Panikrocker sorgte für Turbulenzen

Leo Bauer hat in seinem Archiv die Konzertplakate aus den 1970er Jahren aufbewahrt. Nicht nur Lindenberg holte er nach Bochum, auch dessen WG-Mitbewohner Otto Waalkes, die legendären "Insterburg und Co." oder Liedermacher Franz-Josef Degenhardt.
  • Leo Bauer hat in seinem Archiv die Konzertplakate aus den 1970er Jahren aufbewahrt. Nicht nur Lindenberg holte er nach Bochum, auch dessen WG-Mitbewohner Otto Waalkes, die legendären "Insterburg und Co." oder Liedermacher Franz-Josef Degenhardt.
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Leo Bauer holte Udo Lindenberg 1974 zu seinen ersten großen Auftritten nach Bochum

Als der Bochumer Gastronom und Bermudadreieck-Wegbereiter Leo Bauer jetzt am Vorabend des Udo-Lindenberg-Konzertes in Gelsenkirchen Zeuge der Generalprobe für das Geburtstagskonzert des "Panik-Rockers" in der Schalker Arena wurde, da wurden Erinnerungen wach an die Anfangstage der Karriere des Sängers. Denn seine ersten großen Konzerte absolvierte Udo auf der Bühne der Ruhrlandhalle. Dorthin geholt hatte ihn niemand anderes als Leo Bauer selbst - und bewies damit nicht nur ein gutes musikalisches, sondern auch das richtige kaufmännische Händchen. "Die Musik gefiel mir und ich war mir sicher, dass er die Halle voll machen würde", erinnert sich Leo Bauer.
Das tat Udo Lindenberg mit seinem Panikorchester tatsächlich - und das gleich mehrfach: Am 4. November 1974 spielte er dort das Auftakt-Konzert zu seiner allerersten Deutschland-Tour "Ball Pompös" - um gleich im Jahr darauf, am 2. März, für ein "Wiederholungskonzert" zurückzukehren. "Als die Karten so gut liefen, haben wir das Zusatzkonzert direkt vereinbart. Schon beim ersten Konzert in der Ruhrlandhalle konnten wir daher die Plakate dafür aufhängen", berichtet Leo Bauer. Die Ruhrlandhalle war übrigens bestuhlt und beide Konzerte mit rund 3.500 Zuschauern ausverkauft: "Das war zu diesem Zeitpunkt Udo Lindenbergs größter Erfolg."

Eintritt kostete 8 DM

In seinem Archiv hat Bauer noch die alten Plakate von damals: "8 DM Einheitspreis" ist darauf zu lesen - eine Summe, die heutigen Konzertgängern die Tränen in die Augen treiben dürfte. "Aber damals kostete wahrscheinlich auch ein Bier nur 40 Pfennig", schmunzelt Bauer.
Und anders als heute, da der inzwischen 70-jährige Lindenberg längst seinen Platz in der Mitte des musikalischen Mainstreams gefunden hat, war in den 1970ern ein Lindenberg-Konzert tatsächlich noch eine politische Veranstaltung: "Eine so genannte 'Knastgruppe', Unterstützer der damals inhaftierten RAF-Terroristen, die sich im Hungerstreik befanden, wollten während des Konzertes eine Erklärung verlesen. Es gab eine Pause, damit sie ihre Erklärung verlesen konnten - doch die Linken wollten die Bühne nicht mehr räumen." Udo Lindenberg aber meinte, dass die Zuschauer gekommen waren, um Musik zu hören, erzählt Bauer weiter von der turbulenten Veranstaltung 1974, "und die mit ihm angereisten Rocker von den 'Hot Wheels' fanden das auch". Diese Rocker aus Lindenbergs Dunstkreis hatten sich Zugang zur Ruhrlandhalle verschafft und sich die Plätze in der ersten Reihe vor der Bühne gesichert. Es kam zu Tumulten, die Situation drohte zu eskalieren, Rocker legten sich mit den Ordnern an. "Aber letztlich ist alles gut gelaufen", schmunzelt Bauer rückblickend.
So gut hat es Lindenberg damals offenbar in Bochum gefallen, dass er die Premiere seiner zweiten Tour "Galaxo Gang" im Jahr darauf gleich in der Ruhrlandhalle feierte. Am 4. März 1976 war das - und die dazugehörige LP wurde passenderweise mit einem Riesen-Event nebenan im Planetarium präsentiert. "Da gab es Hostessen, die im Raumschiff-Orion-Look Drinks servierten", lacht Bauer.
Er selbst hatte bereits 1963 zusammen mit Freunden und Gleichgesinnten den "Club Libertas" am Nordring gegründet, eine Art selbstverwaltetes Kulturzentrum, betrieben als Verein. Dort fanden die ersten selbstorganisierten Konzerte statt. 1973 lud er einen gewissen Otto Waalkes ein - der Club erwies sich dafür als zu klein. Leo Bauer und seine Mitstreiter mieteten dafür erstmals die Ruhrlandhalle an: 4.000 Zuschauer kamen am 25. Oktober 1973, um den Blödelbarden zu sehen - und einen guten Monat später, am 28. November, noch einmal. "Das waren die ersten Veranstaltungen mit populärer Musik in der Ruhrlandhalle überhaupt." Inzwischen ist die Ruhrlandhalle längst Geschichte - die Erinnerung an die legendären Konzerte dort aber lebt weiter.

Autor:

Petra Vesper aus Bochum

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