Stadt Dortmund: Finanzausschuss gibt keine Empfehlung für Kirchentag

0,3 Prozent der jährlichen Einnahmen der Evangelischen Kirche Deutschlands würden ausreichen, um den Kirchentag ohne Subventionen der verschuldeten Stadt Dortmund auszurichten. Auf dem Foto ist die Reinoldikirche in Dortmund zu sehen. | Foto: Matrixplay in der Wikipedia auf Deutsch Later version(s) were uploaded by Andreasdz in der Wikipedia auf Deutsch.
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  • 0,3 Prozent der jährlichen Einnahmen der Evangelischen Kirche Deutschlands würden ausreichen, um den Kirchentag ohne Subventionen der verschuldeten Stadt Dortmund auszurichten. Auf dem Foto ist die Reinoldikirche in Dortmund zu sehen.
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Die Evangelische Kirche fordert für ihren einwöchigen Kirchentag im Jahre 2019 von der Stadt Dortmund 2,7 Millionen Euro Subventionen. Zwei Tage vor der Sitzung des Finanzausschuss, der am letzten Donnerstag im Rathaus tagte, erhielten die Ausschussmitglieder endlich die Information über die tatsächliche Höhe der zusätzlich von der Kirche geforderten Sachleistungen. Diese liegen bei rund 720.000 Euro.

Während die CDU, an die angeblichen wirtschaftlichen Vorteile für die Stadt glaubend und auf einen wie auch immer definierten Imagegewinn hoffend, schon vor Monaten Zustimmung signalisierte ohne die genauen Zahlen zu kennen, wägen SPD und Grüne Ratsmitglieder immer noch den finanziellen Nutzen gegen die immensen Kosten ab.

Klar positioniert hatte sich bereits die Fraktion DIE LINKE und Piraten im Dortmunder Rat. Da die Seite der Subventionsbefürworter manchmal den Anschein erwecken wolle, Linke und Piraten seien grundsätzlich gegen einen Kirchentag, bat deren finanzpolitischer Sprecher Carsten Klink (DIE LINKE) darum, "kein falsches Zeugnis wider seinen Nächsten zu geben." Man sei nicht grundsätzlich gegen einen Kirchentag, sondern habe verfassungsrechtliche sowie finanzielle Bedenken.

Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass die gesellschaftliche Stellung der evangelischen Kirche heute viel kleiner sei als früher und die evangelischen Christen nur noch die drittgrößte Bevölkerungsgruppe nach der der katholischen Christen sei. Die größte Gruppe ist inzwischen die der religionsfreien und konfessionslosen Menschen in Deutschland.

Des Weiteren gäbe es auch zahlreiche Menschen, die zum Beispiel wegen des Missbrauchsskandals aus der evangelischen Kirche ausgetreten sind. Diese Menschen wollen, dass weder ihre privaten Steuern noch Teile des allgemeinen Steueraufkommens an die Kirche fließen. "Auch diese Menschen haben ein Recht gehört zu werden.", so Klink.

Verfassungsrechtliche Bedenken

Da die stets klamme Stadt Dortmund nicht allen Religionsgemeinschaften und religionsfreien Gruppen ihre Feste mit zig Millionen Euro fördern könne, werde Artikel 3 des Grundgesetz verletzt. Dort heißt es, dass "keiner wegen seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf." Angesichts dieser verfassungsrechtlichen Bedenken warnte Klink auch vor möglichen Verfassungsklagen gerade aus Reihen der von der evangelischen Kirche enttäuschten Menschen. Einen Kirchentag unter einem solchen Vorbehalt könne sich doch keiner wünschen.

Katastrophale wirtschaftliche Lage der Stadt Dortmund

Als nächstes skizzierte das Ratsmitglied Carsten Klink die katastrophale wirtschaftliche Lage der Stadt Dortmund: Drohende Millionenverluste beim RWE-Kraftwerk Gekko, eine mögliche Schieflage bei DSW21, der Kämmerer wurde am Sitzungstag in der Lokalpresse damit zitiert, dass ihm 35 Millionen fehlen würden. Angesichts dieser Lage sei ein Zuschuss nicht möglich. Auch erinnerte Klink an eine Studie der Universität Bremen, die davon ausgeht, dass während des dortigen Kirchentages 2009 der Innenstadteinzelhandel 40 Prozent Umsatzeinbußen hatte. Hier würden wieder Kosten auf die Stadt Dortmund zukommen, da dieser Umsatzeinbruch die Gewerbesteuereinnahmen schmälern wird. Dass sich 20 Prozent der Kirchentagsbesucher laut der selben Studie vorstellen können, mal wieder nach Bremen zu kommen, konterte Klink mit dem Hinweis auf die Umfragewerte der FDP. Angeblich können sich auch 18 Prozent der Menschen vorstellen FDP zu wählen, die wahren Zahlen seien ja bekannt. Abschließend wurden SPD und CDU noch an das von ihnen beschlossene 60 Millionen Euro Kürzungsprogramm erinnert. Wer so leichtfertig die Stadt mit fast 3,5 Millionen Euro belaste, habe jede Glaubwürdigkeit bei der Haushaltssanierung verloren.

0,3 Prozent der jährlichen Kircheneinnahmen würden reichen

Nicht geklärt werden konnte trotz Anwesenheit des Geschäftsführer des Deutschen Evangelischen Kirchentages, dem ehemaligen Siemens-Manager Dr. Jörg Kopecz, warum die Evangelische Kirche, die im Jahr 2015 Einnahmen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro durch die Kirchensteuer sowie durch eigene wirtschaftliche Aktivitäten erzielte, nicht bereit ist, davon 0,3 Prozent für ihren eigenen Kirchentag aufzubringen.

Kirche nicht kompromissbereit

Die Kirchenseite sei in keiner Weise kompromissbereit. Entweder die Stadt zahlt oder der Kirchentag findet nicht statt, sei die Position der Kirche. Selbst ein Entgegenkommen bei den Sachleistungen sei für die Kirche nicht akzeptabel. Die Katholische Kirche war jüngst in Münster flexibler. Dort reichen kommunale Sachleistungen der Bischofsstadt und der Kirchentag findet trotzdem statt.

Erstaunt zeigten sich Linke und Piraten im Dortmunder Finanzausschuss auch angesichts des Umstandes, dass die meisten von der Stadtverwaltung erst wenige Tage vor der Ausschusssitzung zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht von der Stadtverwaltung erstellt wurden, sondern mehrheitlich vom Kirchentagsträgerverein, der ja die Subventionen begehrt.

Nun soll der Rat am kommenden Donnerstag eine endgültige Entscheidung treffen, obwohl zahlreiche Ratsfraktionen der Meinung sind, dass bei weitem nicht alle bereits vor Monaten an die Stadtverwaltung gestellte Fragen bezüglich des Kirchentages von dieser auch ausreichend beantwortet wurden.

Einen lesenswerten Kommentar von Lukas Meyer-Blankenburg (SWR Religion, Kirche und Gesellschaft) zur berechtigten Kritik an der Kirchentagsfinanzierung finden Sie hier:
http://www.swr.de/kirchentag/berechtigte-kritik-an-der-kirchentagsfinanzierung-kommentar-von-lukas-meyer-blankenburg-swr-religion-kirche-und-gesellschaft/-/id=15268800/did=15626186/nid=15268800/1ixo1mv/index.html

StuggiTV aus Stuttgart: Stadt zahlt Millionen für Kirchentag

0,3 Prozent der jährlichen Einnahmen der Evangelischen Kirche Deutschlands würden ausreichen, um den Kirchentag ohne Subventionen der verschuldeten Stadt Dortmund auszurichten. Auf dem Foto ist die Reinoldikirche in Dortmund zu sehen. | Foto: Matrixplay in der Wikipedia auf Deutsch Later version(s) were uploaded by Andreasdz in der Wikipedia auf Deutsch.
Der Himmel über der Bürger*innenhalle des Rathauses zu Dortmund.
Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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