Rund 350.000 Haushalten wurde der Strom gesperrt (überarbeitet)

Am 15. November 2015 gab die Bundesnetzagentur neue Zahlen zur Auswertung von Stromsperren aus dem Jahr 2014 bekannt.

Spiegel Online berichtete:

Die sozialen Probleme bei der Energiewende vergrößern sich: Im vergangenen Jahr wurde so vielen Haushalten der Strom abgeklemmt wie nie zuvor. Grund sind die steigenden Preise für Elektrizität.

Aber nicht nur die vollzogenen Sperren selbst zeigen das Problem auf. Insgesamt hatte es nach Angaben der Bundesnetzagentur insgesamt 6,3 Mill Sperrankündigungen gegeben.

Im 378 Seiten starken Monitoringbericht 2014 der Bundesnetzagentur ist zu lesen:
"Die Zahl der Sperrungen von Haushaltskunden in der Grundversorgung hat sich gegenüber dem Vorjahr um ca. 23.000 erhöht. Insgesamt wurden fast sieben Mio. Sperrandrohungen von den Lieferanten gegenüber grundversorgten Haushaltskunden ausgesprochen, von denen 1,5 Mio. in eine Unterbrechungsbeauftragung beim zuständigen Netzbetreiber mündeten. Davon wurden letztendlich 344.798 Sperrungen vollzogen." (S. 20)

„In Deutschland wird von Haushaltskunden der zweithöchste Gesamtpreis aller EU-Mitgliedstaaten gezahlt.
Mit durchschnittlich 29,21 ct /kWh übersteigt dieser Gesamtpreis um 60 Prozent den sich als Durchschnitt für alle 28 EU-Mitgliedsstaaten ergebenden Wert von 18,17 ct/kWh.“
(S. 182)

Die Festsetzung der Regelleistung wurde seit der Einführung von Hartz IV mehrmals gekürzt und bildet keine realistische Bemessungsgrundlage des Existenzminimums in Deutschland ab.

So wurde für das Jahr 2015 bei einer 100 % Regelleistung von 399,00 € lediglich ein Stromanteil von 31,01 € gewährt, was einem Anteil von 7,77 % entspricht, oder 372,12 € im Jahr für 2000 kw/h. Ein Vergleich (bei Verivox) mit 398 Energietarifen zeigt, der günstigste Anbieter im Monatsdurchschnitt 40,45 €, oder 485,44 € im Jahr fordert. Rein rechnerisch ergibt dies eine monatliche Unterdeckung von 9,44 €, bzw. 113,28 € im Jahr.

Etliche Betroffene, die aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten, Altschulden, Sperrzeiten, Sanktionen oder Schufa-Einträgen keine Wechselmöglichkeit haben, sind zwingend auf den heimischen Grundversorger angewiesen. Hier liegt der billigste Tarif (Online-Strom) bei 564,20 € im 1. Jahr, also 47,01 € im Monat. Der Anteil für Strom wird also jeden Monat um ganze 16 € überschritten. Gemessen am Regelsatz der Leistungsberechtigten für die pro Tag nur 13,30 € (399,00 € / 30 Tage) vorgesehen sind, eine mittelschwere Katastrophe.

Aber der billigste Tarif beim lokalen Versorger ist nicht für jedermann zugängig. Ein Sozialtarif wurde bisher hartnäckig abgelehnt, bleibt der nächste Tarif auf Platz 322 der Vergleichsliste mit 624,24 € oder monatlich 52,02 €. Jetzt schnellt die monatliche Bedarfsunterdeckung für Strom auf monatlich 21,01 €. Das sind dann schon fast zwei Kalendertage Hartz IV-Leistung.

Selbst wenn die Leistungsbezieher ihren ganzen Bildungsetat für die Energiekosten umschulden würden, wäre die Überschuldung nicht zu vermeiden. Für Bildung hat der Gesetzgeber 1,54 € pro Monat vorgesehen.

Das Beispiel veranschaulicht die offene Verachtung des Gesetzgebers gegenüber den Regelsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen die Unterversorgung der Haushaltsenergie unmissverständlich thematisiert worden war.

Die Überschuldung ist somit geradezu unausweichlich.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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