Ereignisse in der Bohrmeisterei in Schawerte. Wo Bohren noch ein Erlebnis ist.

Iserlohn – Schawerte. Die musikalischen und menschlichen Erlebnisse einer Musikveranstaltung.

19:00 Uhr. Die Gäste betreten den Saal. Zwei Frauen haben einen göttlichen Gesichtsausdruck, als ob sie gerade die Engel singen gehört haben.

19:05 Uhr. Die ersten Flaschen klappern und zeigen wie ausgetrocknet die Leute sind.

19:25 Uhr. Der Saal füllt sich. Auch mit Flaschen.

19:40 Uhr. Der Musiker schaut um die Ecke und kalkuliert anhand der Menschenmassen seine Spielzeit. Hoffentlich haben auch alle bezahlt.

19:58 Uhr. Die Lautstärke nimmt zu. Geht es schon los. Nein, die Fußballergebnisse werden ausgetauscht.

20:01 Uhr. Der Musiker betritt die Bühne des Lebens und begrüßt seine zahlenden Gäste persönlich. Er holt sein Ding raus, bläst hinein und wunderschöne Melodien begeistern die Gäste. Mit einer Mundharmonika kann man doch tolle Musik machen.

20:35 Uhr. Jetzt geht der Sound richtig ab. Er fordert das Publikum auf, Clap your hands and stamp your feets. Also die Leute sollen mit den Händen klappern und mit den feets stempeln. Poh, der kann aber gut Ausländisch sprechen.

20:59 Uhr. Die erste Pause wird bekannt gegeben. Die Süchtigen verlassen den Saal zum Rauchen. Plötzlich bin ich fast allein im Raum. Die dicke Lokusfliege brummt neben mir im Bierglas. Draußen stehen die Leute mit zittrigen Händen. Hey, haben die immer noch den Sound im Blut. Negativ, es fehlen die Sargnägel.

21:04 Uhr. Ich beobachte, wie einer sich gleich drei Ziametten im Mund anzündet. Der hat es aber nötig.

21:10 Uhr. Ein Typ kommt an meinen Tisch und fragt nach Gras. Gras??? Ob ich Roten Libanesen will oder Grünen Afghanen. Ich verstehe kein Wort. Ich kenne nur Grünen Tee und so eine komische Grüne Partei.

21:15 Uhr. Der Musiker macht sich durch einen Rülpser am Mikrofon bemerkbar und die Leute nehmen wieder Platz.

21:25 Uhr. Der Song von seinem Vermieter ist richtig gut. Nebenan am Tisch, macht einer einen Handstand auf dem Tisch. Eine Frau stößt einen spitzen Schrei aus. Gehört das zum Programm oder ist das die Begeisterung?

21:34 Uhr. Jetzt holt der Musiker eine Pfadfinderholzwanderklampfe aus dem Koffer und fängt an, an diesen Saiten zu zerren und rütteln. Hey Mann, das ist richtig gut, das geht ab. Ein sattes Pling unterbricht den tollen Sound, denn eine Saite ist gerissen und steckt jetzt in seiner Nase. Unser Musiker ist aber ein ganz harter und spielt mit fünf Saiten und mit schmerzverzerrtem Gesicht weiter. Die Leute sind begeistert und der Saal tobt.

21:55 Uhr. Drei Tische weiter fingert ein Mann an seiner Hose rum und lallt, er müsste mal. Bloß nicht, denke ich so. Das stört den Sound.

22:10 Uhr. Direkt neben mir fallen Flaschen und Gläser zu Boden. Eine Frau liegt auf dem Tisch und labert immer was von, ich kann fliegen ja los jetzt. Ich erkenne sie. Das ist die, die in der Pause so eine besonders dicke Ziamette im Mund hatte und die Augen so komisch verdreht hat. Als sie dann wieder hereinkam, hatte sie so einen süßlichen Duft aufgelegt, irgendwie so orientalisch mystisch nebelig. Ich fand die Sorte gut.

22:16 Uhr. Unser Gesangskünstler will es uns jetzt aber geben. Er bläst dieses kleine Instrument wie ein Wahnsinniger und auf seiner Pfadfinderholzwanderklampfe holt er einen Sound raus, der bombastisch rüber kommt. Zwischenzeitlich gab es Entsetzensschreie, weil er ganz Rot im Gesicht wurde und zu schwanken anfing. Er hatte sich verschätzt und seine Luft, die er eigentlich zum Leben braucht, mit in dieses Instrument geblasen. Da hatte er aber mächtig Glück gehabt, das das Publikum das gemerkt hat und durch laute Schreie ihn darauf aufmerksam gemacht hat. Da kann man sehen, was für ein tolles Publikum in Schawerte vorhanden ist.

22:30 Uhr. Die Veranstaltung wird beendet. War das wieder ein interessanter Abend mit ungewöhnlichen Erlebnissen. Als ich draußen war, habe ich den Typen gesehen, der bei mir am Tisch war. Der muss aber berühmt gewesen sein und ich habe ihn nicht erkannt. Denn der hatte vier Leibwächter in blauen Uniformen dabei und von der Pozilei wurde er nach Hause gefahren. Aber trotzdem freue ich mich auf das nächste Konzert.

Autor:

Rolf-Jochen Reimann aus Iserlohn

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