Jugendliche müssen lernen, "HALT" zu sagen

Professor Dr. Michael Paulussen, Michaela Koffler, Petra Radtke und Anja Gröschell unterstützen Kinder, Jugendliche und Eltern mit dem Projekt: "HALT - Hart am Limit".
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  • hochgeladen von Petra Pospiech

Sturzbetrunken, völlig orientierungslos und im lebensbedrohlichen Zustand landete die 14-jährige Janine am Wochenende in der Vestischen Kinderklinik Datteln. Ein Einzelfall? Keineswegs, allein in der Vestischen Kinderklinik werden jährlich 40 Kinder und Jugendliche mit dem Verdacht auf Alkoholvergiftung eingeliefert. Tendenz steigend.

Bundesweit waren es im Jahr 2009 fast 26.500 Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 20 Jahren, die mit akuter Alkoholintoxikation in Krankenhäuser eingeliefert wurden. Im Jahr 2000 betrug die Anzahl noch 9.514 - das bedeutet eine Steigerung von 178 Prozent.
Nicht immer ist es, wie im Fall Janine, das erste Mal. „Die 14-Jährige und ihre Eltern waren total geschockt“, berichtet Professor Dr. Michael Paulussen. „Nie wieder wolle sie auch nur einen einzigen Tropfen Alkohol zu sich nehmen. Nie wieder wolle sie auf eine Fete gehen“, beteuerte die Schülerin nach dem Aufwachen aus dem Koma. Der ärztliche Direktor und Chefarzt der Pädiatrie (Kinderkrankheiten) weiß aus Erfahrung: „Nach solch einem schockierendem Ereignis ist es der richtige Zeitpunkt, Präventionsarbeit zu leisten, bei Kindern ebenso wie bei ihren Eltern.“
Oftmals verblasst dieser Eindruck wieder sehr schnell. Der nächste Alkoholmissbrauch ist vorprogrammiert. Deshalb hat sich die Vestische Kinderklinik entschlossen, ab sofort mit der Drogenberatung in Recklinghausen und der Suchthilfe Direkt in Essen eng zusammenzuarbeiten. Aus Sorge um die Zukunft der Kinder und Jugendlichen ist es dazu notwendig, die ärztliche Schweigepflicht außer Kraft zu setzen, die Drogenberatungsstelle und die Suchthilfe umgehend zu benachrichtigen.
„Gerade, wenn Jugendliche nach einem Alkoholexzess im Bett der Kinderstation, mit fremder Kleidung, und noch dazu mit einer Pampas für Erwachsene aufwachen, wird ihnen die Situation und die Hilflosigkeit, in die sie sich durch das Trinken gebracht haben, so richtig bewusst“, weiß Dr. Tanja Brüning, Ärztin in der Kinderklinik, aus Erfahrung.
„Besonders nach diesem Schockerlebnis ist es wichtig, mit einem Beratungsgespräch anzudocken“, unterstreicht Diplom Sozialarbeiterin Petra Radke von der Essener Suchthilfe. Sie bietet zusammen mit ihrer Kollegin Michael Koffler einen Risiko-Check für alle, die im Umgang mit Alkohol an ihre Grenzen gekommen sind. Der Risiko-Check „HALT - Hart am Limit“ ist ein eineinhalbtägiges Gruppenangebot und soll demnächst einmal monatlich stattfinden. Neben Infos und Austausch mit anderen Jugendlichen zum Thema Alkohol, erleben hier Kinder und Jugendliche bei erlebnispädagogischen Aktionen einen Kick der anderen Art. Sie lernen zum Beispiel bei risikoreichen Kletteraktionen oder beim Tauchen „HALT“ zu sagen, bis hier hin und nicht weiter. Dabei erleben sie hautnah, dass es nicht peinlich ist Nein zu sagen, sondern wichtig, eigene Grenzen zu erkennen und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
Zusätzlich lädt die Drogenberatung Recklinghausen in Zusammenarbeit mit der Suchthilfe Essen zu Elternabenden unter dem Motto „Ich geb mir die Kante!“ und informiert über den Umgang mit riskantem Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen.
„Der Alkoholkonsum der eigenen Kinder bereitet vielen Eltern Sorge. Häufig sind sie verunsichert, wie sie diesen bewerten und damit umgehen sollen“, weiß Anja Gröschell, Diplom-Sozialpädagogin der DROB-Drogenhilfe Recklinghausen und Ostvest. Besonders in der Pubertät ist es natürlich, dass Jugendliche ihre Grenzen austesten. Je weiter diese gesteckt sind, desto weiter lehnen sie sich darüber hinaus. Besonders in der Clique fällt es vielen schwer, Nein zu sagen. Dabei kann es leicht passieren, dass der Wochenendrausch in der Klinik endet.“

Infos zum Elternabend und zum riskanten Alkoholkonsum bei Jugendlichen erteilt: DROB Drogenhilfe RE und Ostvest e.V., Kaiserwall 34, 45657 Recklinghausen, Telefon: Anja Gröschell 02361/36022, beratung@drob-re.de
Infos zum Risiko-Check HaLT –Hart am Limit erteilet die
Suchthilfe Essen gGmbH, Alfredstraße 51, 45310 Essen, Telefon:
Michaela Koffler 0201/874297-16 koffler@suchthilfe-direkt.de und Petra Radtke 0201/85617-11 radtke@suchthilfe-direkt.de

Autor:

Petra Pospiech aus Recklinghausen

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