Gut gepflegt ist halb kuriert. Pflegemuseum pflegt beziehungsreiche Geschichte der Krankenpflege

Kein Neujahrsbrauch: an dunklen Wintertagen waren Bestrahlungen mit künstlichen Höhensonnen beliebt. Die UV-Stahlen sollten die körpereigene Produktion von Vitamin D gegen Rachitis fördern. Die Aufnahme entstammt der Ausstellung und zeigt Kinder in Berlin im Jahr 1931.
  • Kein Neujahrsbrauch: an dunklen Wintertagen waren Bestrahlungen mit künstlichen Höhensonnen beliebt. Die UV-Stahlen sollten die körpereigene Produktion von Vitamin D gegen Rachitis fördern. Die Aufnahme entstammt der Ausstellung und zeigt Kinder in Berlin im Jahr 1931.
  • hochgeladen von Dr. Michaela de Groot

Bundesweit einzigartig rückt das Düsseldorfer Pflegemuseum der Fliedner-Kulturstiftung seit gut drei Jahren die Geschichte der Pflege ins Rampenlicht. Auch die anspruchsvolle Präsentationsform aus Medienmix und weiterführendem Material ist neuartig, weiß Museumsleiter Dr. Norbert Friedrich. Pflegewissenschaft ist eine Sparte wie Medizin, Pharmazie oder Psychologie. Heutige Pflegerinnen und Pleger können akademische Abschlüsse erwerben: in Deutschland ein Novum.

Steinig war der Weg dahin. Als der evangelische Pfarrer Theodor Fliedner 1836 in Kaiserswerth die Diakonissenanstalt gründete, war es schon ein Fortschritt, dass hilfsbereits Frauen eine Ausbildung erhielten, um in den Hospitälern Kranke auf Zeit gesund zu pflegen. Zuvor hatten Armenhäuser oft auch Mittel- und Obdachlose aufgenommen. Die technologische Entwicklung im 19. Jahrhundert in Zusammenhang mit Bevölkerungswachstum und neuen Lebensstilen forderte mehr von den Schwestern: modernes medizinisches Grundwissen. Der Umgang mit Messgeräten für die Vitalwerte, später auch Röntgengeräte und moderne Medikamentenverabreichnung (z.B. Spritzen) musste geschult werden. Schwestern dokumentierten und achteten auf Hygiene, die neue Standards erfährt. Fliedner selbst schwörte auf die Errungenschaften der naturwissenschaftlich geprägten Medizin, überstand er doch Pocken, Lungenentzündung und Typhus.
Christliche, patriotische, monarchische und missionarische Motive lenkten den strengen Gründer, der seine politischen Netzwerke geschickt zu nutzen wusste.

Mit der Krankenpflegebewegung entwickelten sich auch Krankenhäuser von unspezifischen Einrichtungen hin zu Fachkrankenhäusern. Parallel sorgten sozialpolitische Strömungen für Versorgungsstandards, welche aus dem Krankenkassensystem für einzelne Gruppen Ende des 19. Jh. ein Solidaritätssystem für die Masse im Laufe des 20. Jh. entstehen ließen. Gesundheitsökonomie im globalisierten 21. Jh. durchläuft Versorgungsstrukturen, die nicht für alle beteiligten Gruppen vorteilhaft sind.

Auch, wenn die Schwesternhaube mittlerweile im Museum gelandet ist: heute gibt es immer noch mehr Pflegerinnen als Pfleger. Gemessen an nicht zuletzt hohen psychosozialen Anforderungen ist der mittelmäßig bezahlte Job für viele nicht so attraktiv. Migrationsbewegungen (Südosteuropa, in der Zukunft auch China und Indien) helfen, den Bedarf in Krankenhäusern und Altersheimen zu decken.

Durch die Koppelung an christliche und humanistische Traditionen ist der Pflegeberuf aufgeladen mit einem hohen Berufsethos. Menschen kooperieren, damit das Überleben in Gruppen gewährleistet ist. Heutzutage ist Kommunikationslehre unverzichtbarer Bestandteil der Pflegeausbildung.

Das, was pflegebedürftig ist, hängt auch von gesellschaftlichen Konventionen ab: beispielsweise in der Psychiatrie werden aktuell Krankheitsbilder behandelt, die im 19. Jh. nicht bekannt waren. Patientenkreise können ausgeweitet werden. Krankenhauspflege ist ein zeitgeschichtlicher Spiegel. So heißt es in der Krankenhausordnung der Diakonissenanstalt Anfang des 19. Jh.: "Der Kranke hat dem Arzt, den Schwestern und den Wärtern pünktlich und ohne Widerspruch zu gehorchen." Eine andere Regelung betrifft das Beschäftigungsverhalten der Patienten. Insbesondere Männern werden Karten- und Würfelspiele untersagt. "Die Anstalt sorgt für gute Bücher und andere geeignete Unterhaltung. Dagegen sind schlechte oder unpassende Bücher und anderer unnützer Zeitvertreib verboten". Heute dürfen sich die Pflegenden in Weiß Gedanken über die Gütekriterien für Patientenkultur machen. Klinikclowns leisten da einen wertvollen Beitag!

Erkunden Sie das Museum im historischen Ensemble des idyllischen Kaiserswerth, Zeppenheimer Weg 20, 40489 Düsseldorf! Geöffnet von 9.30-16.30 dienstags und mittwochs für 5 Euro Eintritt. Ab 06.01.2015 geht die neue Saison los!

Autor:

Dr. Michaela de Groot aus Bottrop

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