Flüchtlinge ziehen nach Broich und in Styrumer Siedlung

Die rot umrandete Linie kennzeichnet die leergezogene SWB-Siedlung. Die Häuser mit dem Kreuz werden abgerissen, die Wohnungen in den übrigen Häuserzeilen für fünf Jahre von der Stadt angemietet. | Foto: Stadt Mülheim
  • Die rot umrandete Linie kennzeichnet die leergezogene SWB-Siedlung. Die Häuser mit dem Kreuz werden abgerissen, die Wohnungen in den übrigen Häuserzeilen für fünf Jahre von der Stadt angemietet.
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Schon lange gibt es in Mülheim keine Heime oder gar Container für die Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylanten mehr. Die Stadt setzt für die bessere Integration auf die Verteilung der Hilfesuchenden in einzelne Wohnungen im ganzen Stadtgebiet. Das wird nun immer schwieriger. Die Krisenherde in der Welt lassen in Deutschland die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber steigen - und damit auch in Mülheim, das ein entsprechendes Kontingent zugewiesen bekommt.

450 Hilfesuchende in diesem Jahr

Noch 2010 musste die Stadt 138 Menschen unterbringen, in diesem Jahr rechnet Sozialdezernent Ulrich Ernst mit 450. Soviele Wohnungen sind nicht mehr zu finden. Deshalb finden rund 50 Flüchtlinge bis Oktober im leerstehenden Hildegardishaus in Broich eine Unterkunft, ab November in Styrum in bereits leer gezogene Häuser an der Augustastraße/Ecke Gustavstraße.

Am vergangenen Mittwoch hatte die Pfarrei St. Matiä Himmelfahrt zu einer Anwohnerversammlung geladen. Denn die Gemeinde stellt der Stadt das erst im Februar freigezogene Hildegardishaus auf der Kirchstraße vorübergehend zur Verfügung, um hier Flüchtlinge unterzubringen. Bis Oktober sollen hier rund 50 Menschen wohnen.

Dauerhaft soll das Angebot nicht sein, denn die Pfarrei hält an den Plänen fest, das Hildegardishaus Ende des Jahres abzureißen. Erst Anfang des Jahres sind die Bewohner in das neu gebaute Seniorenheim Am Schloß Broich umgezogen.

Stadt sucht dringend Unterkünfte

Aber die Stadt ist in Not, und die Gemeinde hat die Rufe gehört. Aber nicht die Hilfe für die Stadt, sondern praktizierte Nächstenliebe sei der Hauptgrund, diese Übergangslösung anzubieten, erklärt Kirchenvorstand Christian Löhr. Denn das Seniorenheim, bestätigt Frank Buchwald, Leiter des ImmobilienServices, sei eine wesentlich bessere und deutlich kostengünstigere Alternative als eine umgebaute Schule. Fast alles sei vorhanden, man müsse nur wenig tun wie zum Beispiel die Küchenbereiche ausbauen.

Sorgen gibt es aber in der Nachbarschaft. Verhältnisse wie in Duisburg oder Dortmund werden befürchtet, was Dezernent Ulrich Ernst aber kategorisch zurückweist: „Hier werden keine Asylsuchenden aus Rumänien oder Bulgarien untergebracht, sondern sogenannte Erstantragssteller, das sind in der Regel Flüchtlinge aus den Krisengebieten der Welt.“ Zudem blieben die Flüchtlinge nur bis Oktober, dann sollen sie in die zurzeit leer stehende Styrumer SWB-Siedlung an der Augustastraße umziehen.

Gemeinde bietet Hilfe an

Die Anwohnerversammlung habe viele Fragen beantwortet, ist sich Pater Josef Prinz sicher. Sicher gebe es immer noch Bedenken, aber es hätten sich auch viele gemeldet, die ihre Hilfe bei der Betreuung der Flüchtlinge angeboten haben. Zudem, so der Pater, habe er beim zentralen Fronleichnamsgottesdienst der Pfarrei am Donnerstag für dieses Angebot der Kirche geworben, ebenso wie die Pfarrer aller fünf Kirchen am letzten Sonntag. „Die Reaktion darauf war großer Beifall“ freut sich der Pater.
Die Angebote aus der Gemeinde zur Unterstützung der Flüchtlinge nimmt aber natürlich nicht die Stadt aus der Pflicht. Rund um die Uhr soll ein Ansprechpartner sowohl für die Bewohner des Hauses als auch die Nachbarn in der Pförtnerloge des Hauses anwesend sein.

Keine Containerstandorte gewünscht

Die Stadt ist auf die Übergangslösung angewiesen. Dezernent Ulrich Ernst betont, man habe in der Stadt alle Alternativen durchgespielt. Außer dem Umbau von leeren Schulen, was auch nur eine ganz kurzfristige und verhältnismäßig teure Lösung sein könnte, bliebe nur die Aufstellung von Wohncontainern. Nur zwei Standorte in Mülheim wären dafür geeignet: an der Friesenstraße, wo schon einmal Container standen, oder am Kirmesplatz an der Mintarder Straße.

Stadt mietet Häuser in leer gezogener Styrumer SWB-Siedlung

Wesentlich geeigneter ist da die schon leergezogene Siedlung an der Gustavstraße in Styrum, die die SWB niederreißen wollte. Rund 13.000 Quadratmeter Gelände sollten anschließend vermarktet werden. Das wird nun aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Das große Karree und ein weiterer Häuserriegel vor Kopf bleiben stehen, die anderen Häuser werden planmäßig in den kommenden Monaten abgerissen. 42 Wohnungen werden dann für fünf Jahre an die Stadt vermietet, die Herrichtung in Höhe von 500.000 Euro trägt die Stadt. Auch hier soll eine soziale Betreuung stattfinden. Infoveranstaltungen soll es nach den Ferien geben.

Auch private Vermieter gesucht

50 Wohnungen im ganzen Stadtgebiet stellt die SWB für Asylsuchende und Flüchtlinge zur Verfügung, auch mancher Privateigentümer. Das sind allerdings, gibt Ulrich Ernst zu, nur wenige. Deshalb werden auch weiterhin Angebote von privaten Vermietern gesucht.

Hintergrund

>> Alleine im Mai musste Mülheim 68 Asylbewerber und Flüchtlinge aufnehmen. Die Zuweisungen des Landes richten sich nach Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft.
>> 56 Prozent der Hilfesuchenden kommen aus Europa, 31 Prozent aus Asien (von diesen wiederum 48 Prozent aus Syrien) und 13 Prozent aus Afrika.
>> 24 Prozent der Menschen sind in Speldorf untergebracht, 20 Prozent in der Altstadt, 19 in Styrum, 11 in Dümpten.

Autor:

Regina Tempel aus Mülheim an der Ruhr

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