Bahnhof Rothley - eine Zeitreise in die Vergangenheit

Lokwechsel an der Endstation Leicester North
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Mitten in England gibt es einen kleinen Bahnhof, der noch völlig unberührt ist von Technik und Entwicklung. Hier verkehren majestätische Dampfloks, die dicke Rauchwolken ausstoßen und mit schrillem Signal ihre Ankunft ankündigen.
Waggons aus unterschiedlichen Hölzern, weit geöffnete Fenster, umrahmt von adretten Gardinchen, lassen die warme Sonne hinein in die Abteile. Man ahnt Plüsch und Gemütlichkeit.
Weit fahren diese nostalgischen Züge natürlich nicht mehr. Ein paar Kilometer hoch bis Leicester North Station und ein paar Kilometer runter in die entgegengesetzte Richtung.
So eine kurze Tour konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Selbst die Tickets waren noch die originalen, alten kleinen Pappdinger, die wir früher hier auch am Schalter lösen mussten.
Ein Schaffner öffnete uns freundlich die Türe zu einem Waggon und half uns durch den engen Einstieg hinein.
Ach, war das herrlich! Edles Teakholz, großzügige Sitzreihen mit Ohrensitzen. Und in jeder Reihe ein kleines Tischchen. Wir schwelgten in Nostalgie. Wer mochte wohl schon alles hier in diesem Waggon gefahren sein? Wenn die alten Dinge doch nur erzählen könnten!
"Tickets please!"
Der Schaffner nahm unsere Fahrkarten entgegen, prüfte und reichte sie mit einem Stanzloch versehen würdevoll wieder zurück.
In Leicester North stiegen wir aus und schauten zu, wie eine andere Lok vor das Ende des Zuges rangiert wurde, und dann ging's zurück mit schrillem Signal und dem typischen, längst vergessenen puff, puff, puff - puff, puff, puff - puff, puff, puff...
Eine besondere Eigenart haben wir noch kennen gelernt: Die Türen der Waggons können nur von außen geöffnet werden. Will man also aussteigen, muss man das Fensterchen an der Türe öffnen, herausgreifen und den Griff runter drücken. Was gar nicht sooo einfach ist. Vor allem, wenn man keine Ahnung hat und innen verzweifelt nach einem Türgriff sucht...

Es gibt auch diese feinen Salonwagen, die man für Feiern oder halt etwas Besonderes buchen kann. Einer von diesen Zügen dampfte durch den Bahnhof langsam an uns vorbei. Drinnen saßen sie mit Champagnergläsern in der Hand und ließen sich mit erlesenen Leckereien bedienen. Dekadent, aber schön.

Aber die Züge waren nicht alles.
Der ganze, kleine Bahnhof war noch ursprünglich erhalten. Die Beamten hatten sichtliche Freude daran, uns im breiten Dialekt alles bis in die kleinsten Kleinigkeiten zu zeigen und erklären. Allein das alte Telefon mit der Kurbel. Wenn es mal klingelte, gab es verschiedene Signale. Wie Funksignale. Zum Beispiel: dreimal kurz - einmal lang. Nur eine Handvoll Stationen waren untereinander telefonisch verbunden. Und jede hatte halt ihr eigenes Signal, sodaß man beim Klingeln sofort am Klang erkennen konnte, wer da anruft.

Stundenlang erkundeten wir alles, was es zu erkunden gab. Die Treppe, eigentlich ein richtiges Treppenhaus, führt runter zu dem Ticketschalter und den Gleisen. Wenn ich da an unsere Unterführung zu Gleis 3 und 4 denke...

Wenn jemand je in diese Gegend kommt, ein Besuch am Bahnhof Rothley in Leicestershire ist absolut empfehlenswert. Ganz speziell natürlich für Fans der alten Dampflokomotiven.

Autor:

Christel Wismans aus Emmerich am Rhein

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