Einschränkungen für Rollstuhlfahrer

Die Stadt Duisburg bietet derzeit einen Fahrdienst für Rollstuhlfahrer an.

Heimbewohner erhalten ab dem 1. Januar 2011 keinen Zuschuß für die Nutzung des Fahrdienstes mehr. Der Eigenanteil wird für Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung auf 15 % bzw. für alle anderen Nutzer auf 24 % der Fahrkosten erhöht. Das jährliche Fahrdienstbudget wird auf 500 € abgesenkt.

Dieser Maßnahmenkatalog ist das Ergebnis des Haushaltssicherungskonzepts, das der Rat im März 2010 beschlossen hat. "Wir reden hier über freiwillige Leistungen, die gesetzlich nicht vorgeschrieben sind. Rechtlich ist nichts gegen die Sparmaßnahmen einzuwenden, wie uns das Rechtsamt bestätigt. Die meisten Rollstuhlfahrer geben nur so viel Geld aus, wie sie im Budget haben," berichtet Herr Olejnik von der Stadtverwaltung.

Wie sieht die gegenwärtige Praxis aus?

Das städtische Amt für Soziales und Wohnen erteilt auf Anfrage die Berechtigung zur Nutzung des Fahrdienstes für mobilitätseingeschränkte Menschen (Rollstuhlnutzer) innerhalb des Duisburger Stadtgebietes jeweils zum nächsten Monatsersten.
Die Fahrten werden im Rollstuhl sitzend mittels geeigneter Spezialfahrzeuge durchgeführt. Die Fahrten sollen der Teilhabe am öffentlichen Leben dienen.

Jedem berechtigten Rollstuhlnutzer wird ein finanzielles Budget in Höhe von 2.000 € pro Kalenderjahr zur Durchführung der Fahrten zur Verfügung gestellt. Der Eigenanteil des Fahrgastes beträgt 10 % (bzw. 5 % bei Beziehern von Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung) des jeweiligen Fahrpreises. Dieser Eigenanteil ist direkt an den Fahrdienstanbieter zu zahlen. Die restlichen 90 % bzw. 95 % der Kosten übernimmt die Stadt Duisburg. Über das Budget hinaus gehende Kosten sind vom Fahrgast zu 100 % zu tragen.

Folgende Fahrdienstanbieter haben gegenüber der Stadt Duisburg ihre Eignung
zur Durchführung der Fahrten nachgewiesen und sind abrechnungsberechtigt:
Arbeiter-Samariter-Bund (0208) 41 24 87-0
Dammers, Krankentransporte (0203) 70 98 98
(0172) 8 18 87 00
Fahrdienst Duisburg (0203) 34 88 955.

In Duisburg wohnende Rollstuhlnutzer sind teilnahmeberechtigt (inkl. Bewohner von Alten- und Wohnheimen für behinderte Menschen). Als Berechtigungsnachweis zur Teilnahme muss der Fahrgast den Fahrdiensten die Berechtigungserklärung des Amtes für Soziales und Wohnen auf Verlangen vorzeigen.

Die Nutzung des Fahrdienstes insgesamt zeigt über die Jahre hinweg eine nahezugleichbleibende Inanspruchnahme bezogen auf Fahrten pro Nutzer auf. Der Durchschnittswert liegt bei 22 Fahrten pro Nutzer. 59 % der Fahrten im Jahr 2009 wurden von Frauen durchgeführt. Die Anzahl der Fahrten insgesamt stieg jedoch bezogen auf das Jahr 2004 (8 Monate) um 220 % im Jahr 2009.

Der Anteil der Heimbewohner an den durchgeführten Fahrten weist eben Der Anteil der HeimbewohnerInnen an den durchgeführten Fahrten weist ebenfalls eine Steigungsrate auf. Sie ist jedoch mit einem Anstieg von 8 % deutlich schwächer als die Steigerungsrate im Bereich der Nutzer.

Die weitaus überwiegende Zahl der Nutzer (70 %) nimmt das Budget bis zur Höhe von 500 € für durchschnittlich 0,6 Fahrten im Monat in Anspruch. Maximal wären 1,8 Fahrten pro Monat bei 10 % Eigenanteil und 25 € pro Fahrt möglich.

Die erhebliche Steigerung der Fahrtenanzahl geht auf einen Anstieg der Nutzer um 257 % gegenüber dem Jahr 2004 zurück. Im Jahr 2009 lag der Anteil der Frauen bei 65 %. Da – auch bundesweit – keine
Erhebungen zur Gesamtzahl der Rollstuhlnutzer vorliegen, kann somit auch keine Wertung dieses Anteils vorgenommen werden.

"Diese hinsichtlich der Mobilität von rollstuhlnutzenden Menschen an sich positive Entwicklung bedeutet für den städtischen Haushalt eine erhebliche finanzielle Belastung mit „ungebremster Aufwärtsbewegung“. Die Steigerungsrate gegenüber dem Jahr 2004 beträgt für das Jahr 2009 216 %. Anders ausgedrückt, hat sich der Finanzaufwand von 2004 zu 2009 auf das rd. 3,2-fache erhöht.

Zz. sind rollstuhlnutzende Heimbewohner noch berechtigt, am Fahrdienst teilzunehmen. Der Rahmenvertrag gemäß § 75 Abs. 1, SGB XI zur Kurzzeitpflege und vollstationären Pflege in NRW sieht vor, dass es Aufgabe der Einrichtung ist, Außenkontakte der Heimbewohner zu unterstützen. Hierzu ist im Rahmenvertrag ergänzend ausgeführt: „Durch Leistungen der sozialen Betreuung soll die Pflegeeinrichtung für die Pflegebedürftigen einen Lebensraum gestalten, der ihnen die Führung eines selbständigen und selbstbestimmten Lebens ermöglicht sowie zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft innerhalb und außerhalb beiträgt.“ Rollstuhlnutzende Heimbewohner sind davon nicht ausgenommen.
Ganz ähnlich ist auch die Situation in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Hier stehen laut Aussage des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) in der Regel mit öffentlichen Mitteln geförderte Fahrzeuge mit entsprechender Ausstattung
zur Verfügung. Dem Grunde nach soll also nach dem obigen Rahmenvertrag das Mobilitätsbedürfnis von rollstuhlnutzenden Heimbewohnern über die Wohn- bzw. Pflegeeinrichtung abgedeckt werden – auch wenn hieraus sicher kein individueller Anspruch gegenüber der Einrichtung abgeleitet werden kann, zu einem bestimmten Fahrziel transportiert zu werden. Das mittlerweile Pflegeeinrichtungen zur Organisation beispielsweise von Bewohnerausflügen das städtische Fahrdienstangebot nutzen, hatte der Gesundheits- und Sozialausschuss bei seiner Entscheidung im
Jahre 2001, HeimbewohnerInnen in den Berechtigtenkreis aufzunehmen, sicher nicht im Auge.
Der Ausschluss der rollstuhlnutzenden HeimbewohnerInnen von der Bezuschussung zu den Fahrdienstkosten würde - bezogen auf die Werte des Jahres 2009 - eine Entlastung des städtischen Haushaltes um 26 % (gleich 82.586 €) bedeuten.

Nach den derzeit noch geltenden Fahrdienstrichtlinien ist von den NutzerInnen ein Eigenanteil von 5 % (BezieherInnen von Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung) bzw. 10 % (alle anderen) aufzubringen. Damit liegt die Eigenbeteiligung deutlich unter dem Satz der Krankenkassen für Fahrten zum Arzt. Die Krankenkassen belasten die Versicherten mit einem Eigenanteil pro Fahrt in Höhe von mindestens 5 und maximal 10 €. Eine daran angelehnte aber abgemilderte Angleichung an die Tarife der Krankenkassen wür-
de durch eine Erhöhung des Eigenanteils auf 15 % bzw. 25 % hergestellt.

Mehr als zwei Drittel (70 %) der Fahrdienstnutzer nehmen das ihnen bislang eingeräumte Jahresbudget von 2.000 € lediglich bis zu einem Betrag von 500 € in Anspruch. 30 % der Nutzer – in 2009 waren dies rund 200 Personen – haben eine teilweise deutlich höhere Inanspruchnahmequote. Auch wenn für diese Menschen eine Budgetabsenkung auf 500 € schmerzhaft sein dürfte, sieht die Verwaltung wegen der desolaten Haushaltslage hierzu keine Alternative. Mit einem Budget von 500 € ließen sich bei einem durchschnittlichen Fahrpreis von 25 € und einem erhöhten Eigenanteil von 15 % bzw. 25 % immerhin 23,5 bzw. 26,5 Fahrten pro Jahr durchführen. Mehr Fahrten also als bisher im Durchschnitt pro Jahr von allen Fahrdienstnutzern gemacht werden," berichtet die Stadtverwaltung.

"Das Thema ist brisant. Die Holzhammermethode ist klar zu erkennen," berichtet Dieter Lieske, sozialdemokratischer Vorsitzender des Beirates. Es wird eine interfraktionelle Arbeitsgruppe geben, die Alternativen suchen soll. Die Kritik des Beirates war zu groß, als daß man der Vorlage zugestimmt hätte. Selbst das Wort "asozial" fiel.

Autor:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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