Im Herzen des Musiktheaters im Revier

Herburg Terveer-Miassojedor und Kerstin Turley arbeiten im künstlerischen Betriebsbüro des Musiktheaters im Revier - dem Herzen des Theaters. Foto: Gerd Kaemper
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Wer glaubt, was wichtig ist, findet in einem Theater auf der Bühne statt, der irrt gewaltig: Das Herzstück des Theaters sind zwei Büros mit Zwischentür: Das künstlerische Betriebsbüro (liebevoll KBB genannt).

Herburg Terveer-Miassojedov und Kerstin Turley halten dort die Organisationsfäden des Musiktheaters im Revier (MiR) fest in der Hand, sie machen sozusagen das Endergebnis, das das Publikum dann im Theater erlebt, möglich.
Aufgeteilt ist die Arbeit nachvollziehbar in: Jahresplan, Monatsplan, Wochenplan und Tagesplan. „Ab Wochenplan übernehme ich“, erklärt Kerstin Turley, sie ist gerade vom Theater Dortmund nach Gelsenkirchen gewechselt. „Um 14 Uhr wird der Tagesplan verschickt und daran müssen sich alle halten.“ Er umfasst Probentermine, Anproben, Maskenzeiten, aber auch der Interview-Termin mit den beiden KBB-Damen ist dort vermerkt. „Selbstverständlich“, schmunzeln sie. „Auch Pressekonferenzen werden eingearbeitet.“

Wenn die "Königin der Nacht" ausfällt...

Im Theaterbetrieb muss ein Rädchen ins nächste greifen, damit es dann zur perfekten Vorstellung kommt. „Das Schlimmste, was mir je passiert ist, war eine 'Königin der Nacht', die mich um 11.30 Uhr anrief und erklärte, dass ihr Flug gecancelt ist“, erinnert sich Kerstin Turley - ihre Rufbereitschaft ging übrigens bis 12 Uhr. „Danach sind die Telefondrähte heiß gelaufen, denn um 18 Uhr war Vorstellung und die 'Zauberflöte' geht nur mit Königin der Nacht.“ Doch das sind genau die Situationen, die den Beruf ausmachen. „Natürlich kennt man nach Jahren in dem Beruf viele Opernsänger, außerdem helfen in so einer Lage auch die Kollegen aus den umliegenden Theatern, um eine Vorstellung zu retten.“ Und natürlich wurde um 18 Uhr gespielt.
„Richtig schlimm wird es, wenn man für eine unbekannte, selten gespielte Oper einen Ersatz sucht“, verrät Herburg Terveer-Miassojedov. „Bei der 'Königin der Nacht' hat man ja Auswahl, so aber ruft man an und sagt, 'wir hätten da was Unbekanntes zu singen'... Heute um 19.30 Uhr“, schmunzelt sie. Aber auch da kenne man seine Pappenheimer, wisse, wer durchaus Lust auf solche Abenteuer habe. „Wir hatten auch schon, dass jemand von hinter der Bühne vom Blatt den Part singt und der auf der Bühne nur spricht.“
Und manchmal ergeben sich aus solchen Situationen, bei denen jemand einfach mal ins kalte Wasser springt, Folge-Engagements. „Klar, wenn man mal eine Stimme gehört hat, kann es sein, dass man sich später erinnert und bei neuen Produktionen darauf zurückkommt“, bestätigt Herburg Terveer-Miassojedov.

Spielplan-Erstellung als großes Puzzle

Sie ist involviert in die langfristige Planung. „Wir denken da mehr als ein Jahr weiter, die Spielplan-Erstellung ist wie ein großes Puzzle. Schließlich will man nicht drei italienische Opern hintereinander spielen, man muss darauf achten, dass nicht immer der gleiche Sänger die Hauptrolle spielen muss, herausfinden, wann Gäste Zeit haben. Es sind viele Details, aus denen dann der Plan entsteht.“ Natürlich trifft der Generalintendant die Entscheidungen über die Stücke, aber er weiß, dass seine KBB-Damen ganz viel Musikwissen haben. Und sie gehen tatsächlich noch selbst gern ins Theater! „Absolut, da kann ich ohne Probleme, die Berufsbrille absetzen und es einfach genießen“, sagt Kerstin Turley, die sich in der neuen Saison besonders auf das Musical „Jesus Christ Superstar“ (Premiere am 23. Dezember) freut. „Ich sehe nach wie vor gern was Neues, schaue aber auch mit Begeisterung wie sich Sänger weiterentwickeln“, erzählt Herburg Terveer-Miassojedov, die - MiR-Kenner haben es schon erkannt - mit einem Opernsänger verheiratet ist. „Man will auch informiert bleiben, um im Ernstfall entscheiden zu können, wer was kann.“ Ihr Highlight der Saison ist die Poulenc-Oper „Gespräche der Karmeliterinnen“ (Premiere am 27. Januar), auf deren Spielplan-Ansetzung sie schon ganz lange gehofft hat.

Die Lieblingsstücke der Saison

Die gebürtige Bochumerin Kerstin Turley, die während ihres Theaterwissenschafts-Studiums bereits mehrere Hospitanzen in Gelsenkirchen absolviert hat, freut sich jetzt darauf, sich so richtig ins Herzstück des MiR einarbeiten zu können. Mit der erfahrenen Kollegin an ihrer Seite wird das sicher ein Leichtes. Der Betrieb läuft gerade wieder an und sie weiß: „Ich bin die Feuerwehr.“ Bleibt ihr zu wünschen, dass sie während ihrer ersten MiR-Spielzeit nur ganz selten löschen muss, Theaterleute sagen: „Toi, toi, toi!“ 

Autor:

Silke Heidenblut aus Essen

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