Zorn über die Attentate: Das Konto nicht überziehen!

Zu den Ereignissen in Paris, dem millionenfachen Absatz der neuen Ausgabe von Charlie Hebdo und der „Terrorbedrohung in Deutschland“ (RN v. 17.1.)

Von der ISIS geht für gewisse Leute eine Faszination aus. Das ist so, leider. Aber hätte Amerika nicht den Krieg gegen Saddam geführt, hätte es nicht die irakische Armee komplett aufgelöst und obendrein die eingesetzte neue Regierung in Bagdad jahrelang machen lassen, gäbe es die ISIS heute vermutlich nicht. Ähnliches ließe sich für Libyen feststellen, für Afghanistan, Somalia, Haiti, Kolumbien, Chile, El Salvador und und.

Und der Terror der Djihadisten? Es sei absurd, so erklärte die indische Schriftstellerin (und Aktivistin) Arundhati Roy angesichts der Vorbereitungen für den Rachefeldzug gegen das Taliban-Regime in Afghanistan im Herbst 2001, „wenn die US-Regierung auch nur mit dem Gedanken spielt, der Terrorismus ließe sich mit noch mehr Gewalt und Unterdrückung ausmerzen. Der Terrorismus ist ein Symptom, nicht die Krankheit.“ Das ist wichtig, zu begreifen. Und sie fährt fort: „Der Terrorismus ist in keinem Land zuhause. Er ist ein supranationales, weltweit tätiges Unternehmen wie Coke oder Pepsi oder Nike.“ (FAZ v. 28.9.2001).

Jede Nation, jede Regierung, die sich damals von Washington dazu bewegen ließ, sich in die „Allianz gegen den Terror“ einzureihen, ahnte zumindest, dass sie damit vermutlich bei gewissen Kreisen auf dem Index landen würde. Wir können von Glück sagen, dass es sich bislang noch nicht weltweit herumgesprochen zu haben scheint, dass die Bundeswehr den Amerikanern hilfreich zur Seite stand, wenn es darum ging, Verstecke von Al Qaida-Kämpfern in Afghanistan aufzuspüren und diese zur Strecke zu bringen. Wie lange das noch hält? Wer weiß.

Kurz: Wir sollten uns mäßigen in unserem Zorn über die Attentate in Paris, uns hüten vor einem trotzigen 'Jetzt erst recht!'. Die demonstrative Hype um die Karikaturen muss – die Demonstrationen in Sana'a, Kairo, Algerien, Pakistan und anderswo beweisen es – auf viele Menschen in islamisch geprägten Ländern provozierend und verletzend wirken. Wir müssen verstehen lernen! Statt weiter zu zündeln.
Meine dringende Bitte an die Medien: Rüsten Sie ab! Nachschub für die Djihadisten, welcher Couleur auch immer, ist das letzte, was wir gebrauchen können.

Autor:

Heiko Holtgrave aus Dortmund-City

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