vor Heimweh habe ich überhaupt nicht, zu groß ist die Vorfreude auf so viel Neues. Ich werde mir aber trotzdem viele Fotos und Briefe von meinen Freunden und Familie mitnehmen“, erzählt Linda Hackmann. „Falls mein Heimweh doch mal zu schlimm wird, glaube ich, dass mir die indonesischen Schwestern, die alle selbst nur zwischen 20 und 25 Jahre alt sind, viel Trost spenden werden.“
Nach rund einem halben Jahr ist ein kurzer Besuch von Vater und großer Schwester geplant. Während ihres Aufenthalts stehen Linda Hackmann 21 Urlaubstage zu, die sie hauptsächlich während ihres Familienbesuchs nehmen will. Und sie bekommt pro Monat 100 Euro Taschengeld, was in Indonesien dem Höchstverdienerlohn entspricht.
Alle drei Monate muss Linda Hackmann einen Bericht darüber verfassen, was sie in der Gemeinschaft gemacht hat, wie ihre Arbeit war und ihre allgemeinen Eindrücke schildern.
In ihren ersten Berichten wird sie als Veganerin sicherlich viel über das landestypische Essen zu berichten haben: „Die Indonesier essen sehr scharf und viel Reis mit Fisch. Außerdem kann es auch mal sein, dass ein Hund auf dem Teller landet. Dort sind sie nämlich keine Haustiere, sondern Schlangenfresser und Beschützer. Aber ich werde mich den Gepflogenheiten so gut es geht anpassen.“
Schon im Vorfeld musste sie sich gegen Krankheiten impfen lassen wie Cholera und Typhus. Übliche Hygie­nestandards, die gerade in den Tropen mit einer Tagesdurchschnittstemperatur von 30 Grad Celsius besonders wichtig sind, können nur schwer eingehalten werden. Auch an die vielen Moskitos wird sich die Deutsche wohl erst noch gewöhnen müssen.
„Die einzige Sache, bei der ich mir noch nicht ganz sicher bin, ist, ob ich mir einen Internet-Stick für die Zeit in Indonesien kaufen soll. Einerseits würde ich gerne mit all meinen geliebten Menschen in Deutschland in Kontakt bleiben, andererseits käme ich mir auch komisch vor mit meinem Laptop zwischen den Schwestern zu sitzen, die keinerlei Technik oder Luxus haben“, gesteht Linda Hackmann, „Daher habe ich mir überlegt besonders viele Pakete nach Hause zu schicken mit Kleinigkeiten, die ich von meinem Taschengeld gekauft habe. Außerdem gibt es in der nächstgrößeren Stadt Medan auch ein Internet-Café.“
Insgesamt stehen auch Familie Hackmann und Freunde hinter den Plänen der jungen Frau. Freund Alexander allerdings würde sich wünschen, dass seine Linda in Deutschland an seiner Seite bliebe. „Auch meine Oma macht sich große Sorgen um mich. Ihr wäre es lieber, dass ich sofort arbeiten ginge. Doch sie wird mich auch noch verstehen.“

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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