Besinnliches von Hansjörg Federmann: "Die Hoffnung des Rotkehlchens"
Von unserem Esstisch aus schaue ich auf den Holzschuppen im Garten. Ein kleiner Vogel fliegt zielstrebig auf die Schuppenwand zu und verschwindet im Flug durch einen kleinen Spalt zwischen zwei Latten. Das macht mich neugierig.
Bald sehe ich ihn wieder herauskommen. Nach kurzer Zeit wiederholt sich sein akrobatischer Anflug. Es ist ein Rotkehlchen. Im Schuppen verschwindet es zwischen aufgestapelten Holzscheiten.
In einer Lücke zwischen zwei Scheiten entdecke ich das Nest, aus dem mich fünf Vogeljunge anschauen. Gut getarnt. Die gelben Schnabelränder wirken wie die Halme, aus denen das Nest gebaut ist. Ob das den kleinen Vögeln hilft?
Die anderen regelmäßigen Besucher unseres Holzschuppens sind nämlich die Katzen aus der Nachbarschaft. Ich schätze die Höhe des Nestes ab. Außer Katzenreichweite?
Jeden Tag sehe ich seitdem die Elternvögel immer wieder an- und abfliegen. Mit welchem Einsatz sie Futter heranschaffen! Alles, damit diese Vogeljungen stark und flügge werden. Meine Hoffnung, dass es glückt, begleitet die Rotkehlchen.
Haben die Vögel auch eine Hoffnung? Was treibt ihre unermüdliche Brutpflege an?
Ich höre, dass das Rotkehlchen zu den Singvögeln gehört. Eine Stunde vor Sonnenaufgang beginnt sein Lied. Sammelt es in dieser Zeit den Mut und die Hoffnung für seine große Aufgabe, allen hungrigen Katzen und den Mühen der Futtersuche zum Trotz?
Wie gut, diesen Vogel-Tag mit einem Lied zu beginnen! Daran denke ich, wenn ich morgens das Vogelkonzert höre – und mir fallen die Worte des indischen Christen Rabindranath Tagore ein, mit denen er den Glauben beschreibt: „Glaube ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist.“
Solchen Glauben in allen Aufgaben, die das Leben Ihnen stellt, wünscht Ihnen
Hansjörg Federmann, Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Welper-Blankenstein
Autor:Roland Römer aus Hattingen |
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