Meine Begegnung mit Max Uthoff

Ich mag keinen Personenkult, bin kein Selfie-Jäger. Ich mag nicht gerne Menschen ansprechen, die einen Bekanntheitsgrad erreicht haben und möchte nicht opportun wirken. Aber wenn mich die Arbeit und das Wesen eines Menschen berühren, dann möchte ich das auch mitteilen.

Nun hatte ich das Glück, Karten für die Veranstaltung von Max Uthoff zu erhalten. Schon bevor er mit dem Team „Die Anstalt“ im ZDF durch sehr gute Recherchen die Menschen besser informiert, als es die allgemeinen LeiDmedien tun, fiel er mir mit seiner individuellen Art, Informationen zynisch und auch mit Wortwitz zu präsentieren, positiv auf. Und diese Reise durch die aktuelle, völlig am Menschen vorbeigehende politische Landschaft, fand sich bei dieser Veranstaltung wieder. Es gibt wenige Menschen, die das Talent haben, Wahrheiten differenziert darzustellen, verschieden Seiten zu beleuchten und mit einer Pointe abzuschließen – auch wenn die Themen wirklich nicht zum Lachen sind. Hut ab für dieses Talent!

Vor der Veranstaltung schrieb ich mit einer lieben Facebookfreundin, dass wir Max Uthoff unbedingt mitteilen müssen, wieso er wichtig für uns und unser Engagement ist. Oft ist es zum Verzweifeln, dass man mit so viel Leidenschaft für eine Sache kämpft und das Gefühl hat, es interessiert keinen oder die Arbeit bewirkt nichts. Aber das stimmt nicht. Ich habe gelernt, dass man nicht unbedingt immer ein Feedback bekommt, die Menschen jedoch da sind, sich interessieren und die eine oder andere Idee tatsächlich in das Leben der anderen einfließt. Ab und zu erhalte ich dieses Feedback und das tut gut.

Also dachte ich, es ist wichtig, dass auch Max Uthoff weiß, es gibt nicht nur Selfie-Jäger, sondern auch Menschen, die seine Arbeit wertschätzen, weil….! Kein „wir schaffen das“ ohne Inhalt.

Erstaunlicherweise war die Gastronomie in unserer „Kaue“ nach der Veranstaltung fast leer. Ist es nicht schade, dass nach einem Zwei-Stunden-Programm die Menschen einfach auseinanderstreben und nicht mehr bei einem Getränk miteinander über das reden, was sie gerade gehört haben? Wo bleibt die Geselligkeit, die so wichtig ist? Wo bleibt der Austausch? Oder sind sie überfordert, weil es einfach zu viel an Informationen war? Max Uthoff sagte, wir würden müde sein, am Ende der Vorstellung. Bei mir ging das völlig nach hinten los. Erst um 3 Uhr kam ich einigermaßen zur Ruhe, zu sehr sprach er Themen an, die mir so wichtig sind.

Weil die Gastronomie so leer war, ergab sich die Möglichkeit, auf Max Uthoff zuzugehen. Ich zögerte, fand zunächst keinen Mut. Es ging mir nicht alleine darum, ihm ein positives Feedback zu geben. Das Thema Hartz IV findet natürlich in seinem Programm auch Berücksichtigung. Das Publikum wurde im Ansatz darüber informiert, wie das System der Sanktionen funktioniert. Was aber nicht stattfand, sind diese Unsäglichkeiten, die eben in diesem Harzt-IV-System passieren und nicht bekannt sind. Aber dazu komme ich noch.

Ich weiß nicht mehr, wie es passierte, aber ich fasste mir ein Herz und plötzlich stand ich vor ihm. Keine Ahnung, welchen Weg ich zurücklegte, irgendwie war ich da. Hingebeamt von einer unsichtbaren Kraft. Wahrscheinlich war es mein Gefühl von: Ich will, dass sich was ändert und muss es einfach tun!

„Ich möchte mich bei Ihnen bedanken“, begann ich. Denn vor einiger Zeit unterstützte Max Uthoff öffentlich die Initiative von Sanktionsfrei und ich schrieb dazu einen Bericht in meinem Blog und im Lokalkompass. Dieser Bericht bescherte mir sehr viele Leser und das ist sehr wichtig für meine Arbeit, nämlich das Engagement für die Abschaffung von Sanktionen und die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Meiner Facebookfreundin Daniela versprach ich, Max Uthoff mitzuteilen, wie wichtig seine Arbeit für uns ist. Dass er bloß motiviert bleiben soll und nicht, wie wir bei Volker Pispers vermuten, den Mut verliert. Kreative Arbeit braucht Zuspruch. Und die Arbeit von Max Uthoff ist so furchtbar wichtig für unsere Gesellschaft. Wir brauchen eine Neuauflage von Aufklärung. Wir müssen reden. Und dann sprudelte es aus mir heraus.

Vor wenigen Monaten befand ich mich selbst noch im ALG-II-Bezug. Eine schlimme Zeit. Das inflationäre erzählen, dass Hartz-IV schlimm ist, erreicht kaum noch die emotionale Ebene, die Empathie derer, die keine Erfahrung mit diesem System haben. Was wichtig ist, ist zu erzählen, was dieses Hartz-IV mit Menschen macht, wie es sich anfühlt. Als mir im März des Jahres auf eine anonyme Anzeige hin die Bedürftigkeit aberkannt wurde und die Zahlung des ALG-II eingestellt wurde, ist das Schlimmste passiert, was in diesem Zusammenhang passieren kann.Ich machte meinen Fall öffentlich.

Wenn Menschen anonym und aus purer eichmännischer Systemkonformität nach bester nationalsozialistischen Mentalität Menschen anzeigen, ohne einfach mal nachzufragen, ob es einen Grund gäbe, dann ist das Ende einer Solidargemeinschaft erreicht. Dass das System mit voller Härte die Existenzgrundlage eines Menschen entziehen kann, als Folge dieser eichmännischen Systemkonformität, ist der Beweis, dass das Spiel mit den Grundängsten der Menschen legal gespielt werden darf. Ich wollte, dass ein Mensch wie Max Uthoff davon erfährt. Und dabei geht es nicht alleine um meinen Fall, sondern um die grundsätzliche Möglichkeit, was in diesem Land mit den Menschen willkürlich gemacht wird. In Anbetracht dessen, dass man nach zwei ausbleibenden Mietzahlungen von Wohnungslosigkeit bedroht ist, ist die Einstellung der Bedürftigkeit mit sofortiger Wirkung eine Unmöglichkeit, die an Aufklärung bedarf. Nur zur Verdeutlichung: Ich musste beweisen, dass an den Anschuldigungen nichts dran ist. Was mir auch gelang.

Mit brüchiger Stimme erzählte ich Max Uthoff von meinem Fall. Meine Atemstütze, die ich als Sängerin eigentlich gut im Griff habe, versagte völlig. Das Trauma sitzt noch zu tief. Mein Urvertrauen ist noch immer erschüttert. Das Erlebnis von heute auf morgen alles verlieren zu können, nur wegen der Boshaftigkeit eines Menschen, kann ich nicht so schnell verarbeiten. Ich entschuldigte mich dafür, dass ich gerade etwas die Fassung verlor. „Ich merke das, aber es ist ok. Ich höre Ihnen zu“, antwortete er mir. Das war so lieb und tat mir gut. Ich versuchte deutlich zu machen, dass es wichtig ist, der Welt da draußen mitzuteilen, dass der Soziale Druck in unserer Gesellschaft wirklich in eine Richtung geht, die Parallelen zum Nationalsozialismus erkennen lassen. Das Entmenschlichen von Gruppen in einer Gesellschaft, das Tätig werden durch Anzeigen, nur weil man ein falsches Rechtsempfinden hat, das sind Zeichen für eine Gesellschaft, in der ich nicht leben kann und leben will.

Wir müssen diese Geschichten erzählen. Die eichmännischen Systemkonformer können wir nicht zu besseren Menschen machen. Aber wir können die anderen sensibilisieren, nicht so zu werden. Wir müssen aufklären, wohin dieser soziale Druck führt. Wir brauchen Aufklärer, die darüber auf Bühnen berichten. Die Presse interessiert sich nicht für so was. Und in Gelsenkirchen schon gar nicht.

Es tat sehr gut, dass Max Uthoff mir zuhörte, Fragen stellte, das Thema ernst nahm. Danke dafür!

An diesem Abend ereignete sich parallel dazu eine Zusammenkunft, die auch ihre Zeit gefunden hat. Es ist kein Geheimnis, dass ich sehr oft mit der lokalen LINKEN hadere. Aber das gehört bei leidenschaftlichen politischen Menschen dazu. Umso schöner fand ich, dass einige aus dieser Partei auch diese Veranstaltung besuchten und wirklich tiefere Diskussionen stattfanden. Wir unterhielten uns in der Kaue-Kneipe noch intensiv über Hartz-IV, Armut, etc. Mit der Zeit brachten sich auch die Mitarbeiter in die Diskussion mit ein. Ich erhielt die Information, dass DIE LINKE am 12. November in Gelsenkirchen ein Sozialforum stattfinden lassen. Auch Christoph Butterwegge wird erwartet. Er fällt mir gerade aktuell durch seine merkwürdige und fragwürdige Auseinandersetzung mit dem Bedingungslosen Grundeinkommen auf. Seine Argumente sind so oberflächlich und leicht zu wiederlegen, dass ich mich gefordert sehe, an diesem Forum teilnehmen zu müssen. Sobald ich selbst nähere Informationen über das Sozialforum habe, werde ich sie hier weitergeben.

Um es abschließend zu sagen: Dieser Abend war der Burner. Für mich ist so viel passiert, was mich in meiner Arbeit weitermachen lässt. Dieser Abend motivierte, gab mir wieder Input –menschlich und inhaltlich- Leute, wir müssen reden. Bleiben wir am Ball!

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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