Jungvögel am Boden sind nicht in Not

Junger Waldkauz - unbedingt sitzen lassen | Foto: Peter Malzbender
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Zurzeit tschirpt und piept es in Nistkästen, Hecken und Gebüschen besonders laut. Der fast flügge Vogelnachwuchs bettelt vehement um Futter. Der NABU-Kreisverband Wesel appelliert deshalb an die Bevölkerung, vermeintlich hilflose Vogelkinder auf jeden Fall in der freien Natur zu belassen. „Nur ganz selten handelt es sich bei gefundenen Jungvögeln am Boden um verlassene, verletzte oder geschwächte Tiere, die Hilfe benötigen“, erklärt Peter Malzbender, Vorstand und Ornithologe der NABU-Kreisgruppe Wesel.

„Einige Vogelarten – beispielsweise Amseln oder Kohlmeisen – verlassen die
drangvolle Enge des Nestes bereits, bevor sie fliegen können“, so Malzbender weiter. Wer etwas Geduld aufbringe und die unbeholfenen Jungvögel beobachte, könne meist feststellen, dass sie weiterhin von ihren Eltern betreut und gefüttert werden. Damit sie nicht verloren gingen, ließen die Jungvögel fast unablässig so genannte 'Standortlaute' hören. In diesem Stadium fielen sie deshalb nicht selten natürlichen Feinden zum Opfer.
Bei Gefahr an vielbefahrenen Straßen, sollte man eingreifen, die Jungtiere wegtragen und an einem geschützten Ort, aber nicht zu weit vom Fundort entfernt, wieder absetzen. Noch nackte Jungvögel sollten möglichst vorsichtig ins Nest zurückgesetzt werden. „Vögel stören sich im Gegensatz zu manchen Säugetieren nicht am menschlichen Geruch. Jungvögel werden daher auch nach dem Umsetzen wieder von den Alttieren angenommen und versorgt“, so der NABU-Vogelexperte. Auch junge Greifvögel und Eulen durchliefen ein so genanntes 'Ästlingsstadium', in dem sie noch im Dunenkleid im Geäst umherturnten. Auch sie würden im Normalfall von ihren Eltern betreut.

Ein ernstzunehmender Faktor, der partiell zu einem Rückgang von Vogelpopulationen im menschlichen Siedlungsbereich führen kann, sind Katzen. Tatsächlich ist die Hauskatze in vielen Siedlungen der häufigste Beutegreifer. Obwohl sie zu Hause gut gefüttert werden, erbeuten sie Kleinsäuger, Vögel, Reptilien und andere Kleintiere. "Zur Zeit sind warnende Altvögel und ausgeflogene Jungvögel zu Beobachten. Daher möchten wir alle Katzenbesitzer dringend darum bitten, ihren Stubentiger während dieser Zeit nicht nach draußen zu lassen", so Malzbender.
Doch was kann man tun, wenn ein Jungvogel tatsächlich verletzt, krank oder verlassen ist? „Wer keine Erfahrung mit der Aufzucht solcher Findelkinder hat, sollte das unbedingt Fachleuten überlassen“, empfiehlt Malzbender. Um eine artgerechte Aufzucht zu gewährleisten sollten solche Jungvögel nach Möglichkeit in eine anerkannte Auffangstation oder Vogelpflegestation gebracht werden. Diese könnten bei der NABU-Kreisgruppe Wesel, Zoologischen Gärten oder auch bei Tierärzten oder Tierschutzvereinen erfragt werden. Bedenken sollte man auch: Vogelkinder, die mit nach Hause genommen werden – sofern diese tatsächlich hilfsbedürftig sind erlaubt das Bundesnaturschutzgesetz dies vorübergehend – haben selbst bei fachgerechter Pflege deutlich schlechtere Überlebenschancen als in der Natur. Die elterliche Fürsorge in der Naturaufzucht kann niemals ersetzt werden, so dass die Handaufzucht immer nur die zweitbeste Lösung ist. Die beste Hilfe für vermeintliche Waisenkinder im Garten ist immer noch eine naturnahe
Bepflanzung mit Hecken, Büschen und Sträuchern, die Unterschlupf bieten und
Grundlage für ein reiches Nahrungsangebot sind.

Autor:

Uwe Heinrich aus Wesel

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