Ein Wort, ein Satz, eine Geschichte – eine Welt

Der Sänger und Liederschreiber „Fährmann“ alias Alexander Bärike erzählte mit seinen Songs Geschichten im Stil von Reinhard Mey und doch ganz als er selbst. | Foto: Kurt Gritzan
  • Der Sänger und Liederschreiber „Fährmann“ alias Alexander Bärike erzählte mit seinen Songs Geschichten im Stil von Reinhard Mey und doch ganz als er selbst.
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Der Gelsenkirchener Erzählfrühling begann mit einem unterhaltsamen Gemisch aus Musik und Geschichten

Mehr Aufregung und mehr Risiko wünschte sich André Wülfing zu Beginn des Erzählfrühlings – etwas Bewährtes auf andere Art. Das gelang den Akteuren am vergangenen Samstag bestens, zeigten sie doch, dass Geschichtenerzählen mehr ist als Geschichten erzählen.

Als André Wülfing sein Publikum in gefühlten zwanzig Sprachen begrüßte, von denen man nur die gängigen erkannte und sich bei den anderen fragte, ob es Lautmalerei oder tatsächlich die Sprache war, bekam der Zuhörer eine Ahnung, wie weltumspannend und verbindend Geschichten sind.
Der Text- und Klangabend begann mit versonnen Gedanken des Dortmunder Sängers „Fährmann“ über den Strom der Zeit, der uns alle mitreißt, von dem wir uns mitreißen lassen: „Irgendwie stehe ich am Hafen und warte auf den Zug.“
Einen anderen Rhythmus schlug Christofer (mit F) Rott an, dessen Leidenschaft für Wortspiele und schangelige Orte ihn Latein und Geschichte studieren ließen, sodass er heute sein Geld als Lehrer verdient und nebenbei seine Liebe zu Sprache, Klang und Rhythmus als Poetry Slammer lebt. Und weil er als guter Pädagoge seine Schüler dort abholen will, wo sie stehen, macht er auch vor einem Gangsta-Rap nicht halt, um seinen Schülern auf Latein Mores zu lehren. Die erwachsenen Besucher in der gut besetzten Kellerbar des Consol Theaters waren sichtlich vergnügt.

Leise Töne, wenn's um Liebe geht

Leisere Töne – es ging ja um die Liebe, wie sie sein soll, wie sie ist und was sie heraufbeschwört – schlug die Slammerin Coo Pajaro an. Den Paukenschlag gab es aber im letzten Teil dieser Liebestrilogie, in der die Slammerin thematisierte, was jedem achten Mädchen und jedem zwölften Jungen unter dem Deckmantel der Liebe passiert. Vergewaltigung ist kein frühlingshaft leichtes Thema, aber derart künstlerisch auf das Tapet gebracht, rüttelt es gleichermaßen auf, ohne die Lust am Zuhören zu nehmen. André Wülfing und die Macher des Erzählfrühlings präsentierten eben ein unterschiedliches Programm mit unterschiedlicher Berührung.
Die Saxophon und Ukulele spielende Erzählkünstlerin und Musikerin Heike Siebert aus Gevelsberg nahm die Zuhörer mit in ihre Kindheit zur Zauberin-Großmutter in deren Küche, wo sich die Geschichte vom tiefgefrorenen Engel zutrug, der als Hühnchen gekauft aus der Tiefkühltruhe auf dem Küchentisch gelandet war. Begleitet wurde sie von Musiker Sven Vilhelmson, der ihre Geschichten am Contrbass untermalte.

Mal mehr Moderator als Erzähler

Consols Erzählprofi André Wülfing schlüpfte am Samstag fast ausschließlich in die Rolle des Moderators, der unterhaltsam und witzig, auch philosophisch, mit dem Publikum interagierte und mit ihm auf unterhaltsame Weise das Sprechen trainierte, den „ehrlichen Jäger“ , der ganz schnell zum „ährlichen Jeger“ wurde, im Sprachgepäck.
„Ein schöner Abend“, waren sich die Besucherinnen Ursula Junker und Renate Wojtkowiak, einig. Die beiden kennen als Zuhörerinnen auch die vergangenen vier Erzählfestivals. „Dieses mal war der Anfang anders, vielfältiger“, lobt Ursula Junker und freut sich schon auf das, was in diesem ErzählFrühling noch zu hören ist.

Autor:

Silvia Dammer aus Hagen

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