Leben im Schatten: Plan B Ruhr betreut 180 Flüchtlinge im Containerdorf am Holland-Turm

Das Team von Plan B Ruhr kümmert sich sowohl um die Bewohner der  Flüchtlingsunterkunft an der Emil-Weitz-Straße als auch um die Bewohner der Wohnhäuser an der Park- und Voedestraße.
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  • Das Team von Plan B Ruhr kümmert sich sowohl um die Bewohner der Flüchtlingsunterkunft an der Emil-Weitz-Straße als auch um die Bewohner der Wohnhäuser an der Park- und Voedestraße.
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„Es sind nicht mehr die klassischen Fluchtländer wie Syrien“, sagt Kai Bothe, Sozialarbeiter bei Plan B Ruhr. Der Bochumer Verein ist anerkannter Träger der Kinder- und Jugendhilfe und betreut seit Dezember 2017 die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete an der Emil-Weitz-Straße sowie vier Wohnhäuser an der Voede- und Parkstraße. Vor allem aus Rumänien, Bangladesch, Serbien, Afghanistan und dem Irak stammen die Menschen, die hier leben und auf eine Zukunft in Deutschland hoffen.

Gut 180 Flüchtlinge bewohnen zurzeit das Containerdorf im Schatten des Holland-Turms, das seit September 2016 besteht. Die meisten von ihnen sind alleinreisende Männer, aber auch 14 Familien mit insgesamt 34 Kindern sind darunter. Maximal 268 Menschen können hier leben, aufgeteilt auf Container für jeweils bis zu vier Personen. Einen Schlafraum, einen Koch-, Ess- und Wohnbereich sowie einen WC- und Duschraum umfasst jeder Container, der 30 Quadratmeter groß ist. Aufgereiht in langen Reihen stehen sie auf dem ehemaligen Zechengelände: 66 Wohncontainer, dazu Container mit Sozialräumen, Büro und Waschräumen.
Als „kleinen Mikrokosmos“ bezeichnet Bothe das Camp, nicht zuletzt wegen der Sprachbarrieren seiner Bewohner. „Dadurch können sie nicht am Leben teilnehmen.“ Dabei vermitteln die Mitarbeiter von Plan B Sprachkurse, „aber es ist nicht allen Bewohnern vergönnt, einen Integrationskurs zu besuchen“, so Bothe. Das hängt vom Aufenthaltsstatus der Geflüchteten ab. Für die, die keinen Anspruch auf einen Integrationskurs haben, bieten Ehrenamtliche Sprachkurse an. Für dessen Besuch gibt es jedoch kein Zertifikat, „aber von vielen Arbeitgebern ist das B1-Niveau als Voraussetzung erwünscht“, erläutert Gülseren Celebi, Geschäftsführerin von Plan B.
„Viele wollen gern arbeiten“, weiß auch Susan Celebi von der Heimverwaltung an der Emil-Weitz-Straße. Doch neben dem Sprachnachweis gibt es ein weiteres Problem. „Wenn die Menschen einen Antrag bei der Ausländerbehörde stellen, dauert die Genehmigung oft so lange, dass die Stelle weg ist. Das ist frustrierend“, wünscht sich Susan Celebi eine schnellere Bearbeitung der Anträge.

Strickkurs und Krisenintervention

Neben der Hilfe bei der Jobsuche unterstützen die Mitarbeiter von Plan B die Flüchtlinge unter anderem in Asylangelegenheiten, bei Fragen rund um Kita und Schule, Finanzproblemen und der Wohnungssuche. Daneben organisieren sie Angebote wie Strick- und Häkelkurs, Kleiderkammer, Hausaufgabenbetreuung, Bastelgruppe und Kinderkino. Auch Krisenintervention gehört zu ihren Aufgaben. „Bei der engen Belegung in den Containern kommt es schon mal zu Problemen“, so Kai Bothe. „Dann vermitteln wir.“
Ein Bewohner, der seit dem vergangenen Sommer mit seiner Familie in der Flüchtlingsunterkunft wohnt, ist Barakat Kanan aus dem Irak. Die Familie hat einen Aufenthaltstitel, „aber für acht Personen eine Wohnung zu finden, ist sehr schwierig“, so Susan Celebi. Nichtsdestotrotz ist Barakat Kanan zufrieden, in dem Containerdorf zu wohnen. „Das Wichtigste ist, in Frieden zu leben und keine Angst vor Tod und Krieg haben zu müssen“, sagt er. „Wir sind dankbar für die Hilfe.“
Angst, wenn auch nicht vor Gewalt, ist so manchen Bewohnern der Unterkunft am Holland-Turm trotzdem nicht unbekannt. Denn wer etwa aus EU-Staaten wie Rumänien oder Serbien stammt, dem droht die Abschiebung. „Manche leben schon seit mehr als 20 Jahren mit Duldung in Deutschland“, erklärt Kai Bothe. Diese Kettenduldung bedeute Unsicherheit für die Familien, so dass man sich von Politik und Gesetzgebung Klarheit wünsche. Zudem behindere die Unklarheit die Integration, ergänzt Gülseren Celebi. „Man nimmt den hier geborenen Kindern die Chance auf Partizipation, auf schulische und berufliche Bildung.“
Ein weiterer Wunsch von Plan B richtet sich an die Wattenscheider Bevölkerung. „Mehr Offenheit“ gegenüber den Bewohnern des Containerdorfes erhofft sich Susan Celebi von den Spaziergängern auf dem ehemaligen Zechengelände. Außerdem hat die Heimverwalterin die Erfahrung gemacht, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung „immer unsere Bewohner sind, wenn etwas passiert“. Egal ob es um Müll oder Diebstahl gehe.

Sommerfest

Um das Kennenlernen zwischen Anwohnern und Geflüchteten zu erleichtern, lädt die Flüchtlingsunterkunft an der Emil-Weitz-Straße am 13. Juli von 15 bis 19 Uhr zu einem Sommerfest ein. Dann wird es ein kulturelles und kulinarisches Angebot geben.

Das Team von Plan B Ruhr kümmert sich sowohl um die Bewohner der  Flüchtlingsunterkunft an der Emil-Weitz-Straße als auch um die Bewohner der Wohnhäuser an der Park- und Voedestraße.
Die Flüchtlingsunterkunft an der Emil-Weitz-Straße steht im Schatten des Holland-Turms.
Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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