Teil 2

Umständlich suchte er in seiner Hosentasche nach dem Eukalyptusbonbon. Er wickelte es aus, blickte es angeekelt an, und schob es mit Todesverachtung in den Mund.
Schon wieder so ein Tag, den er aus dem Kalender streichen wollte. Er überlegte, wie lange der Eukalyptusatem ihn noch schützen konnte? Es waren noch so viele Jaherw, die er bis zur Pensionierung hatte.
Es waren nicht die Kinder, die ihn aufrieben. Es waren die Eltern, und was sie ihren beibrachten. Oder vielmehr NICHT beibrachten.
Die kleinen Racker waren frech und vorlaut, und drohten manchesmal sogar mit dem Anwalt, wenn er ihnen den willen nicht liess. Letzten Monat hatte ein Mädchen ihn so vor sein Schienbein getreten, das er sogar krankgeschrieben wurde. Und er hatte noch Glück gehabt. Ihr Fuss hatte eindeutig höhere Regionen anvisiert.
Die Diagnose burn-out hatte sein Arzt gestellt. Früher nannte man das eine Depression, aber mit burn-out kamen Männer besser klar. Er wusste das! Ein Mann wird nicht depressiv, er ist nur überarbeitet.
Die psychosomatische Klinik in der er war, konnte ihm auch nicht wirklich helfen. 3 Wochen! Mehr zahlte die Kasse nicht mehr. Und 3 Wochen helfen nur über die nächsten 2-3 Monate.
Also fing er, langsam aber stetig an, seinen Bierkonsum zu erhöhen. Dann kam der Schnaps dazu. Und nun trank er sogar morgens. Um es vor sich selbst zu rechtfertigen, nahm er Magenbitter. Das ist ja kein Alkohol. Auch der Klosterfrau Melissengeist, den die Kollegin im Spint hatte, war ja nur Medizin.
Den Kopf zwischen den Schultern rausstreckend, ging er betont leichtfüssig zur Tür.
„Wer ist dran?“ rief er in die Runde, und merkte, wie sein Magen sich hob und senkte.

„Wer ist dran und macht hier weiter?“

Autor:

Claudia Jacobs aus Mülheim an der Ruhr

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