Treue ist Trumpf - RUB-Studie zeigt: Im Lieblingsgeschäft im Schnitt fünf Prozent sparen

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Wer geschickt verhandelt, kann beim Einkaufen in seinem Lieblingsgeschäft viel Geld sparen. Das haben Forscher der Ruhr-Universität Bochum in einer groß angelegten Studie herausgefunden. Fünf Prozent zusätzlicher Preisnachlass sind im Schnitt problemlos möglich – sofern man seine Kundentreue gezielt als Trumpf einzusetzen weiß.

Das Credo auf den Kopf gestellt
Treuen Kunden sei der Preis nicht so wichtig, lautete bislang das Credo in Marketing und Vertrieb. Die soeben veröffentlichte Studie der Bochumer Wissenschaftler Prof. Jan Wieseke, Sascha Alavi und Johannes Habel von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der RUB stellt diese Sichtweise gründlich auf den Kopf: „Viele Kunden spielen ihre Treue bewusst in Preisverhandlungen aus und erzielen dadurch ohne Probleme fünf Prozent zusätzlichen Preisnachlass“, so Wieseke. Beim Kauf eines Autos im Wert von 30.000 Euro spart ein Käufer so ohne große Mühe bis zu 1.500 Euro.

Ein unschlagbares Argument
Für ihre Studie werteten die Bochumer Forscher Daten von mehr als 6.000 Kunden aus und begleiteten über 300 Preisverhandlungen in zahlreichen Branchen. Verhandelt wird längst nicht mehr nur beim Autokauf, sondern in fast allen Geschäften und in fast allen Preisklassen – sei es im Möbelhaus, Baumarkt oder Modegeschäft.

Da Unternehmen die langfristige Bindung ihrer Kunden immens wichtig ist, haben treue Kunden ein geradezu unschlagbares Argument. Wer darauf verweist, als Stammkunde doch einen angemessenen Preisnachlass zu verdienen, stößt bei Verkäufern häufig auf wenig Gegenwehr. Nur wahr sollte diese Behauptung sein, so Wieseke: „Viele Geschäfte kennen ihre Stammkunden und enttarnen eine Lüge sehr schnell.“

Zweifelhafte Nebenwirkungen
Für die Unternehmen sind die überhöhten Preisnachlässe für treue Kunden übrigens mit zweifelhaften Nebenwirkungen verbunden. So fanden die Bochumer Forscher heraus, dass die Kunden durch den höheren Preisnachlass noch enger an das Geschäft gebunden werden – und dann beim nächsten Einkauf einen noch höheren Preisnachlass herausschlagen können. „Das zeigt: Loyalität ist zwar käuflich“, so Wieseke, „doch es entsteht ein regelrechter Teufelskreis, in dem Kundentreue und Preisnachlässe immer höher steigen. Das nimmt vielen Geschäften die Luft zum Atmen.“ Wer daraus ausbrechen wolle, müsse seine Verkäufer gezielt für Verhandlungen mit den treuen, aber fordernden Kunden schulen.

Das alte Bild zu sehr verinnerlicht
Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Studie hochbrisant. Bislang gingen Forscher ganz im Gegenteil immer davon aus, dass treue Kunden aufgrund ihrer Verbundenheit zu ihrem Lieblingsgeschäft sogar bereit seien, höhere Preise zu zahlen. Auch vielen Unternehmen ist die große Verhandlungsmacht von treuen Kunden oft nicht ausreichend bewusst: „Viele Einzelhändler haben das alte Bild des treuen, genügsamen Kunden einfach zu fest verinnerlicht. Ein nüchterner Blick in die Zahlen offenbart hier die raue Realität“, so Prof. Jan Wieseke.

Die Ergebnisse ihrer Studie stellten die RUB-Forscherjetzt auf der Konferenz der American Marketing Association in Las Vegas – einer der weltweit renommiertesten Konferenzen für Marketingforscher – erstmals öffentlich vor. Die Arbeit wurde dort als beste Studie der Konferenz im Bereich Vertriebs- und Kundenbeziehungsmanagement ausgezeichnet. Sie erhielt zudem eine Ehrenauszeichnung als eine der besten Studien der gesamten Konferenz.

Autor:

Ernst-Ulrich Roth aus Bochum

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