Betuwe-Anwohnern droht Kostenumlage für Lärmschutz-Maßnahmen / Petition soll Abhilfe schaffen

"Tausende Anlieger müssen Folgekosten für passiven Schallschutz tragen", mit dieser provokanten Schlagzeile beginnt gert Bork, Sprecher der regionalen Bürgerinitiative "Betuwe - So nicht!", seine aktuelle Pressemitteilung mit "Hinweis auf Petition beim Deutschen Bundestag". 

 
Weiter heißt es dort: "Von Oberhausen bis Emmerich bekommen tausende Anwohner nur passiven Lärmschutz, also Schallschutz-Fenster und Lüftungsanlagen. Nur die Anschaffungskosten werden bezahlt, die Folgekosten nicht.
 
Die Abwälzung dieser Kosten auf die Haus- oder Wohnungsbesitzer stellt daher nichts anderes als eine entschädigungslose Enteignung dieser ohnedies schon durch den Lärm und die Lärmfolgen übermäßig belasteten Bürger dar.
 
Besonders beschämend ist, dass die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der 24. Bundes-Immissionsschutzverordnung noch eine Kostenübernahme mindestens der Unterhalts- und Betriebskosten für Lüfter vorsah. Heute müssen Betroffenen über Jahrzehnte die Kosten tragen.
 
Wer keine Einwendung gemacht hat, oder diese Kosten nicht eingefordert hat, kann noch nicht einmal Klage erheben. Um das Verursacherprinzip auch beim Verkehrs­lärm durchzusetzen,rät die Bürgerinitiative zur Teilnahme an einer aktuellen Petition.
 
Musterbriefe stehen auf den Internetseiten der Bürgerinitiativen zum Download bereit:
Klicken Sie diesen Link an: http://www.betuwe-niederrhein.de/Folgekosten-fuer-Anwohner

Gert Bork erklärt die Hintergründe

Im Zuge der Planung für die BETUWE-Linie auf deutscher Seite sind gem. den Unterlagen der Deutschen Bahn für viele Anlieger - allein in Wesel 900 - Schallschutzfenster als passive Schutz-maßnahme vorgesehen. Trotz Forderung nach aktivem Schallschutz ( = Maßnahmen direkt am Gleis) im Rahmen der Planfeststellung wird es in vielen Fällen beim passiven Schallschutz bleiben. Das bedeutet, dass die Bahn unter bestimmtem Umständen die Kosten für entsprechende Fenster übernimmt.

Gemäß Bundes-Immissionsschutz-Verordnung besteht bislang allerdings nur einen Anspruch auf Erstattung der notwendigen Kosten des erstmaligen Einbaus der passiven Schallschutzmaßnahmen (Schallschutzfenster und Lüfter), jedoch keine Entschädigung für die Aufwendungen, die der Eigen-tümer der baulichen Anlage für Unterhalt, Wartung, Reparatur und Betrieb sowie für die Erneuerung nach Ablauf der regelmäßigen Nutzungsdauer zu tragen hat.

Die bislang vom Eigentümer der baulichen Anlage zu tragenden Kosten, die zur dauerhaften Gewährleistung der Wirksamkeit passiven Schallschutzmaßnahme unabdingbar sind, sind ganz erheblich:
• bereits die Stromkosten für einen einzigen Lüfter betragen mehrere Dutzend EUR pro Jahr
• die Filtermaterialien der Lüfter müssen regelmäßig getauscht werden, die Luftführung muss gereinigt werden
• die regelmäßige Nutzungsdauer eines Lüfters beträgt lediglich 10-15 Jahre, danach ist eine Ersatzbeschaffung mit erneutem Einbau erforderlich. Kostenaufwand im oberen 3stelligen bis 4stelligen EUR-Bereich
• bei Schallschutzfenstern ist regelmäßig etwa alle 5-10 Jahre eine Erneue¬rung der Abdichtlippen erforderlich, da ansonsten die Schalldämmung nachlässt und eine Einhaltung der Innenraumzielpegel nicht mehr gewährleistet ist; diese Wartungsarbeiten können nur Fachfirmen machen, was Kosten von mehreren 100 EUR verursacht
• die regelmäßige Nutzungsdauer von Schallschutzfenstern beträgt nur 15-20 Jahre. Danach ist eine Ersatzbeschaffung notwendig, der Kostenaufwand erreicht regelmäßig 4-5stellige EURO-Beträge

Analog zum aktiven Lärmschutz am Gleis müssen alle zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des passiven Lärmschutzes anfallenden Kosten als Folgekosten der neu errichteten oder geänderten Verkehrsanlage und dem Verantwortungsbereich des Vorhabenträgers zugerechnet werden.
Diese Auffassung vertrat auch das LG Bochum in seinem Urteil vom 30. 07.2014, Az. 6 O 443/09 , in dem es die DB Netz AG verpflichtete, den Klägern, die Kosten für den Bau und Unterhalt sämtlicher gegenwärtiger und zukünftiger passiver Schallschutzmaßnahmen zu erstatten, die geeignet und notwendig sind, um wesentliche Beeinträchtigungen durch Verkehrsgeräusche des Betriebes der Bahnstrecke Hamm – Oberhausen abzuwenden...“.

Die Abwälzung dieser Kosten auf die Haus- oder Wohnungsbesitzer stellt daher nichts anderes als eine entschädigungslose Enteignung dieser ohnedies schon durch den Lärm und die Lärmfolgen übermäßig belasteten Bürger dar. Besonders beschämend ist, dass die Rechtslage vor Inkrafttreten der 24. Bundes-Immissionsschutzverordnung noch eine Kostenübernahme mindestens der Unterhalts- und Betriebskosten für Lüfter vorsah, denn in Planfeststellungsbeschlüssen der damaligen Deutschen Bundesbahn aus dem Jahr 1994 waren zumindest pauschalierte Erstattungen vorgesehen.

Mit der 24. BImSchV wurden die Betroffenen bewusst schlechter als zuvor – trotz des seit Jahrzehnten andauernden nimmermüden (leeren) Geredes aller Fraktionen aller Bundestage, an einer Verbesserung des Verkehrslärmschutzes interessiert zu sein.
Eine Übernahme und Erstattung von Unterhaltungs-, Betriebs- und Erneuerungskosten kann nicht anders denn als originäre Aufgabe und Verpflichtung des Vorhabenträgers gesehen werden.

Um das Verursacherprinzip auch beim Verkehrslärm durchzusetzen, rät die Bürgerinitiative zur Teilnahme an dieser Petition.

Weitere Informationen im Internet unter http://www.betuwe-wesel.de oder
http://www.betuwe-niederrhein.de

Autor:

Lokalkompass Kreis Wesel aus Wesel

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