Opa war auch jung und wild: Ausstellung zu jugendlichen Subkulturen im Revier

Jazz-Jugend in Dortmund, 50er Jahre
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Wolfgang, Jahrgang 1923, schockte einst als Rock 'n' Roller seine Eltern mit Nietenhosen. Punker Hannes mopste in den 70ern Mutters rosa Hosenanzug und stach sich eine Sicherheitsnadel in die Backe.

Seit jeher fordern Jugendliche mit ihrer Einstellung Musik, Frisur und Mode Erwachsene heraus. Dem Phänomen jugendlicher Subkulturen im Ruhrgebiet widmet sich die Ausstellung „Einfach anders“ im LWL-Industriemuseum Zeche Hannover. Herzstück der Schau sind Interviews von Zeitzeugen. Außerdem gibt es Fotos und Exponate, Kleidungsstücke und Accessoires jugendlicher Subkulturen im Ruhrgebiet der letzen Einhundert Jahre. „Opa war auch jung und wild“ wird es womöglich mancheinem entfahren. „Bei der Frage, welche jugendlichen Subkulturen wichtig für das Revier waren, haben wir uns auf zwölf Strömungen beschränkt“, erzählt Museumsleiter Dietmar Osses.

"Raus aus grauen Städten"

Start war um 1900, als Punk, Techno und Heavy Metal noch Zukunftsmusik waren: Jugendliche zogen mit der Wandervogelbewegung und Jugendbünden „raus aus den grauen Städten“: Die erste Jugendbewegung stellte einen Protest gegen eingefahrene Wege und Normen mit Besinnung zur Natur dar.

Ab den 50er Jahren spielte die Musik-, Mode- und Medienindustrie eine wichtige Rolle für die Verbreitung von Jugendkultur. Die Halbstarken und Rocker wurden dank Aufschwung durch Wirtschaftswunder mit Mopeds und Motorrädern mobil, das Geschäft mit Radios und Plattenspielern „brummte“. Die Rock ‚n Roll-Ära bescherte dem Revier Randale und Verwüstungen. Die Lehrlingsbewegungen in den 60er waren eng verknüpft mit Kohlekrise und Strukturwandel.

Außerdem zu sehen: die Edelweißpiraten, die Swing- und Jazz-Jugend, die Halbstarken und Punks, die 68-er, Neo-Rockabilly, Rap und Streetart. „Mit seinen strukturellen Bedingungen hat das Ruhrgebiet die verschiedenen jugendlichen Subkulturen besonders geprägt“, erläutert Museumsleiter und Historiker Dietmar Osses. Die Kultur der Halbstarken war etwa im Revier viel stärker ausgeprägt als anderswo. Die Punk-Kultur war beispielsweise war vielfältiger, die Heavy-Metall-Szene größer und die Grafitti-Kultur hochkarätiger als in anderen Regionen. „Das Revier stellt für viele Jugendliche in Geschichte und Gegenwart einen einzigartigen Erfahrungsraum dar,“ erklärt Osses.

Allen jugendlichen Subkulturen im Revier gemeinsam ist die enge Verknüpfung mit der Industrialiserung im Revier: Von Kohlekrise und Strukturwandel Ende der 60er, dem fortschreitendem Niedergang der Industrie sowie dem einsetzenden Strukturwandel in den 70ern. „Das Museum wird zum Forum, einer Begegnungstätte, in der sich alle Generationen wiederfinden werden,“ verrät Dirk Zache, Direktor des LWL-Industriemuseums.

Hintergrund:
Die Schau ist angelehnt an die Ausstellung zum Themenjahr „Unterwelten“ des Westfälischen Landesmuseum für Industriekultur an seinen acht Standorten. Sie ist bis 7. September an der Günnigfelder Straße 251 zu sehen: mittwochs bis samstags 14 bis 18 Uhr und sonntags und an Feiertagen von 11 bis 18 Uhr. Es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm mit Rap- und Graffiti-Workshops, Filmabenden, Lesungen und einem Akustik-Punk-Konzert. Infos auf www.zeche-hannover.de

Autor:

Marjana Križnik aus Düsseldorf

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