Besinnliches von Wilfried Ranft: "Der Wert der Unvollkommenheit"

Pfarrer Wilfried Ranft, Krankenhausseelsorger EvK und Klinik Blankenstein
  • Pfarrer Wilfried Ranft, Krankenhausseelsorger EvK und Klinik Blankenstein
  • hochgeladen von Roland Römer

Liebe Leserin, lieber Leser!
Das Osterfest ist vorbei – die Osterzeit hat begonnen. Bis Pfingsten können wir uns an allem freuen, was Auferstehung in unser Leben transportiert: frisches Grün, wärmende Sonnenstrahlen, neue Lebenskraft, lichte Tage, glückliche Momente, herzerfrischendes Lachen und – Unvollkommenheit.
Unvollkommenheit? Jesus Christus scheiterte am Kreuz und ist doch auferstanden. Gott ist mit seiner Schöpfung noch nicht fertig und doch ist sie einzigartig wunderbar. Menschen mit Fehlern und Makeln gewinnen unsere Sympathie. Chaos und Kosmos brauchen einander. Jesus: „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.“ Das Unvollkommene hat ungeahnte Werte:
„Ein Tonkrug, der jeden Tag von seinem Herrn zum Brunnen getragen, mit Wasser befüllt und nach Hause gebracht wurde, hatte einen Sprung. So verlor er unterwegs schon Einiges an Wasser. Das stimmte ihn traurig. Die anderen Krüge machten sich über ihn lustig und stellten seinen Wert infrage. Eines Tages klagte er seinem Herrn sein Leid. Dieser bat ihn, beim nächsten Weg zum Brunnen auf den Wegesrand zu achten. Da staunte der fehlerhafte Krug nicht schlecht: Genau da, wo er infolge seines Sprunges Wasser verlor, war ein saftiges, grünes Band von Blumen, Gräsern und Kräutern, das Vögeln und anderen Tieren Nahrung gab. Ein grünes Band des Lebens, wo sich sonst weit und breit nur Dürre und vertrocknete Erde zeigte, gewachsen durch das Wasser, das sein Sprung freigab.“
Wer ist schon wirklich perfekt und vollkommen, obwohl der Mensch immer wieder danach strebt? Osterzeit, die Auferstehungsgeschichte Christi, Papst Franziskus und diese Erzählung machen mir Mut, unvollkommen sein zu dürfen, ja und gerade dadurch auf ungeahnte Weise fruchtbar sein zu können und womöglich zum Segen für andere zu werden, auch wenn ich‘s nicht wahrnehme, weil ich es nicht für wahr halten will. Durch Fehler lernen und wachsen wir gemeinsam, es entsteht Neues und die Welt entwickelt sich weiter, so Gott will, zum Guten für viele!
Ich wünsche Ihnen, dass Sie Wasserspuren der Unvollkommenheit, ein grünes Band des Lebens hinterlassen. Ich wünsche Ihnen, dass Sie den Blick dafür schärfen, auch im Unvollkommenen Wertvolles, Gutes, Glückliches, Gelingendes zu sehen – für sich selbst und andere – und sich dann entspannt zurücklehnen.

Pfarrer Wilfried Ranft, Krankenhausseelsorger EvK und Klinik Blankenstein

Autor:

Roland Römer aus Hattingen

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