Schalke ist ein geiler Club, da wollen viele hin: Das große Wichteln des Felix Magath vor dem Derby

Da war ich ganz baff. Wir hatten Gäste eingeladen und beinahe hätte ich vergessen, dass Henk im Moment seine »rote Phase« durchmacht. Nein, Bier würde er nicht mehr anrühren, hatte er mir am Telefon berichtet, viel zu primitiv in der Herstellung, er würde jetzt lieber einen schönen Rotwein bevorzugen. »Aber gut durchlüften lassen«, hatte er noch gerufen, bevor wir auflegten.

Also durchforstete ich unsere Schränke, durchleuchtete unsere Kellerräume und war schon recht bald sicher, einen »Dekanter«, den mir Henk ans Herz gelegt hatte, gab es bei uns nicht. Nun war guter Rat teuer, dachte ich, doch meine Frau überraschte mich.

Sie hielt mir ein Gefäß vor die Nase, das man nur sehr schlecht beschreiben kann. Irgendjemand hatte jedenfalls einmal die verrückte Idee entwickelt, dass sich Karaffe und Giraffe irgendwie schon ein bisschen ähnlich anhören und darum ein Behältnis auf den Markt gebracht, dessen Form dem langhalsigen Säugetier nachempfunden war. Wie gesagt, ein außerordentlich bemerkenswerter Einfall und kurzum: potthässlich, das Teil.

Erstaunt drehte ich die Karaffe vor mir in der Luft und kratzte mich am Kopf. Ich wusste ja gar nicht, sagte ich zu meiner Frau, dass dieses seltsame Ding überlebt habe. Vor Jahren hatte ich es beim Schrottwichteln ‚gewonnen’ und bei der Heimkehr direkt in die Mülltonne geworfen. Offensichtlich war es daraus recht schnell gerettet worden. Siehst du, sagte meine geliebte Tierschützerin, gut, dass ich es aufgehoben habe, jetzt können wir es wunderbar gebrauchen.

Gestern schloss sich für einige Monate mal wieder das Transferfenster der Bundesliga. Komischerweise musste ich da an Henk, seine »rote Phase« und das seltsame Wichtelgeschenk denken. Wer den Sack für Felix Magath gepackt hat, weiß ich nicht. Aber offensichtlich verspricht sich der Schalke-Trainer einiges von seinen Fundstücken.

Vor dem Derby am Wochenende gegen die schwarz-gelbe Borussia aus Dortmund haben die Königsblauen knapp vierzig Spieler in ihrem Kader versammelt. Man kann es humorvoll sehen, wie der Blogger Torsten Wieland (»Schalke ist ein geiler Club, da wollen viele hin«), oder einfach nur noch die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Vor fast genau einem Jahr schoss ein gewisser Ivan Rakitic Schalke mit seinem Tor zum Derbysieg. Vor ein paar Tagen hat der Kroate den Verein Richtung Spanien verlassen.

Ein anderer Blogger schrieb: »Ich war gerade für zehn Minuten auf dem Klo. Kann einer kurz zusammenfassen, was bei Schalke in der Zeit passiert ist?« Grandios. Und Cartoonist Oli Hilbring fügte noch hinzu, dass das Einzige, was bei den Königsblauen im Moment wirklich funktioniert, die Kooperation mit dem Jobcenter Gelsenkirchen ist.

Spielernamen wird sich ein Schalker im Moment jedenfalls nicht mehr merken können. Wie auch? Umso wehmütiger fällt da ein Blick zurück aus. Am letzten Spieltag der Saison 1976/77 schlug man Borussia Dortmund zuhause mit 4:2. Nur ein Punkt fehlte am Ende und man wäre deutscher Meister geworden. Bei der Suche nach einem schönen Gefäß für Henks Rotwein entdeckte ich eine Ausgabe des »Kicker Sportmagazins« von damals. Die Spieler der Mannschaft, die im Derby Dortmund schlugen, kenne ich noch alle. Jeden einzelnen von ihnen.

Am Montag griff Felix Magath in seinen Sack und verkaufte in letzter Minute einen gewissen Besart Ibraimi. Der gute Mann ist mazedonischer Nationalspieler. Vor genau einem Jahr war er zu den Königsblauen gewechselt. Ich gebe offen zu, ich habe den Namen nie zuvor in meinem Leben im Zusammenhang mit Schalke gehört!

Die Mannschaft des Jahres 1977 zur Erinnerung: Enver Maric, Jürgen Sobieray, Klaus Fichtel , Rolf Rüssmann, Helmut Kremers, Herbert Lütkebohmert, Ulrich Bittcher, Hannes Bongartz, Rüdiger Abramczik, Klaus Fischer, Erwin Kremers

Das Foto ist von Gerrit Starczewski!

Autor:

Ben Redelings aus Bochum

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