Reichste Essener Geburtstagsfrau

Puh! Der Deal mit dem Wettergott ist zu gut gemeint. Samstag, 19. Juli: Die Luft flirrt, der Wind hatte sich verdrückt. Wolkenloser Himmel. Das Thermometer klettert über 35 Grad. Zwar hat Helene Kairis den Swimming Pool direkt im Rücken. Doch Zentimeter näher lockt der Sessel zum Sitzen. Heute ist nicht Schwimmen sondern Schwofen absoluter heißer Hit der 95-Jährigen. Denn sie ist sehr reich – mit ihrer unbezahlbaren Familie.

Mit 95 Jahren kommt man endlich zur Ruhe? Nicht Helene Kairis. Um sie wird gewirbelt, gewurschtelt. Geplant war die birthday-Party in ihrer Frohnhauser Wohnung. Kurzfristig von ihren Kindern umgeworfen – ab ging’s in den Garten von Tochter Irene Krüger. Die Laubenpieper-Scholle liegt mit einem Bein auf Mülheimer, mit dem anderen Bein auf Essener Gebiet.

Auch jetzt, im blumenreichen Kleingarten, kann die Jubilarin nur von Ruhe träumen. Denn ihre Familie ist riesig. Ein Mädel-Quartett plus Sohn (verstorben) zog sie mit ihrem Mann auf. Nicht nur das vierblättrige Kleeblatt hält wie Pech und Schwefel zusammen – sondern Helene ist stolz auf acht Enkel, acht Urenkel und drei Ururenkel; Mila ist mit ihren vier Monaten die Jüngste. Dem Winzling behagt so gar nicht bei der Hitze die Windelhose.

95 Lenze auf dem noch immer geraden Rücken! Toll. Stolz auf ihre Mutti, Omi sind sie alle. „Ausgebombt waren meine Eltern, Vater in Kriegsgefangenschaft. Aber wen traf der Zweite Weltkrieg nicht?“, erinnert Tochter Irene Krüger. „Bodenständig waren sie immer. Seit 58 Jahren wohnt meine Mutter in der gleichen Allbau-Wohnung (Papa Max verstorben). „Untätig war Mutti nie. Sie arbeitete bei der WAZ, nachts; wechselte zum Klinikum. In der Mensa verteilte sie Essen. Tagsüber sorgte sie für uns.“

Aber es muss doch ein Rezept geben, für die gute Laune, Gesundheit?
Kopfschütteln. Und so auf Rosen gebettet ist Helene nicht. „Ich liebe zwar über alles Rosen.“ Aber einseitig ist sie nie. Ihr Balkon ist das beste Beispiel. Ein Blumenmeer: Geranien, Enzian, Edelweiß, Rosen, Fuchsien. „Sicher, gelegentlich gönne ich mir mal ein Gläschen Rotwein.“ Aber aufpassen. Zweimal in der Woche muss sie zur Dialyse. Herzprobleme, Nieren sind angeschlagen. „Sportlich war ich nie.“

Moment. Einwurf von Tochter Gisela Schütz. Die 73-Jährige erinnert an die Angelsport-Leidenschaft der Mutter. „Sie besuchte uns gerne in Deinste/Norddeutschland. Gemeinsam zogen wir zum Angelteich. Die Angel wurde ausgeworfen. Ein Schrei: Der Haken schnellte zurück, blieb an Mutters Wange hängen. Samt Wurm.“ Ja, Forellen übten immer eine magische Anziehungskraft auf sie aus. Wie Blumen.

Leuchtende Augen bekommt das Geburtstagskind als Töchterchen Gisela erzählt: „Drei Wochen waren mein Mann und ich zur Kur. Die ganze Zeit leitete Mutti unser Blumengeschäft. Der Laden lief wie geschmiert.“

Dickes Lob der Jubilarin: „Meine Kinder halten mich jung. Alle, wie sie da sind.“

Unvergessliche Augenblicke? „Ja, zum 90. Geburtstag waren wir an der Ostsee. Ein Geschenk aller. Eine Woche am Wasser. Wunderbar.“

Überraschung heute? „Mit den Töchtern Brigitte und Irene geht’s zur Nordsee. Wieder ein Geschenk von allen.

Doch zwischendurch wird sie von der siebenjährigen Aleksia immer wieder verwöhnt mit ihren gesammelten Muscheln. Wie heißen die? „Guck mal, die kann man zusammenklappen. Klappmuscheln. Die lange Muschel heißt Langmuschel.“ Die Süße gesteht: „Ich liebe Omi ganz toll.“

Moment! Nächster Nachwuchs in Sicht. Im Garten gackern aufgeregte Hühner. „Ein Huhn brütet,“ strahlt Gärtnerin Irene. Ob es zu Helenes Feiertag noch ausschlüpft? Wer weiß…