Maegie Koreen besingt und erklärt Kunst im Exil

Judith Neuwald-Tasbach, Christoph Böll und Maegie Koreen freuen sich schon auf den 3. November in der Neuen Synagoge an der Georgstraße 2.Foto: Gerd Kaemper
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Die Gelsenkirchener Chansonsängerin Maegie Koreen kehrt am Donnerstag, 3. November, um 19 Uhr mit „Kleine Bühne im Exil“ zurück in die Neue Synagoge, in der sie schon häufig mit ihren Programmen zu Gast zu war.

In ihrem neuen Konzertprogramm widmet sich Maegie Koreen der Chansonkunst im Widerstand und im Exil in den Jahren 1930 bis 1945. Am Beispiel der Kleinkünstlerinnen Annemarie Hase aus Berlin und Stella Kadmon aus Wien bietet sie auf unterhaltsame Art einen historischen Diskurs in die Zeit des Nationalsozialismus.
In der Synagoge wird Maegie Koreen von der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, Judith Neuwald-Tasbach, sehr gern willkommen geheißen; „Ich freue mich, dass Maegie Koreen wieder einmal ein Programm hier vorstellt. Ganz besonders freue ich mich darüber, dass die Veranstaltung kurz vor dem 9. November, der sogenannten Reichspogromnacht, stattfindet. Denn es ist die Zeit, in der das Gedenken an die Schreckensherrschaft des Nationalsozialismus lebendig gehalten wird. Und dazu passt eine Hommage an Künstler, die in dieser Zeit leiden mussten, ganz besonders. Schön, dass es Menschen wie Maegie Koreen gibt, die diese Erinnerung wach halten.“

Die beiden Protagonistinnen

Annemarie Hase begann ihre Kabarettkarriere 1921 in Berlin. Sie trat auf verschiedenen Kleinkunstbühnen auf, spielte in Revuen und gehörte zuletzt zum Ensemble der „Katakombe“, einem politisch-literarischen Kabarett in Berlin, das 1935 von der Gestapo geschlossen wurde. Kurz darauf verließ Hase Deutschland und emigrierte nach England, wo sie ohne Papiere und Arbeitserlaubnis ankam. Sie erhielt später ein Engagement bei der BBC und kehrte 1947 nach Berlin zurück.
Aus Wien stammte Stella Kadmon, die Regisseurin und Schauspielerin war an verschiedenen Bühnen tätig bis sie 1931 mit „Der liebe Augustin“ ihre eigene Kleinkunstbühne eröffnete. Nach dem Anschluss Österreichs musste das Kabarett 1938 geschlossen werden. Die Jüdin Kadmon emigrierte über Belgrad und Griechenland nach Palästina. In Tel Aviv eröffnete sie das hebräischsprachige Kabarett „Papillion“ und kehrte 1947 nach Wien zurück, wo sie erneut den „Lieben Augustin“ übernahm.
„Die Geschichte der beiden Frauen ist heute tagesaktueller denn je. Umso erstaunlicher ist dabei, dass beide nach dem Ende der Schrecken wieder in ihre alte Heimat zurückgingen“, schildert Maegie Koreen.
Das Programm richtet sich ganz besonders an junge Leute, wobei sich die Sängerin im Klaren darüber ist, dass es nicht ganz einfach ist, die Jugend zu einem Besuch zu bewegen. „Wenn dieser erste Schritt aber erst einmal getan ist, dann ist oft auch das Interesse geweckt“, weiß die Chansonsängerin.
„Die Jugendlichen können sich heutzutage gar nicht mehr vorstellen, dass Menschen, die zur Gesellschaft und dem Leben dazu gehört haben, von einem auf den anderen Tag plötzlich verfolgt wurden. Dass sie, die als normal empfunden wurden, plötzlich entartet sein sollten. Die Schilderung des Schicksals dieser Frauen könnte den jungen Leuten helfen, die Geschehnisse dieser Zeit besser zu verstehen“, hofft Judith Neuwald-Tasbach.
Genau darum will Maegie Koreen nun auch wieder Chanson-Workshops anbieten, um auf diesem Weg den jungen Leuten die Erinnerung wachzuhalten und ihnen gleichzeitig eine Möglichkeit zu geben, die Bretter, die die Welt bedeuten zu betreten.

Am Ende soll das Konzert der Ausganngspunkt eines Filmes werden

Das Engagement der Gelsenkirchenerin geht in diesem Fall aber noch weiter. Denn sie hat Kontakt gefunden zu dem Filmemacher Christoph Böll, der das Konzert in der Synagoge als Einstieg zu einem Dokumentarfilm nutzen möchte.
„Ich wurde 1949 geboren und bin aufgewachsen in einer Zeit als man sicher war, dass es keinen Krieg und keine Völkerwanderung mehr geben wird. Die aktuelle Situation im Nahen Osten beweist uns das Gegenteil. In meiner derzeitigen Heimatstadt Sprockhövel, das ja nicht weit entfernt liegt, bin ich durch meinen Schwager mit der Flüchtlingsarbeit in Kontakt gekommen. Mein Schwager ist Musiker und veranstaltet Konzerte mit Flüchtlingen, die in Aleppo Musik studierten. Nun bin ich beeindruckt von dem Programm Maegie Koreens, denn der Alltag ist heute so schnelllebig, dass es umso schöner ist, wenn Geschichte in einer solchen Form aufbereitet wird“, schildert Böll.
In seinem Dokumentarfilm möchte er das Konzert als Basis-Info nehmen und es mit drei bis vier Kameras aufnehmen. In der Folge möchte er Schüler und Flüchtlinge zusammenbringen, damit die jungen Leute erfahren, was Flucht und Exil bedeuten.
Abgesehen vom Thema und als Ausgangspunkt dem Konzert, sieht Böll noch alles im Fluss: „Der Film muss wachsen. Ich möchte Schwingungen wahrnehmen und versuchen, sie in Bilder umzusetzen.“ Dabei hat der Filmemacher Erfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen. Etwa durch sein Horrorfilmprojekt „Fluch des Vergessens“, das er mit Jugendlichen aus Sprockhövel umsetzte.

Christoph Böll und Menschen im Exil

Ähnlich wie Maegie Koreen in ihrem Programm befasste sich auch Böll bereits mit den Themen und Exil. So drehte er den Film „Beruf: Einsamer Kämpfer gegen das Vergessen“, in dem es um den Literatur- und Kunstsammler Thomas B. Schumann geht, der versuchte, das literarische und bildkünstlerische Erbe deutscher Emigranten, die vor den Nazis fliehen mussten, vor dem Vergessen zu bewahren.
Zum anderen portraitierte er im Film „Milein Cosman“ die Düsseldorfer Jüdin und bildende Künstlerin, die nach London flüchtete und dort eine neue Heimat fand. Trotzdem kehrte sie ohne Angst wenige Jahre nach dem Ende des Nazi-Terrors zurück nach Deutschland, um das erste Kabinett der jungen Bundesrepublik Deutschland zu zeichnen.
Ihm wäre es auch ein Anliegen, die Kunst der Emigranten von damals mit der Kunst der heute aktuellen Flüchtlinge in eine Beziehung zu stellen. Und auch daran könnten Schüler anteil haben und Geschichte hautnah erleben.

Infos für Schulen und zu Karten

Interessierte Schulen erfahren mehr bei Maegie Koreen unter Telefon 202933, per Mail an info@chanson-cafe.de sowie auf chanson-cafe.de.
Beim Konzertabend mit historischen Erläuterungen wird Maegie Koreen am Klavier begleitet von Vlad Kalina. Karten für das Konzert am Donnerstag, 3. November, um 19 Uhr gibt es für 15 Euro unter Telefon 23774.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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