Streaming der Ratssitzung schließt jeden vierten Interessierten aus

Am Mittwoch, dem 30.01., wird der öffentliche Teil der Ratssitzung zum ersten Mal im Internet übertragen. Der Rat versucht dabei, dem technologischen Fortschritt und veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bürger Rechnung zu tragen und ermöglicht so erstmals die Teilhabe am ratspolitischen Geschehen potentiell auch von Zuhause, dem Arbeitsplatz oder gar von unterwegs.

So zumindest in der Theorie. In der Praxis wird für den dreimonatigen Test teilweise Technik (Flash) verwendet, die sogar vom Hersteller für diesen Zweck schon als Auslaufmodell klassifiziert wurde – und für die es vom selben Hersteller bereits Ersatzprodukte gibt [1]. Aus welchen Gründen die Verwaltung der Stadt Essen nun eine Technik beauftragt, die so alt ist, dass immer beliebter werdende Mobilgeräte wie iPhones, iPads oder neuere Android-Geräte die Übertragung via Flash nicht nutzen können, ist nach Ansicht der Essener Piraten kurzsichtig und zeugt von einem fehlenden Technikverständnis. Immerhin nutzen fast ein Viertel aller Besucher von essen.de Geräte, auf denen Flash nicht unterstützt wird. Mobile Endgeräte haben mittlerweile einen Gesamtmarktanteil von 10% [2].

Die Wahl der Flash-Technologie ist umso unverständlicher, weil viele Städte damit begonnen haben, die massiven Papierberge der Ratsarbeit durch mobile Endgeräte wie dem iPad abzulösen. Vielleicht wird die Stadt Essen folgen; für verhinderte Ratsmitglieder dann aber ohne Ratsstreaming. Und auch die O-Ton-Gewinnung für Funk und Fernsehen wird mit Flash massiv erschwert.

Wenn die Wahl dieser Technik bzw. Vorgehens das Ziel hatte, die Bürgerinnen und Bürger Essens am politischen Geschehen teilhaben zu lassen, dann hat man das Ziel verfehlt. Vielleicht war aber auch das Ziel einfach nur einen Haken am Punkt “Transparenz” machen zu können oder gar die potentiellen Zuschauerinnen und Zuschauer abzuschrecken und so das Vorhaben nach dreimonatigem Test mangels Zuschauerzahlen einstellen zu können. Nicht zuletzt der erste Verwaltungsvorschlag für die Realisierung lässt so etwas vermuten.

Die Piraten Essen fordern neben einer zeitgemäßen Technologie einen zeitversetzten Abruf der Aufzeichnungen, um die Verzögerung zwischen Ratssitzung und Niederschrift zu überbrücken. Das Protokoll der Ratssitzung vom 12.12.2012 ist beispielsweise bis heute nicht für Interessierte auf essen.de abrufbar.
Bleibt zu hoffen, dass spätestens der Rat den Irrweg der Verwaltung stoppt und Nachbesserungen einfordert. Nicht zuletzt aus o. g. Gründen fordert die Piratenpartei NRW den Einsatz von offenen Formaten und Produkten im öffentlichen Dienst.

[1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Adobe-stellt-mobiles-Flash-Plugin-ein-1375503.html
[2] http://frische-fische.de/de/presseservice/pr/1600/

Autor:

Tim Marius Kowalewski aus Essen-Süd

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