Zeeland mit Hund: Wer braucht da noch Mallorca?!

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Weißer Sand, endlose Strände, grüne Deiche, Ackerland und unberührte Natur – all das ist Zeeland, die hundefreundliche Provinz in den südwestlichen Niederlanden. Hier können Mensch und Hund die Seele baumeln lassen und sich rundum wohlfühlen. DOGandTRAVEL-Reporterin Manuela Lieflaender und ihre Australian Shepherd Hündin Hailey haben vor Ort recherchiert.

„Da sieht man mal, was für schöne Ecken wir hier in Deutschland haben“, sagt meine Mutter in einem Telefonat, das ich mit ihr von Zeeland aus führe. „Mama, Zeeland gehört doch zu Holland!“ - „Ist das nicht das gleiche?“ Gemessen an den überwiegend deutschen Touristen, die einem hier begegnen, ist Zeeland tatsächlich das neue Mallorca. Inseln, Halbinseln und ein Stück Festland - das klingt wahrhaft paradiesisch.
„Die Gäste, die hierher kommen, möchten sich vor allem erholen“, erzählt mir James Blommers auf Englisch. Er hat die Ferienanlage „Oud Kempen“ in Stavenisse auf der Halbinsel Tholen kürzlich übernommen, und zeigt uns nun den Weg zu unserer Unterkunft. Knapp vier Stunden Fahrt haben meine Australian Shepherd Hündin Hailey und ich hinter uns. Die Aprilsonne wärmt angenehm, als wir durch die Anlage mit ihren 161 Bungalows streifen, vorbei an einem Tennisplatz, großen Rasenflächen, Spielplätzen und einem Restaurant. Mit dabei ist James´ braune Neufundländerhündin Tilly, die immer wieder versucht, Hailey zum Spielen aufzufordern. Diese schaut mich hilfesuchend an, ihr ist der riesige, aufdringliche Hund nicht geheuer. „Tilly hat´s schwer, Hundekumpels zu finden“, sagt James, „sie ist allen immer zu groß und zu wild.“

Das Motto in Zeeland: „Zurück zur Natur“

Der kleine Garten unseres Domizils für die nächsten drei Tage lässt Haileys Laune wieder steigen, mit hoch erhobener Rute erkundet sie ihr neues Territorium. Schließlich sucht sie in meiner Reistasche nach ihrem Kauknochen, um sich mitten auf dem Rasen mit ihrer Beute in die Sonne zu legen. Längst hat sie erkannt, „Zurück zur Natur“ lautet das Motto hier in Zeeland. Das ist auch nicht verwunderlich, denn mit einer Fläche von gut 2.900 qkm Fläche und ca. 380.000 Einwohnern ist die Provinz für niederländische Verhältnisse relativ dünn besiedelt. Ackerbau und der Anbau von Obst, so wie Fischerei und Muschelzucht sind die Hauptwirtschaftszweige.
Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden viele Brücken und Polder geschaffen, die die sechs Inseln und Halbinseln untereinander und mit dem Festland verbinden. Seitdem kommen immer mehr Touristen in die Region. Die einzige Autobahn in der Provinz ist die A 58. Sie verbindet Vlissingen, Middelburg und Goes mit Bergen op Zoom. Zwar gibt es seit 1870 auch eine Eisenbahnlinie von Vlissingen über Middelburg und Goes nach Roosendaal, sie ist bis heute allerdings auch die einzige. Einmal pro Stunde gibt es eine Direktverbindung nach Rotterdam, Den Haag, dem Flughafen Schiphol und Amsterdam.

Station 1: Stavenisse auf der Halbinsel Tholen

Auf dem Weg vom Festland nach Stavenisse, das am äußersten Zipfel der Insel Tholen liegt, bekommt man schnell einen Eindruck davon, wie wichtig Ackerbau und Viehzucht hier sind. Es gibt viele Felder, die Straßen sind eng, gelegentlich kreuzt auch mal ein Traktor den Weg. „Die Gemeinde Tholen ist noch immer protestantisch geprägt“, verrät mir James Blommers, der von der zeeländischen Hauptstadt Middelburg für seinen Job als Ferienanlagen-Betreiber hier her gezogen ist. „Stavenisse war sogar mal der kirchliche Mittelpunkt. Sonntags ist hier nach wie vor Müßiggang angesagt.“ Genau diese Ruhe und Harmonie vermitteln die kleinen Häuser auch, die sich an der einzigen Hauptstraße der Dorfes aneinander reihen. Gebaut in alt-niederländischem Stil sehen sie mit ihren niedrigen, großen Fenstern aus wie Puppenhäuschen. Der Schein trügt nicht: „Hier gibt es so gut wie keine Kriminalität“, berichtet James weiter, als wir über die einzige Hauptstraße in Richtung Zentrum gehen und auf eine wunderschöne Grünanlage mit einem großen Teich blicken. Der Ortskern besteht aus einem Gemeindehaus, einer kleinen Einkaufsstraße und der obligatorischen Kapelle. Es ist nach 18 Uhr mittlerweile, das bedeutet, die Bäckerei, die Metzgerei, der Blumenladen und der Supermarkt haben ihre Pforten bereits fest geschlossen und die Bürgersteige hochgeklappt.

Achtung, wilde Gans!

Unser nächstes Ziel ist der Yachthafen, der 500 m weiter nördlich liegt. Am Hafen befindet sich ein Restaurant. Auf der Terrasse steht ein kleiner Wassernapf. Während Hailey noch überlegt, einen Schluck zu nehmen, steuert eine riesige braune Gans wild schnatternd auf uns zu. Der Napf ist offenbar ihr ganz persönliches Eigentum. Wir bleiben erst mal einen Moment wie angewurzelt stehen, selbst Tilly hat jetzt Respekt. „Die tut nix!“, ruft der Restaurantbesitzer. In Haileys Blick sehe ich bereits den Gedanken an Gansbraten. Ob der Mann wohl auch „nix tut“, sollte es dem Tier an den Kragen gehen?
Wir testen es lieber nicht aus. Erst als James, ich und die beiden Hunde auf dem asphaltieren Weg am Wasser angekommen sind, lassen wir die Fellnasen von der Leine. Auf dem Rückweg in die Ferienanlage dürfen Tilly und Hailey nun noch ein wenig ihren Freilauf genießen. Gemeinsam erkunden sie den Kieselstrand, auf dem immer wieder seltsam geformte Muscheln liegen, die von den Hunden als Spielzeuge betrachtet werden. Die Riesen-Muschel in der Hundeschnauze sprintet Hailey den Deich hinauf und Tilly hinter her. Was ein Spaß! „Jetzt hat Tilly doch noch eine Freundin gefunden“, freut sich James.

Hochgeklappte Bürgersteige

Zurück in „Oud Kempen“ sitzen die Feriengäste mittlerweile vor dem Fernseher. Auch Hailey und ich freuen uns darauf, den Abend ruhig ausklingen zu lassen. Zum Beispiel auf der bequemen, schwarzen Ledercouch, die Hailey bei unserer Ankunft sogleich für sich erobert hat. Während der Wasserkocher die Flüssigkeit zum Kochen bringt, nutze ich die Zeit, um mir die zweite Etage des Hauses anzuschauen. Auf ca. 30 qm befinden sich dort vier weitere Betten, so dass sich hier theoretisch sechs Menschen aufhalten könnten. Allerdings gibt es in der Anlage auch Bungalows mit mehr Platz. Der Tee ist aufgegossen, bevor ich mich vor den Fernseher setze, geht es noch schnell unter die Dusche. Das Badezimmer ist zwar recht klein, dafür aber vor drei Jahren modernisiert worden.

Unter dem kleinen Plasma-Fernseher steht ein DVD-Player. Wer weder Englisch, noch Holländisch spricht, der sollte sich besser ein paar DVDs einpacken. Über den Receiver sind nämlich nur US-amerikanische Spielfilme und Sitcoms zu sehen. Das ist nicht überall in Zeeland gleich, auf der Insel Walchem beispielsweise kann man auch deutsche Programme empfangen.
Und wie steht´s mit der Internetverbindung? Ein W-LAN Anschluss ist in „Oud Kempen“ zwar vorhanden, die Geschwindigkeit lässt je nach dem, wie viele Bungalows sich einen Anschluss teilen, jedoch zu wünschen übrig. Etwas, dass mich des öfteren zur Verzweiflung bringt, als ich für DOGandTRAVEL ein Reisetagebuch schreibe. Hailey ist das alles herzlich egal. Sie ist glücklich und zufrieden unterdessen auf der Couch eingeschlafen. Morgen ist ein neuer, aufregender Tag.

Station 2: Rennesse auf der Insel Schouwen-Duiveland

„Willkommen in meinem Restaurant ´Our Seaside`“, mit diesen Worten werde ich in fast lupenreinem Deutsch von Rob Ramenau in seinem Pavillon am Strand von Renesse begrüßt. Das Seebad mit seinen rund 1.800 Einwohnern liegt auf der Insel Schouwen-Duiveland und ist im Sommer der „Ballermann“ Zeelands: Vor allem viele junge Menschen zieht es dann auf die Campingplätze an´s Meer und in den Abendstunden in die Discos und Kneipen. Der belebte Ort mit dem maritimen Flair und einem 17 Kilometer langem Sandstrand gefällt auf Anhieb. Zumal Hunde dort bis zum Beginn der Sommersaison am Strand frei laufen dürfen.

Leckeres Essen und Freilauf am Strand

Erleben kann man hier einiges: Rund um die Jakobuskirche in der Dorfmitte haben sich Shops, Souvenir-Läden, Supermärkte, Restaurants, ein Zoogeschäft und Cafés angesiedelt, die auch an diesem regnerischen Apriltag gut von den braun-gebrannten Urlaubern angenommen werden. Kein Wunder: „In keinem anderen Ort gibt es so viele Sonnenstunden, wie in Renesse“, erklärt Rob Ramenau stolz, „wir profitieren hier unter anderem von dem Golfstrom, der für warme Luft sorgt. Und der kontinuierliche Wind trägt dazu bei, dass der Regen schnell wieder abzieht. Ein idealer Ort also für ein Restaurant mit qualitativ hochwertigem Essen und einem angenehmen Ambiente.“ Was isst man in Renesse? Natürlich Fisch und zwar frisches Kabeljaufilet an Salat und holländischen Pommes. Einfach lecker! Zum Abschluss reicht Rob mir Seegemüse, das es nur zu dieser Jahreszeit gibt. Das Besondere: Es wächst in einer Meeresschlucht von Renesse und zwar genau dort, wo Süß- und Salzwasser sich treffen. Seegemüse besteht aus Seegras und Moosen. Das Gemüse hat ein herrlich-salziges Aroma und enthält viele Mineralien, Vitamine und Spurenelemente.
Dass das Our Seaside zu den Top-Restaurants in Renesse gehört, beweisen auch die vielen Hochzeitsvideos, die Rob Ramenau von deutschen Paaren per Mail geschickt bekam. Nicht nur Heiratswillige, auch Hunde sind übrigens gern gesehene Gäste im „Our Seaside“, Rob selbst ist nämlich stolzer Besitzer eines schwarzen Labrador-Rüden, der im Restaurant seinen eigenen kleinen Bereich hat, eine Art Laufstall – mit einem großen, kuscheligen Hundebett, viel Spielzeug und Kauknochen.

Station 3: Ritthem auf der Halbinsel Walcherem

Die Liebe zum Hund ist auch in Zeeland ein großes Thema. Unsere Reise-Route führt uns am dritten Tag nach Ritthem, einem Dorf auf der Halbinsel Walcherem. Nach gut einer Stunde Fahrt von Stavenisse aus,steuern wir einen Deich-Parkplatz bei „Fort Rammekens“ an. Das
Highlight für Hundefreunde ist der kleine Strand, der sich dort befindet. Fast im Minutentakt kommen hier die Einwohner Ritthems mit dem Auto angefahren, um ihren Hunden Auslauf und Abwechslung zu gönnen.

Retriever an die Macht!

Die Labrador und die Golden Retriever sind zwar in der Überzahl, wenn es darum geht, wem der Ball gehört, doch das hält den Wolfshund-Mischling nicht davon ab, trotzdem sein Glück zu probieren und das rollende Etwas zu entweden. „Wuhu“ beschwert sich eine Goldie-Hündin, was dazu führt das ein stattlicher Molosser für Ruhe und Ordnung sorgt. Selbstverständlich wird auch die Französische Bulldogge, die sich vorsichtig und langsam nähert, von ihm zunächst genauestens unter die Lupe genommen, bevor sie sich der Meute anschließen darf. Sieben Hunde sind es mittlerweile, die sich unter den wachsamen Augen des Molossers, friedlich tummeln. Keine Frage, hier könnte ich noch stundenlang sitzen und das Geschehen beobachten, doch ich möchte nicht unhöflich sein. Hoch oben auf dem Deich-Parkplatz erwartet uns nämlich schon Förster Karel Leeftink.

Ein Förster ohne Hund?

Als Förster kümmert er sich nicht nur um den Wald, sondern auch um die Erhaltung von Fort Rammekens, der ältesten Seefestung Westeuropas. Sie stammt aus dem Jahr 1547. Und noch etwas ist anders als bei unseren Förstern: „Ich habe keinen Hund“, sagt Karel Leeftink, der sehr gut Deutsch spricht, „beim Forstamt sitzen wir überwiegend vor dem Computer.“
Aber nicht heute. Umgeben von Sumpfland, Seen, Bächen führt uns ein kleiner Weg vorbei an einem wunderschönen Waldgebiet geradewegs zu Fort Rammekens. Vor dem großen Eingangstor hält Karel andächtig inne: „Dieses Tor ist noch im Stil der Rennaisance erbaut worden.“
Durch das Tor hindurch wandeln wir in den grünen Innenhof der Festung. Hunde dürfen das ganze Jahr über mit nach Fort Rammekens, sofern es die Öffnungszeiten zu lassen. Wir suchen uns ein Plätzchen im Schatten und setzen uns auf eine Bank. Karel holt eine Landkarte aus seinem Rucksack: „Diese Karte stammt aus dem 16. Jahrhundert, sie zeigt die Insel Walcherem und die Bedeutung die das Fort zu damaliger Zeit hatte, nämlich den Hafen von Middelburg zu schützen. Eine einzige Schlacht wurde hier geschlagen, nämlich die gegen Spanien.“ Wie das abgelaufen ist, wollen wir uns mal genauer ansehen und betreten als nächsten jene unterirdische Gänge, die uns zu den Schießscharten führen. Hailey schaut aufgrund der plötzlichen Dunkelheit und Kälte in den uralten Gemäuern etwas skeptisch, möchte dann aber doch die Erste an den Schießscharten sein. Gut, dass es hier keine Munition mehr gibt!
Als nächstes steigen wir die alte Treppe hinauf, oben auf der Festung hat man eine kontrastierende Aussicht über die Westernschelde auf den Sloehafen, das Kernkraftwerk Borssele und die Industriegebiete Terneuzens auf der gegenüberliegenden Scheldeseite. Wesentlich spannender findet Hailey die Schafe und ihre Lämmer, die sich ein paar Meter tiefer auf dem Deich befinden. Wie Hüteverhalten in Perfektion aussieht, zeigt ein Border Collie, sie mit viel Elan und Herzblut in Richtung eines Anhängers treibt, wo die Tiere anschließend nach und nach vom Schäfer hinein geführt werden.
Wir steigen die Treppen wieder hinab, um zu einem kleinen Museum mit Fundstücken aus der damaligen Zeit zu gelangen. Karel Leeftink ist sichtlich begeistert davon, in deutscher Sprache Geschichtliches zu erzählen: „Deutsch war immer mein Lieblingsfach in der Schule. Ich schaue bis heute jeden Tag deutsches Fernsehen.“ Sag´s und muss sich dann auch schon wieder verabschieden.

Station 4: Tholen auf der Halbinsel Tholen

Unser letzter Tag in Zeeland ist angebrochen. Für die Niederlande ist er ein ganz besonderer. Nicht, weil wir wieder nach Hause fahren, sondern weil nach dem Amtsantritt von König Willem-Alexander am 30. April letzten Jahres zum ersten Mal der Königstag (Koningsdag) gefeiert wird. Wie das Volksfest in Zeeland begangen wird, schauen Hailey und ich uns in Tholen an – und sehen plötzlich nur noch Orange! Sämtliche Straßen, Parks und Häuser sind mit „Oranje“-Fahnen geschmückt. Überall begegnen uns feierwillige Menschen in prächtigen Gewändern oder einfach nur in Oranje-T-Shirts. Ein Schwätzchen haltend stehen sie in den kleinen Gassen dieser pittoresken Kleinstadt oder pilgern, genau wie wir, in Richtung Marktplatz. Die Stadt Tholen existiert seit dem 13. Jahrhundert und versprüht auch genau diesen besonderen Charme. Dass gerade in Tholen heute Ritterspiele stattfinden, passt da sehr gut ins Bild.
Auf dem Markt stürzen wir uns ins Getümmel. Es gibt Buden und Stände mit Essen und Trinken und vor allem viele, viele Flohmarkt-Stände. Second Hand, gern in Kombination mit einem Ritterspektakel ist den Zeeländern an so einem Tag wie heute wichtig: „Die Flohmärkte, aber auch die Ritterspiele haben in Holland eine alte Tradition“, erzählt mir eine Einwohnerin, „nach getaner Arbeit verspeisen die Ritter ein großes Stück Käse, deshalb die vielen Käsestände.“ So lange möchte Hailey nicht mehr warten und springt mit den Vorderpfoten auf die Verkaufstheke hinter uns. Die Verkäuferin des Käsestandes findet´s klasse und kann gar nicht mehr damit aufhören, den vergnügt schmatzenden Hund durchzufüttern. Jetzt möchte die Fellnase erst recht nicht mehr die Heimreise antreten. Holland, Käse und Hailey, das gehört ab jetzt zusammen! Wer braucht da noch Mallorca?

Autor:

Manuela Lieflaender aus Menden (Sauerland)

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