Mit finnischer Gelassenheit: Komödienspezialist Christian Brey bringt Aki Kaurismäkis „Der Mann ohne Vergangenheit“ auf die Bühne des Schauspielhauses – am Samstag ist Premiere

Christian Brey siedelt die Handlung von "Der Mann ohne Vergangenheit" auf einem Schiff an. | Foto: Küster
  • Christian Brey siedelt die Handlung von "Der Mann ohne Vergangenheit" auf einem Schiff an.
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Christian Brey arbeitet in seiner neuen Inszenierung für das Schauspielhaus, „Der Mann ohne Vergangenheit“ nach dem Film von Aki Kaurismäki, mit demselben Team wie schon bei der hinreißenden Boulevardkomödie „Weekend im Paradies“. Dennoch gibt es zwischen den Stücken erhebliche Unterschiede.

„Es gibt in Kaurismäkis Drehbuch detaillierte Beschreibungen der Atmosphäre, aber kaum Dialoge. Würden wir das im selben Tempo spielen wie 'Weekend im Paradies“, schmunzelt Dramaturgin Annelie Mattheis, „wären wir nach zehn Minuten fertig.“ - Regisseur Christian Brey nennt das, was Kaurismäkis Kunst ausmacht, „finnische Gelassenheit“.
Die Geschichte: M (Michael Kamp) kann sich als Folge eines Überfalls an nichts mehr erinnern – weder an seinen Namen noch an seine Herkunft oder seinen Beruf. Er findet Menschen, die ihn vorbehaltlos aufnehmen. M, der sich nicht auf seinen sozialen Status, der ihm ja abhandengekommen ist, berufen kann, erfährt Liebe und Solidarität. Ihm stellt sich die Frage, welches Leben er fortan führen möchte.

Die Handlung wurde auf ein Schiff verlegt

„Während der Film in einer Containersiedlung spielt, siedeln wir die Handlung auf einem Schiff an, das im Hafen von Helsinki feststeckt. Diese Veränderung haben wir vorgenommen, weil es uns nicht so sehr um das Thema Armut geht“, sagt der Regisseur. Für Bühne und Kostüme zeichnet Anette Hachmann verantwortlich, die wie Annelie Mattheis schon bei der Produktion „Weekend im Paradies“ dabei war. „Das ganze Leben“, sagt die Bühnenbildnerin, „spielt sich auf dem Schiff ab. Auch das Arbeitsamt ist dort angesiedelt.“
Der Vierte im Bunde, der ebenfalls schon an „Weekend im Paradies“ beteiligt war, ist der Musikalische Leiter, Tobias Cosler. Auch in Kaurismäkis Film spielt Musik eine entscheidende Rolle. Regisseur Christian Brey weist jedoch auf wichtige Unterschiede hin: „Im Film gibt es die Band der Heilsarmee und es dominieren Rock'n'Roll und Blues. Wir haben auf Klassik und Pop zurückgegriffen – wir fragen uns immer, was passen könnte. Es geht auch darum, was die Schauspieler gern singen.“

Kristina Peters spielt gleich sechs Rollen

Neben Michael Kamp stehen Juliane Fisch, Benjamin Grüter, Ronny Miersch, Kira Primke und Bernd Rademacher auf der Bühne. „Im Film“, erinnert Dramaturgin Mattheis, „gibt es 70 Personen. Das mussten wir deutlich verdichten. Allerdings spielt Kristina Peters gleich sechs Rollen.“ - Auch ein Hund gehört zum Ensemble: Trouble übernimmt die Rolle des Hundes Hannibal. Mattheis verrät: „Michael Kamp und Ronny Miersch verstehen sich sehr gut mit dem Hund.“ Regisseur Brey räumt jedoch ein: „Ein Hund auf der Bühne ist immer ein Risiko, auch wenn er natürlich trainiert ist.“

Die Musiker stehen mit auf der Bühne

„Auch die Musiker stehen mit auf der Bühne. Die Idee der Heilsarmeeband habe ich durchaus aufgegriffen“, gibt Tobias Cosler Einblick. - Überhaupt sei die Inszenierung sicherlich etwas für Kaurismäki-Fans, zeigt sich Brey überzeugt. „Immer vorausgesetzt“, schränkt er ein, „sie erwarten keine Eins-zu-eins-Umsetzung des Films auf der Bühne. Das, was für Kaurismäki typisch ist – Melancholie, Stille, skurrile Figuren –, gibt es auch bei uns. 'Der Mann ohne Vergangenheit' ist eine stille, aber effektive Geschichte.“ - Annelie Mattheis ergänzt: „Das Märchenhafte des Films haben wir sogar noch verstärkt. Außerdem haben wir die Handlung noch weiter entschleunigt.“ Für Christian Brey ist dies eine Funktion der in das Stück eingestreuten Songs: „Das Ganze lässt sich am ehesten als Schauspiel mit Musik bezeichnen, auch wenn das etwas altmodisch klingt.“
Schauspielerin Kira Primke kennen Brey-Fans schon aus seiner Inszenierung des Monty-Python-Musicals „Spamalot“. „Wir wissen schon aus 'Spamalot', wie gut sie singt“, freut sich Mattheis. Der Humor ist in „Der Mann ohne Vergangenheit allerdings ein ganz anderer als in „Spamalot“. „Ich liebe Kaurismäkis Filme“, erzählt Christian Brey. „'Der Mann ohne Vergangenheit“, ordnet Annelie Mattheis ein, „ist Kaurismäkis buntester Film.“

Infos zur Premiere
Seine Premiere erlebt „Der Mann ohne Vergangenheit“ am Samstag, 21. Oktober, um 19.30 Uhr im Schauspielhaus, Königsallee 15. Es gibt noch Restkarten.
Bei der anschließenden Premierenfeier wird ein finnisches Akkordeonkonzert geboten.
Von 18 bis 23 Uhr steht am Premierentag auf dem Theatervorplatz kostenlos eine Finnische Sauna bereit. Ein Handtuch ist mitzubringen.

Autor:

Nathalie Memmer aus Bochum

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