Christian Ose aus Wuppertal im Kunststern 2013

„Embrace“ übersetzt „Umarmung“
5Bilder

Die Jury hat für den Marler Kunststern drei Arbeiten von Christian Ose ausgewählt. Allen eingereichten Bilder ist eins gemeinsam, das Spiel mit der Wahrnehmung von „Realität“ Bei der Betrachtung von Fotos fällt die Diskrepanz schon auf : Man glaubt, wenn man eine reale Situation aufgenommen hat, der Betrachter das auch genau so erkennen muss. Tatsächlich aber wird der dazugehörige Kontext, das Gefühl, nicht abgebildet. So bleibt viel Interpretationsspielraum beim Betrachter.

Begleitender Text kann den Bildinhalt vollkommen verändern. Genau so ist das mit Requisiten im Bild, Hintergrund und Szene. Der Wahrheitsgehalt der Bilder ist demzufolge fragwürdig. Das reizt den Künstler bei seiner Malerei. Deshalb sind die Bilder Fotorealistisch gemalt. Er habe jeweils nur wenige Dinge im Bild manipuliert, ausgehend von der Fotovorlage, die es natürlich immer gibt, so der Künstler.
Yelling on Vinebridge übersetzt „ Schreiend auf der Hängebrücke“ Vine ist eine Schlingpflanze, aus der in Japan Hängebrücken großer Spannweite gebaut wurden. Das gemalte Bild hat eine im Vorfeld geplante Komposition: 1. Bild der Brücke 2. Bild der Frau ( Diese stammt aus einer gänzlich anderen Situation) Beide Motive hat er am Computer zusammengeführt und dann malerisch umgesetzt. Wir sehen, eine Frau in Alltagskleidung mit extremer Grimasse befindet sie sich offenbar auf einer abenteuerlichen Brücke in einiger Höhe über einem Wildwasserfluss. Die gezeigte Situation ist grotesk. Person und Umfeld passen nicht zusammen. Pose, Geste und Blick haben appellativen Charakter und beziehen den Betrachter mit in die Situation ein. Die Deutungsebene eins , schwindelnde Höhe, Angst vor Absturz sind eine Mutprobe der sich Menschen immer wieder stellen um eine Grenze zu überschreiten. In diesem Fall ist es auch die Grenze von einem zum anderen Ufer (Hier gibt es sogar einen Grenzposten mit Zollhäuschen). Die Deutungsebene zwei, die Frau zeigt auf sich selbst. „Seht her, das ist mein Gefühl das ich habe“. Es ist ein Widerstreit - der sich auch auf den Betrachter überträgt. Die Deutungsebene drei, diese Grenzerfahrung kennt jeder; Lachen oder Weinen - die Grenze ist fließend. Die Grimassen sind fast die selben. Das Erkennen des Unterschiedes ist nur im Kontext möglich. Dieses Kippmoment übergibt er dem Betrachter und ermöglicht ihm eine Wahrnehmungsgrenzerfahrung. Seine Motivation, er wollte die Zweideutigkeit der Grimasse aufzeigen. Nur der Hintergrund lässt die Frau angsterfüllt aussehen. Das Vorbild zeigt, wie sie sich „totlacht“. Das er selbst die Grenzerfahrung auf dieser Brücke hatte und diese auch bei anderen Menschen beobachten konnte, hat ihm das Motiv aussuchen lassen.
„Am Abgrund“ Das gemalte Bild hat eine im Vorfeld geplante Komposition, Bild der Frau und die Großstadtansicht von oben ist konstruiert. Beide Motive hat er am Computer zusammengeführt und dann malerisch umgesetzt. Wir sehen : Eine viel zu schlanke Frau liegt geschminkt und in Fotopose auf einem Flachdach in großer Höhe über einer nächtlichen Großstadtszene. Ihre Beine ragen über die Dachkante hinaus. Die Person kommt uns bekannt vor. Ihre Bilder gingen durch ein Werbefoto des Fotografen Oliviero Toscani um die Welt. Es zeigt die inzwischen an Magersucht verstorbene Isabelle Caro.
Die gezeigte Situation ist beängstigend unwirklich. Pose und Körperhaltung passen nicht zum Handlungsort. Der nach seitwärts gerichtete Blick führt über den Abgrund und aus dem Bild heraus.
Die Deutungsebene eins, Magersucht ist ein Leiden auf Leben und Tod. Die Grenzerfahrung ist allgegenwärtig. Der Person sind die Auswirkungen der Anorexie erschreckend krass anzusehen. Die Deutungsebene zwei Höhenangst , die Person posiert am Abgrund und spielt mit dem Risiko herunterzufallen. Die Deutungsebene drei , die Grenzerfahrung für den Betrachter besteht darin sich der Faszination nicht entziehen zu können. Es sind die Abgründe in uns. Die Motivation als er zum ersten Mal die Bilder von Toscani Oliviero gesehen hatte, war er total schockiert und er ist der Sache nachgegangen. Die Brisanz des Themas , daß ja auch unsere Zeit in der wir leben wiederspiegelt , hat ihn ebenso fasziniert wie die Frage, was Menschen dazu bringt sich an den Rand des Todes zu hungern. In kurzer Zeit hatte er eine große Anzahl von Bildern gesammelt, bis er den Kontakt zu Isabelle Caro aufnahm, die ihm schließlich das Foto zur Verfügung stellte, das dieser Malerei zugrunde liegt. Daß sie sich selbstverliebt immer wieder inszenierte und mit Schminke und Kostüm bis hin zu tätowierten Sommersprossen immer wieder fotografieren ließ, zeigt die Diskrepanz des Schönheitsideals der heutigen Zeit.
„Embrace“ übersetzt „Umarmung“ Das gemalte Bild hat eine im Vorfeld geplante Komposition, das Bild der Frau und zweitens die Utensilien. Beide Motive hat er am Computer zusammengeführt und dann malerisch umgesetzt. Wir sehen , eine asiatische Frau wird von einem schwarzen Mann umarmt und gedrückt. Sie scheint in totaler Verzückung den Moment mit geschlossenen Augen zu geniessen. In Ihren Händen hält sie ein Bündel Geld, eine Visitenkarte und ein Mobiltelefon, in der anderen eine modische Brille, und sie trägt wertvollen Perlenschmuck. Die gezeigt Situation wirft Fragen auf. Es gibt mehrere Deutungsansätze, die er bewußt offen gelassen hat.. Die Deutungsebene eins, Grenzerfahrung und Käuflichkeit. Die Deutungsebene zwei zeigt Vorurteile. Die Deutungsebene drei Grenzerfahrung Peinlichkeit /Intimität ist seine Motivation. Die Vielfältigkeit der Ausdrucksformen des menschlichen Gesichtes faszinieren ihn immer wieder. Dies, und die Möglichkeit Geschichten aufzuzeigen, die den Betrachter anregen seine eine eigene Deutung zu finden, hat er durch die Kombination mit Gegenständen im Bild, die Hinweise auf eine Deutung liefern könnten, reizten ihm . Aber auch das ist trügerisch. Die Realität entsteht im Kopf des Betrachters, der an die eigenen Grenzen, eingefahrene Sichtweisen und Vorurteile stößt. Die Jury hat diese Bilder ausgesucht.
Mit diesem drei Werken stellt er sich dem Thema in der jurierten Ausstellung " Grenzerfahrung" im Kunststern2013. Die diesjährige Jury bestand aus Bence Fritzsche - Verleger des Kunstmagazins Atelier, Dr. Elisabeth Kessler Slotta - Kunsthistorikerin in Bochum und Georg Elben - Museums-direktor Glaskasten in Marl. Der MARLER KUNSTSTERN 2013, eine der größten Ausstellungen der freien Kunstszene im Ruhrgebiet findet in diesem Jahr vom 9. - 30.11.2013 statt. Die Künstlergemeinschaft „Kunst im Stern“ ist der Veranstalter. Veranstaltungsort ist das Einkaufszentrum MARLER STERN, Bergstrasse 228 in 45786 Marl, das für die Dauer der Ausstellung in "MARLER KUNSTSTERN" umbenannt wird.
Öffnungszeiten:
Mittwoch, Donnerstag, Freitag von 14 Uhr bis 18 Uhr und an den Samstagen von 10 Uhr bis 18 Uhr.

Vita Christian Ose, Künstler Designer Fotograf

1958 geboren in Stuttgart aufgewachsen in Hagen lebt und arbeitet in Wuppertal
Ausbildung
1975 - 77 F.O.S. Gestaltung Wuppertal
1979 - 85 GHS Wuppertal Fachbereich Design Wuppertal
Studium Industrial Design bei den Professoren Reif, Klose und Hölscher
Kunst und Malerei bei den Professoren M.Badura, Bazon Brock
1985 Diplom Industrial Designer
1985 / 1987 Studium Physik und Holografie bei Professor Paul Universität GHS Wuppertal

Gemeinschaftsausstellungen

1983 „9 x Malerei“
Von der Heydt Museum/Haus der Jugend Wuppertal
1984 Anerkennung „Staff-Preis Design und Licht Lemgo
1985 „Experiment : Holografie als Kunst“ Köln, Bonn, München
1986 1.Preis im internationalen Designwettbewerb
„Erkundungen“ für Design einer Holografiekamera Stuttgart /Germany
1986 Jahresschau
Von der Heydt Museum/Haus der Jugend Wuppertal
1987 „Festival Jet“ internationale Ausstellung Straßburg / Frankreich
für Holografie and neue visuelle Medien
1988 „Kunst der dritten Dimension“ Neckarwerke Fellbach
1989 „Holografie in der Bundesrepublik“ Bad Rothenfelde
1992 „artware“
Grenzgänge zwischen Kunst und Medien Westfalenhalle Dortmund
2006 „Umbrien“ Landschaftsa quarelle Galerie Wittenstein Wuppertal
2007 „Neue Gesichter“ Galerie Wittenstein Wuppertal
2007 „Gesichter, Masken und Grimassen“ Weinquelle Hornig Wuppertal
2009 „KUBUS“ Dia-Installation offenes Atelier WOGA 2009
2010 „6 Richtige“ Galerie Hexagone Aachen
2010 Landschaftsfotos und Gesichter offenes Atelier WOGA 2010
2011 Dialog zwischen Zeichnung und Fotografie offenes Atelier WOGA 2011
2013 Diptichon Raumgestaltung Honsbergprojekt „Großartig“

Einzelausstellungen

1987 expressions of light (Hologramme) Galerie Lichtblicke Frankfurt
1988 collection of holograms Galerie „das Hologramm“
Frankfurt /Germany
2006 “zwischen Sumpfblüte und Krone” Galerie Wittenstein Wuppertal
Zeichnungen von Gesichtern und Menschen
2007 Landschaften, Menschen u.a. offenes Atelier WOGA 2007
2008 „Asia-Wochen“ Galerie Blickfang, Wuppertal
2008 „ab-sichtlich“ Kornelius-Galerie, Aachen
2008 Portraits, Menschen u.a. offenes Atelier WOGA 2008
2010 „Innenwelt – Aussenwelt“ Backstubengalerie Wuppertal
2012 „Die Atmosphäre der Speisen“ offenes Atelier WOGA 2012
2013 „Neue Malerei“ Galerie „Die alte Fleischerei“

Autor:

Siegfried Schönfeld aus Marl

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