Schwanenrittersage Teil V.: "Der Schwanenritter"

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Der Schwanenritter
nach Conrads von Würzburg Gedicht, Deutsche Sagen von den Gebrüdern Grimm, Berlin, in der Nicolaischen Buchhandlung, 1818.

Herzog Gottfried von Brabant war gestorben, ohne männliche Erben zu hinterlassen; er hatte aber in einer Urkunde gestiftet, daß sein Land der Herzogin und seiner Tochter verbleiben sollte. Hieran kehrte sich jedoch Gottfrieds Bruder, der mächtige Herzog von Sachsen wenig: sondern bemächtigte sich, aller Klagen der Witwe und Waise unerachtet, des Landes, das nach deutschem Recht auf keine Weiber erben könne.
Die Herzogin beschloß daher, bei dem König zu klagen; und als bald darauf Carl nach Niederland zog, und einen Tag zu Neumagen am Rheine halten wollte, kam sie mit ihrer Tochter dahin und begehrte Recht. Dahin war auch der Sachsen Herzog gekommen, und wollte der Klage zur Antwort stehen. Es ereignete sich aber, daß der König durch ein Fenster schaute; da erblickte er einen weißen Schwan, der schwamm den Rhein herdan und zog an einer silbernen Kette, die hell glänzte, ein Schifflein nach sich: in dem Schiff aber ruhte ein schlafender Ritter, sein Schild war sein Hauptkissen, und neben ihm lagen Helm und Halsberg; der Schwan steuerte gleich einem geschickten Seemann, und brachte sein Schiff an das Gestade. Carl und der ganze Hof verwunderten sich höchlich ob diesem seltsamen Ereigniß; jedermann vergaß der Klage der Frauen, und lief hinab dem Ufer zu. Unterdessen war der Ritter erwacht und stieg aus der Barke; wihl und herrlich empfing ihn der König, nahm ihn selbst zur Hand, und führte ihn gegen die Burg. Da sprach der junge Held zu dem Vogel: flieg deinen Weg wohl, lieber Schwan! Wann ich dein wieder bedarf, will ich dir schon rufen. Sogleich schwang sich der Schwan, und fuhr mit dem Schifflein aus aller Augen weg. Jedermann schaute den fremden Gast neugierig an; Carl ging wieder ins Gestühl zu seinem Gericht, und wies jenem eine Stelle unter den anderen Fürsten an.
Die Herzogin von Brabant, in Gegenwart ihrer schönen Tochter, hub nunmehr ausführlich zu klagen an, und hiernach vertheidigte sich auch der Herzog von Sachsen. Endlich erbot er sich zum Kampf für sein Recht, und die Herzogin solle ihm einen Gegner stellen, das ihre zu bewähren. Da erschrak sie heftig; denn er war ein auserwählter Held, an den sich niemand wagen würde; vergebens ließ sie im ganzen Saale die Augen umgehen, keiner war da, der sich ihr erboten hätte. Ihre Tochter klagte laut und weinte; da erhob sich der Ritter, den der Schwan ins Land geführt hatte, und gelobte, ihr Kämpfer zu seyn. Hierauf wurde sich von beiden Seiten zum Streit gerüstet, und nach einem langen und hartnäckigen Gefecht war der Sieg endlich auf Seiten des Schwanenritters. Der Herzog von Sachsen verlor sein Leben, und der Herzogin Erbe wurde wieder frei und ledig. Da neigten sie und die Tochter dem Helden, der sie erlöst hatte, und er nahm die ihm angetragene Hand der Jungfrau mit dem Beding an: daß sie nie und zu keiner Zeit fragen solle: woher er gekommen, und welches sein Geschlecht sey? Denn außerdem müsse sie ihn verlieren.
Der herzog und die Herzogin zeugten zwei Kinder zusammen, die waren wohl gerathen; aber immer mehr fing es an, ihre Mutter zu drücken, daß sie gar nicht wußte, wer ihr Vater war; und endlich that an ihn die verbotene Frage. Der Ritter erschrak herzlich und sprach: nun hast du selbst unser Glück zerbrochen und mich am längsten gesehen. Die Herzogin bereute es aber zu spät, alle Leute fielen zu seinen Füßen und baten ihn zu bleiben. Der Hels waffnete sich, und der Schwan kam mit demselben Schifflein geschwommen; darauf küßte er die beiden Kinder, nahm Abschied von seinem gemahl und segnete das ganze Volk; dann trat er in´s Schiff, fuhr seine Straße und kehrte nimmer wieder. Der Frau ging der Kummer zu Bein und Herzen, doch zog sie fleißig ihre Kinder auf. Aus dem Saamen dieser Kinder stammen viele edle Geschlechter, die von Geldern sowohl als Cleve, auch die rieneker Grafen und manche andere; alle führen den Schwan im Wappen.

Der gute Gerhard Schwan
aus Nordische Volksbücher von Kaiser Carl, Vergl. Nyerup Morskabsläsning S. 90. 91. Deutsche Sagen von den Gebrüdern Grimm, Berlin, in der Nicolaischen Buchhandlung, 1818.

Eines Tages stand König Carl am Fenster einer Burg, und sah hinaus auf den Rhein. Da sah er einen Schwan auf dem Wasser schwimmen kommen, der hatte einen Seidenstrang um den Hals und daran hing ein Boot; in dem Boot saß ein Ritter ganz gewaffnet, an seinem Hals hatte er eine Schrift. Und wie der Ritter ans Land kam, fuhr der Schwan mit dem Schiffe fort und wurde nimmer mehr gesehen. Navilon, einer von des Königs Männern, ging dem Fremden entgegen, gab ihm die Hand, und führte ihn vor den König. Da fragte Carl nach seinem Namen; aber der Ritter konnte nicht reden, sondern zeigte ihm die Schrift; und die Schrift besagte, daß Gerhard Schwan gekommensey, ihm um ein Land und eine Frau zu dienen. Navilon nahm ihm darauf die Waffen ab, und hob sie auf; aber Carl gab ihm einen guten Mantel, und sie gingen dann zu Tisch. Als aber Rolland den Neuankömmling sah, frug er: was es für ein Mann wäre? Carl antwortete: diesen Ritter hat mir Gott gesandt; und Rolland sprach: er scheint heldenmüthig. Der König befahl, ihn wohl zu bedienen. Gerhard war ein weiser Mann, diente dem König wohl und gefiel jedermann; schnell lernte er die Sprache. Der König wurde ihm sehr hold, vermählte ihm seine Schwester Adalis Elisa und setzte ihn zu einem Herzog über Ardennenland.

Der Schwanenritter
aus Deutsche Sagen von Heinrich Pröhle, Berlin 1863, Verlag Ulrich Frank.

Die Jungfer Beatricia, Herrn Diederichs von Cleve Tochter, saß nach ihres Vater Tode in großer Noth zu Nimwegen auf der Burg und sah aus dem Fenster auf den Strom, da sah sie auf dem Strome herkommen einen Schwan, der war weiß, und hatte eine güldene Kette um den Hals, daran hing ein kleines Schiff, und in dem Schiffe saß ein schöner Jüngling, der hatte in der Hand ein goldenes Schwert und ein Jagdhorn und vor sich hängen ein Schild, darin stunden acht güldene Scepter, mitten ein Stein von Zinnober, wie noch das Wappen von Cleve ist, und fuhr dicht an die Mauer der Burg Nimwegen heran, und begehrte die Jungfrau von Cleve zu sprechen. Die Jungfrau lief schnell an das Ufer und empfing den Ritter gar gütig, denn das Alles war ihr schon im Wachen und im Traume vorgekommen. Sie kamen mit einander in den Stand der heiligen Ehe. Der Jüngling der hieß Helyas und sagte der Jungfrau zuvor sein Gebrechen und verpflichtete sie, daß sie ihn bei ihrem Leben nicht fragen dürfe, wo er hergekommen sei. Wenn sie es doch thäte, so müßte er von ihr weichen. Sie gelobte das wohl an. Es meinen aber die Historienschreiber, dieser Jüngling Helyas sei gekommen aus dem Berge, da Venus in dem Grabe ist. So waren sie zusammen und hatten drei Söhne, Diederich, der war ein Graf nach ihm, der andere hieß Gottfried, der war ein Graf zu Leyon, der dritte hieß Conrad, der kam zu dem Bischof zu Menthe. Und der Kaiser Theodosius der machte aus diesem Helyas einen Grafen, auf daß Cleve eine Grafschaft sein sollte. So war dieser Helyas der erste Graf und regierte 21 Jahre. Da war er einst bei seiner Fürstin Beatricia und sie fragte ihn unvorsichtig und sprach gerade zu: „Lieber Herr, warum dürfen Eure Kinder nicht wissen, wo Ihr hergekommen feid, und welcher Geburt Ihr seid?" Sobald sie diese Worte sagte, verschwand er von ihrer Seite und sie wußte nicht, wo er blieb. Da ging es ihr so, wie er gesagt hatte und sie starb vor Gram. Ihr Sohn Diederich regierte danach vierzig Jahre und hatte einen Sohn, der regierte nach des Vaters Tode sieben und zwanzig Jahr und half den Christenglauben unter den Sachsen verbreiten.
Diese Begebenheit wird auch also erzählt: Es ist im Stift Cöln ein weit berühmt und herrlich Schloß oder Palast über den Rhein gebauet, Iuvamen genannt, daselbst sind voretlichen Zeiten viel Fürsten und Herren zusammen kommen und bei einander gewesen, da ist unversehens ein Schifflein daselbst gekommen, welches ein Schwan mit einer silberneu Ketten, damit es ihm an den Hals gehänget war, gezogen. Aus demselbigen Schifflein ist ein fremder Kriegsmann, den niemand gekennt hat, gesprungen, und hat der Schwan das Schiff wieder zurück geführt. Hernachmals hat dieser Kriegsmann ein Weib genommen, die Kinder bekommt. Endlich aber, als er lange auf demselbigen Palast und Schlosse gewohnet, und einsmahls den Schwan eben mit demselbigen Schifflein und silbernen Ketten wiederum dahin kommen stehet, ist er alsbald wieder in das Schifflein gesprungen und ist ferner nicht mehr gesehen worden. Aus dieser Geschicks, so in dem Schlosse zu Cleve, da denn ein sehr hoher Thurm ist, der Schwanen-Thurm genennet, auf dessen Spitzen ein Schwan stehet, in gar alten Teppichten gewirkt ist, leiteten etliche der Herzöge von Cleve Stamm und Abkunft ab.

Schwanenritter Teil IV : www.lokalkompass.de

Schwanenritter Teil III : www.lokalkompass.de

Schwanenritter Teil II :www.lokalkompass.de

Schwanenritter Teil I :www.lokalkompass.de

Autor:

Günter van Meegen aus Bedburg-Hau

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