Am Ende bleibt der Lebensmittelgutschein

Hartz IV bedeutet flächendeckenden Niedriglohn, Kinderarmut, Altersarmut, Existenzbedrohung, Energiesperren, Zwangsumsiedlungen, Obdachlosigkeit und auch Zunahme psychischer Erkrankungen bei Erwerbslosen und Mitarbeitern in Jobcentern.

Hartz IV verschuldet Billiglohnkonkurrenz, Angst um den eigenen Arbeitsplatz, Erpressbarkeit von Erwerbstätigen.

Hartz IV ist eine Datenkrake und ein Überwachungssystem mit sozialem Anstrich, ein bürokratisches Ungeziefer mit nur sehr geringem Nutzwert. Von Energieeffizienz kann keine Rede sein.

Statt den Regelsatz der Kinder um einen festen Pauschalbetrag einmal jährlich zu erhöhen, was nur eine einmalige Eingabe im Zentralprogramm bedeutet hätte, mutierten die Zahlen für neue Antragsformulare wie Krebsgeschwüre.

Hartz IV soll weiter verschärft werden.

Unter der getünchten Bezeichnung „Rechtsvereinfachung im SGB II“ werden nun weitere Verschärfungen diskutiert.

Trotz der hohen Zahl verlorener Widersprüche und Klagen bei rechtswidrig vollstreckten Sanktionen, trotz erheblicher verfassungsrechtlicher Bedenken, und trotz des Widerspruchs von Kirchen, Gewerkschaften und Sozialverbänden will die BA mit der Bundesregierung an der Sanktionspraxis festhalten.
Das letzte Abstimmungsergebnis ist vom Server der Bundesregierung gelöscht worden. Wir haben das namentliche Abstimmungsergebnis zum Nachlesen erhalten.

"Vergehen an der Zukunft dieser Menschen"

Nach neuen Zahlen der Bundesregierung „wurden im Durchschnitt des vergangenen Jahres 8900 Anspruchsberechtigten Hartz IV komplett gestrichen. Mehr als die Hälfte, etwa 5000, waren unter 25 Jahren. Dies teilte das Bundesarbeitsministerium auf eine Anfrage der Grünen mit. Die Anzahl der amtlich Bestraften ist seit Jahren leicht rückläufig. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) lag sie 2008 noch bei gut 12 000, knapp 7800 waren unter 25.“

„Der sozialpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn, der die Anfrage gestellt hat, spricht von einem "Vergehen an der Zukunft dieser jungen Menschen". Er verlangt von der Bundesregierung, die harten Sanktionsregeln für die unter 25-Jährigen sofort abzuschaffen, um deren Grundrecht auf Existenzsicherung nicht auszuhöhlen.“
Das ergibt sich aus einem Bericht, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Unbereinigte Sanktionsstatistiken

Leider werden keine Zahlen darüber veröffentlicht, wie oft Sanktionen unter das Existenzminimum rechtswidrig erlassen werden. Im Bereich des Jobcenter Märkischer Kreis dokumentiere ich derzeit erste sechs Beispielklagen von Menschen, denen die Leistungen für drei Monate um 100% rechtswidrig gestrichen wurden. Ohne die Hilfe unabhängiger Sozialberatung, hätte diese Menschen keine Chance auf Rehabilitation und Rückerstattung gehabt.

Ohne einen kompetenten Anwalt, wären diese Sanktionen nur Statistik, jetzt sind sie nachgewiesene Vermögensschädigung durch ein Jobcenter.

Erst kürzlich wurde eine "Kundin" in Iserlohn sanktioniert, weil man ihr eine banale Bitte um Terminverschiebung wegen eines kurzfristigen Kundendiensttermins verweigerte: für die Sachbearbeiterin kein "wichtiger Grund". Als die Aufstockerin im Folgetermin mit einem Beistand erschien, verweigerte die Sachbearbeiterin hartnäckig das Gespräch. Demnach kann es ja wohl doch nicht sehr wichtig gewesen sein. Wirkliche Unterstützung hatte die Frau durch die Sachbearbeiterin ohnehin nie erhalten. Die Termine waren zumeist nutzlose Zeitverschwendung. Jede Arbeitsstelle hatte sie ohne Jobcenter gefunden.

Der Widerspruch läuft. Eigentlich war Ermessen einzuräumen. Aber die Vermögensschädigung wirkt sofort. Fast 120,00 € Kürzung in drei Monaten. Das nenne ich reine Bosheit.

Aus solchen Gründen lehne ich Sanktionen ab.

Es ist grotesk, wenn ein erzieherisch eingesetzter Klaps auf den Po in der Familie als Gewalt geächtet wird, aber die verfassungswidrige Existenzvernichtung durch eine Sozialbehörde krampfhaft legitimiert werden soll.

Autor:

Ulrich Wockelmann aus Iserlohn

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