Einfallwinkel gleich Ausfallwinkel – wenn PR nach hinten losgeht

Da gibt es eine wunderbare Idee – initiiert vom Medienforum des Bistums Essen – vor allem für große Leute, die manchmal das Kind in sich vor lauter Arbeit vergessen, aber natürlich auch für Kinder selbst und die Senioren: bekannte und unbekannte Essener Persönlichkeiten kommen auf eine halbe Stunde zu Tischgemeinschaften in Familien, Schulen, Arbeitsstätten, Altenheimen und lesen in der Tradition der klösterlichen Tischlesung vor. Unentgeltlich, beim Essen, zum Vergnügen. Ohne Kaufzwang oder ähnlich Kleingedrucktes nimmt die Literatur für einen Moment am Esstisch Platz. Eine Veranstaltung der Nächstenliebe und des guten Willens, möchte man meinen. Meinte zumindest ich. Doch anscheinend gibt es auch hier unterschiedliche Auffassungen. Nach meiner Anfrage für die Teilnahme eines Vorlesers an meiner beruflichen Tischgemeinschaft wurde uns der Besuch eines bekannten Essener Politikers zugesagt und weckte meine Hochachtung ob der christlichen als auch organisatorischen Aspekte, die dieser Handlung innewohnen und für eine Person der Öffentlichkeit nicht immer leicht zu koordinieren sind. Unsere Tischgemeinschaft freute sich und war gespannt. Bis zu jenem Tag eine Woche vor dem geplanten Besuch, an dem angefragt wurde, ob unser Vorleser mit der örtlichen Presse erscheinen dürfe. Als ich das ablehnte, entzog sich dieser Besucher umgehend (schönerweise bekamen wir vom Medienforum schnell einen anderen Vorleser angekündigt). Womit klar war: hier geht es nicht um Güte, hier geht es um knallharte PR. Die Stimmung der sogleich informierten, vordem erfreuten Tischgemeinschaft, die allein schon durch ihr Interesse hätte positive PR-Arbeit für den bekannten Vorleser leisten können, schlug in ganzer Breite um. Was bedeutet: ganz schlechte PR für die betreffende Person. Und größere Vorfreude auf den neuen, unbekannten Vorleser. – Im Sinne der Authentizität wäre es vielleicht ratsam, sich gerade als Person der Öffentlichkeit genau zu überlegen, was man warum macht bzw. wie glaubwürdig bestimmte Aktionen sind; vor allem, wenn es sich um so großartige Initiativen handelt.

Autor:

Sabine Schultz aus Essen-Ruhr

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